Sachverhalt:
Der Wahlausschuss
der Stadt Brakel hat sich in der Sitzung am 07.10.2019 bereits mit der
Wahlbezirkseinteilung für die Kommunalwahlen am 13.09.2020 befasst und eine zum
damaligen Zeitpunkt rechtskonforme Einteilung beschlossen.
Durch eine Entscheidung
des Verfassungsgerichtshofes NRW ist diesbezüglich eine geänderte
Rechtsauffassung eingetreten.
Der
Verfassungsgerichtshof NRW hat mit Urteil vom 20.12.2019 entschieden, dass die
Neuregelungen zur Größe der Wahlbezirke für die Wahlen zu den Räten und
Kreistagen mit der Landesverfassung vereinbar sind. Die Vorgaben zur
Abweichungstoleranz bei der Wahlbezirksgröße müssen aber einschränkend
ausgelegt werden.
Zusammengefasst zur
Neuregelung der Wahlbezirkseinteilung sagt das Urteil aus, dass die Neuregelung,
wonach nur Deutsche sowie EU-Ausländer/innen bei der Berechnung der
Einwohnerzahl der einzelnen Wahlbezirke berücksichtigt werden, mit der
Landesverfassung vereinbar sei. Sie führe zu einer verbesserten Realisierung
der Wahlrechts- und Chancengleichheit, die grundsätzlich eine Einteilung des
Wahlgebietes in gleich große Wahlkreise ausgehend von der Zahl der
Wahlberechtigten gebiete.
Die mit dieser
Neuregelung im Zusammenhang stehende Bestimmung zur zulässigen
Abweichungstoleranz bei der Einteilung der Wahlbezirke von bis zu 25% bedürfe
der einschränkenden, sogenannten verfassungskonformen Auslegung:
Eine Abweichung von
mehr als 15% erfordere eine besondere Rechtfertigung. Eine Differenz von bis zu
15% sei vom Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers gedeckt, weil gewisse
Abweichungen aufgrund des stetigen Bevölkerungswandels unvermeidbar seien. Die
(volle) Ausschöpfung der Abweichungstoleranz von 25% bringe aber einen nicht
unerheblichen Eingriff in die Wahlrechts- und die Chancengleichheit mit sich
und müsse deshalb im Einzelfall durch die jeweilige Kommune
verfassungsrechtlich gerechtfertigt werden. Als legitimer Grund komme das
gesetzlich verankerte Ziel der Wahrung räumlicher Zusammenhänge in Betracht.
Hinter diesem Aspekt müssten indes verfassungsrechtliche Ziele stehen, die ein
der Wahlrechts- und Chancengleichheit vergleichbares Gewicht besäßen.
Eine pauschalierende
Anwendung der 25%-Klausel zum Zwecke der Verwaltungsvereinfachung werde diesem
Erfordernis nicht gerecht.
Die Verwaltungsvereinfachung
sei – ebenso wie der Gesichtspunkt einer leichteren Zuordnung des jeweiligen
Wahlbezirks zu einem Wohngebiet – kein durch die Verfassung legitimierter
Grund, der sich mit der Wahlrechtsgleichheit die Waage halten könne.
Vor dem Hintergrund
dieser Ausführungen besteht Handlungsbedarf bezüglich der aktuellen
Wahlbezirkseinteilung, insbesondere in der Kernstadt Brakel.
Wahlbezirkseinteilung (Allgemein)
Nach der bestehenden Wahlbezirkseinteilung (Anlage 1) überschreiten 7 von den insgesamt 16 Wahlbezirken die fiktive Abweichungsgrenze von 15 %.
Es ist zu berücksichtigen, dass die demographische Entwicklung auch vor der Stadt Brakel nicht Halt macht. Derzeit ist die vorhandene Aufteilung der Stadtbezirke noch rechtskonform und bedarf daher nicht zwingend einer Veränderung. Jedliche Art der Veränderung wird aller Voraussicht nach „nur“ für die aktuelle Kommunalwahl zum Tragen kommen. Bis zur übernächsten Kommunalwahl im Jahr 2025 ist dann sehr wahrscheinlich eine erneute Veränderung erforderlich.
Es wird aus den v. g. Gründen vorgeschlagen eine möglichst geringe Veränderung gegenüber der bisherigen Wahlbezirkseinteilung vorzunehmen.
Jede Abweichung von mehr als 15 % ist transparent zu dokumentieren und zu begründen.
Wahlbezirksvarianten:
Auf der Grundlage der vorgenannten Aspekte hat die Verwaltung den beigefügten Vorschlag zur Wahlbezirkseinteilung (Anlage 2) erarbeitet.
Wesentliche Veränderungen in den
Kernstadtwahlbezirken:
Durch die zwingende Anpassung der Wahlbezirke „1 Brakel“, „2 Brakel“ und „6 Brakel“ in der Kernstadt ergeben sich folgende Änderungen (Anlage 3).
Wesentliche Veränderungen bzw. Erläuterungen in den
Wahlbezirken der Stadtbezirke:
Die Wahlbezirke „10 Bökendorf“, 12 „Erkeln/Beller“, „14 Gehrden“ und „16 Riesel/Rheder“ weichen um mehr als 15% von der durchschnittlichen Einwohnerzahl ab.
„10 Bökendorf“
Der Stadtbezirk Bökendorf ist für sich allein betrachtet nicht groß genug, um einen eigenen Kommunalwahlbezirk bilden zu können. Aus diesem Grund wurden bereits zur Kommunalwahl 2014 die Außenbereiche „Helle“ und „Modexen“ diesem Wahlbezirk zugeordnet.
Trotzdem besteht eine Abweichung von mehr als 15 % von der durchschnittlichen Einwohnerzahl.
Ein Zusammenschluss mit der benachbarten Ortschaft Bellersen ist nicht möglich, da hierdurch eine Überschreitung der gesetzlichen Abweichungsgrenze von 25% eintreten würde.
Weitere Ortsteile sind nördlich von Brakel nicht vorhanden.
Eine Aufteilung der Ortschaft Bökendorf hätte zur Folge, dass ein Teil dem benachbarten Bellersen zugeordnet werden könnte, der andere Teil aber sehr isoliert dasteht.
Der ansonsten nächstgelegene Stadtbezirk Hembsen (Entfernung 7 km) ist einerseits sehr weit entfernt. Ferner besteht die Problematik, dass die Stadtbezirke Bellersen, Bökendorf und Hembsen zusammengenommen für zwei Wahlbezirke zu groß und für (wie bisher schon) drei Wahlbezirke zu klein sind.
Die Kernstadt Brakel als einzige sonstige Alternative ist mit 8 km Entfernung nicht praktikabel, da hierdurch kein sinnvoller Kontakt und erst recht keine Kommunikation zwischen dem Wähler und den Mandatsbewerbern zu Stande kommt.
Im Hinblick darauf, dass Brakel als große Flächengemeinde zu bezeichnen ist, sollte auf die gewachsenen Ortstrukturen Rücksicht genommen werden, um die Wahlbereitschaft zu erhöhen.
Seitens der Verwaltung wird daher die Abweichung von mehr als 15 % bezogen auf die Wahlberechtigten zur Wahrung räumlicher Zusammenhänge als gerechtfertigt angesehen.
„12 Erkeln/Beller“
Die Stadtbezirke Erkeln und Beller bilden derzeit den Wahlbezirk 12 und weichen zusammenbetrachtet um mehr als 15% von der durchschnittlichen Einwohnerzahl ab.
Ein Zusammenschluss mit der benachbarten Ortschaft Hembsen ist nicht möglich, da hierdurch eine Überschreitung der gesetzlichen Abweichungsgrenze von 25% eintreten würde.
Weitere Ortsteile sind östlich von Brakel nicht vorhanden.
Eine Aufteilung des Wahlbezirkes hätte zur Folge, dass Beller dem benachbarten Hembsen zugeordnet werden könnte, Erkeln aber isoliert dasteht.
Der für Erkeln nächstgelegene Stadtbezirk Rheder (Entfernung 5 km) ist sehr weit entfernt. Ferner besteht die Problematik, dass die Stadtbezirke Erkeln und Rheder zusammengenommen sich unmittelbar an der fiktiven Abweichungsgrenze von 15% wiederfinden würden.
Ferner ist festzuhalten, dass die Ortschaften Beller und Erkeln seit den Kommunalwahlen im Jahre 1999 einen gemeinsamen Wahlbezirk bilden. Nicht nur aufgrund dieser Konstellation besteht eine über Jahrzehnte gewachsene Verbindung zwischen diesen beiden Stadtbezirken.
Auch in diesem Fall sollte auf die gewachsenen Ortstrukturen Rücksicht genommen werden, um die Wahlbereitschaft zu erhöhen.
Seitens der Verwaltung wird daher die Abweichung von mehr als 15 % bezogen auf die Wahlberechtigten zur Wahrung räumlicher Zusammenhänge als gerechtfertigt angesehen.
„14 Gehrden“
Der Wahlbezirk Gehrden überschreitet die fiktive Abweichungsgrenze von 15% minimal (0,50%).
Betrachtet man in diesem Zusammenhang die Zahl der Wahlberechtigten, stellt man fest, dass die Abweichung im Wahlbezirk Gehrden im Verhältnis der durchschnittlichen Zahl der Wahlberechtigten mit 12,50 % unter 15 % liegt. Diese Abweichung ist aus Sicht der Verfassungsgerichtshofes NRW unproblematisch.
Seitens der Verwaltung wird daher die Abweichung von mehr als 15 % bezogen auf die Wahlberechtigten zur Wahrung räumlicher Zusammenhänge als gerechtfertigt angesehen.
„16 Riesel/Rheder“
Der Wahlbezirk „Riesel/Rheder“ überschreitet die fiktive Abweichungsgrenze von 15% minimal (1,12 %).
Ein Zusammenschluss mit den benachbarten Ortschaften Erkeln (Entfernung 5 km) oder Siddessen ist nicht möglich, da hierdurch eine Überschreitung der gesetzlichen Abweichungsgrenze von 25% eintreten würde.
Ferner wären die bisher zu Siddessen gehörenden Stadtbezirke „Hegge“ isoliert. Ein Anschluss an die seinerseits benachbarten Ortsteile Erkeln und Gehrden sind nicht möglich bzw. sinnvoll. Nach Erkeln besteht eine Entfernung von 11 km. Die Hegge und Gehrden überschreiten die gesetzliche Abweichungsgrenze von 25%.
Eine Splittung des Wahlbezirkes Riesel/Rheder ist ebenfalls nicht möglich.
Ein Zusammenschluss von Rheder mit der benachbarten Ortschaft Siddessen ist nicht möglich, da hierdurch eine Unterschreitung der gesetzlichen Abweichungsgrenze von 25% eintreten würde.
Ein Zusammenschluss von Riesel mit der benachbarten Ortschaft Istrup ist nicht möglich, da hierdurch eine Überschreitung der gesetzlichen Abweichungsgrenze von 25% eintreten würde.
Ferner ist festzuhalten, dass die Ortschaften Riesel und Rheder seit den Kommunalwahlen im Jahre 1999 einen gemeinsamen Wahlbezirk bilden. Nicht nur aufgrund dieser Konstellation besteht eine über Jahrzehnte gewachsene Verbindung zwischen diesen beiden Stadtbezirken.
Auch in diesem Fall sollte auf die gewachsenen Ortstrukturen Rücksicht genommen werden, um die Wahlbereitschaft zu erhöhen.
Seitens der Verwaltung wird daher die Abweichung von mehr als 15 % bezogen auf die Wahlberechtigten zur Wahrung räumlicher Zusammenhänge als gerechtfertigt angesehen.
Anlagen:
- Übersicht
Stand Kommunalwahl 2020 gem. Beschluss vom 07.10.2019
- Übersicht Vorschlag der Verwaltung
- Aufstellung der Veränderungen zum Beschluss vom 07.10.2019
Beschlussvorschlag:
Der Wahlausschuss fasst folgenden
Beschluss:
„Für die im Jahr 2020 stattfindende Wahl zum Rat der Stadt Brakel wird das Wahlgebiet der Stadt Brakel gem. § 4 Abs. 1 Kommunalwahlgesetz nach Vorschlag der Verwaltung in 16 Wahlbezirke eingeteilt. Auf die Kernstadt entfallen ___ Wahlbezirke und auf die Außenbezirke ___.
Die Abgrenzung der Wahlbezirke ergibt sich aus der Wahlbezirkseinteilung, die Bestandteil der Niederschrift wird.
Bezüglich der Abweichungen in den Wahlbezirken „10 Bökendorf“, „12 Erkeln/Beller“, „14 Gehrden“ und „16 Riesel/Rheder“ von mehr als 15% von der durchschnittlichen Einwohnerzahl wird auf die ausführlichen Ausführungen im Sachverhalt verwiesen.