Betreff
Landesentwicklungsplan Nordrhein-Westfalen (LEP NRW) im Entwurf, Beschluss zur Stellungnahme der Stadt Brakel
Vorlage
619/2009-2014
Art
Beschlussvorlage
Untergeordnete Vorlage(n)

Sachverhalt:

 

Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen hat am 25.06.2013 den Entwurf eines Landesentwicklungsplans Nordrhein-Westfalen (LEP NRW) gebilligt.

 

Zur Steuerung der Regional-, Bauleit- und Fachplanung enthält der Entwurf des neuen LEP NRW übergreifende Ziele zur räumlichen Struktur des Landes, zum Klimaschutz, zu einer besseren regionalen Zusammenarbeit und „erhaltenden Kulturlandschaftsentwicklung“ sowie Festlegungen zu den Sachbereichen

 

  • Siedlungsraum,

 

  • Freiraum,

 

  • Verkehr- und technische Infrastruktur,

 

  • Rohstoffversorgung und

 

  • Energieversorgung.

 

Alle Inhalte sind über die Internetseite der Landesregierung www.nrw.de/landesregierung/landesplanung/erarbeitung-des-neuen-lep-nrw.html bzw. kurz über die Google-Suche zu „lep nrw“ abrufbar.

 

Die Öffentlichkeit und die in ihren Belangen berührten öffentlichen Stellen werden im Aufstellungsverfahren beteiligt. Vom 30.08.2013 bis zum 28.02.2014 können Bürgerinnen und Bürger (bei der Landesplanungsbehörde: Staatskanzlei in Düsseldorf und den Regionalplanungsbehörden: Bezirksregierungen) sowie öffentliche Stellen zum Planentwurf Stellung nehmen. Begleitend dazu hat die Staatskanzlei in den einzelnen Planungsregionen des Landes Informationsveranstaltungen durchgeführt, um über die wesentlichen Inhalte und die weiteren Verfahrensschritte und Beteiligungsmöglichkeiten zu informieren.

 

Die Planunterlagen bestehen aus dem Entwurf des Landesentwicklungsplans, seiner Begründung und dem für die Umweltprüfung erarbeiteten Umweltbericht.

 

Die Stadt Brakel wird auf dieser groben Ebene zeichnerisch als Mittelzentrum lediglich mit ihrem (innerstädtischen) Siedlungsraum, Freiraum (beides nachrichtliche Darstellungen), ihren Gebieten für den Schutz der Natur, Überschwemmungsbereichen und Gebieten für den Schutz des Wassers dargestellt.

 

Inhalte und Wirkungen des neuen Landesentwicklungsplans (aus dem Entwurf)

 

Der Entwurf des neuen LEP NRW berücksichtigt die veränderten Rahmenbedingungen der Raumentwicklung - insbesondere den demographischen Wandel, die fortschreitende Globalisierung der Wirtschaft und den erwarteten Klimawandel - sowie die von der Ministerkonferenz für Raumordnung aufgestellten Leitbilder für die Raumentwicklung in Deutschland. Außerdem muss der neue LEP NRW geänderten Rechtsgrundlagen und Anforderungen der neueren Rechtsprechung gerecht werden.

 

Der neue Landesentwicklungsplan dient der Flächenvorsorge für zukünftige Herausforderungen. Dies betrifft so unterschiedliche Themen wie vorbeugenden Hochwasserschutz, Siedlungsentwicklung, Klimaschutz, erneuerbare Energien, Gewerbe- und Industriestandorte, Landwirtschaft und Naturschutz mit ihren unterschiedlichen Anforderungen. Er wird auch die vorgezogenen Regelungen zum großflächigen Einzelhandel integrieren (Inkrafttreten des LEP - Sachlicher Teilplan Großflächiger Einzelhandel - am 13.07.2013).

 

Die Landesregierung erfüllt damit den Koalitionsvertrag, nach dem alle bisherigen landesplanerischen Regelungen in einem neuen Landesentwicklungsplan zusammengeführt werden sollen.

 

Bis zum Inkrafttreten des neuen LEP NRW gelten die Ziele des Landesentwicklungsplans aus dem Jahr 1995 weiter. Die im Planentwurf formulierten Ziele sind aber bereits jetzt von öffentlichen Stellen gemäß Raumordnungsgesetz als „Erfordernisse der Raumordnung“ bei anderen Planungen und Entscheidungen mit zu berücksichtigen. Dies gilt insbesondere für die Sachbereiche, in denen der geltende LEP bislang keine Regelungen getroffen hat.

 

Der LEP NRW legt die mittel- und langfristigen strategischen Ziele zur räumlichen Entwicklung des Landes Nordrhein-Westfalen fest. Seine übergreifenden Festlegungen, seine Festlegungen für bestimmte Sachbereiche sowie die zeichnerischen Festlegungen sind in der nachgeordneten Regional-, Bauleit- und Fachplanung zu beachten bzw. zu berücksichtigen. Umgekehrt werden die bestehenden nachgeordneten Pläne in die Erarbeitung der Raumordnungspläne der Landes- und Regionalplanung einbezogen. Dieses gesetzlich verankerte „Gegenstromprinzip“ ist Verpflichtung und Ansporn für eine vertrauensvolle und fruchtbare Kooperation zwischen den unterschiedlichen Planungsebenen.

 

Im Maßstab des LEP sind nur bedingt räumlich konkret abgegrenzte Festlegungen zu Nutzungen und Schutzfunktionen möglich. Solche Konkretisierungen werden weitgehend der Regionalplanung und anderen nachgeordneten Planungen überlassen. Sie müssen dort unter Beachtung bzw. Berücksichtigung der im LEP textlich festgelegten Ziele und Grundsätze erfolgen. Das gestufte Raumplanungssystem ist darauf ausgerichtet, mit rahmensetzenden Festlegungen der Landes- und Regionalplanung in den nachfolgenden Planungsverfahren zeitraubende Auseinandersetzungen über Raumnutzungen zu vermeiden.

 

Landesplanerische Festlegungen schaffen im Rahmen ihrer Möglichkeiten frühzeitig Planungs- und Investitionssicherheit für Bevölkerung und Wirtschaft und sie treffen auch Vorsorge vor Schäden, z. B. durch die Festlegung von Überschwemmungsbereichen, in denen nicht weiter gebaut werden darf.

 

Neben den raumbezogenen Festlegungen sind insbesondere auf unteren Planungsebenen und in Zulassungs- und Genehmigungsverfahren weitere fachliche und gesellschaftliche Ziele zu verwirklichen (Überprüfung unterschiedlicher Auswirkungen auf die Geschlechter, gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit Behinderungen).

 

Rechtswirkungen nach § 4 Raumordnungsgesetz (ROG) haben die textlich festgelegten Ziele und Grundsätze des LEP sowie die zeichnerischen Festlegungen in der Anlage. Ergänzend sind im Text des LEP allen Zielen und Grundsätzen Erläuterungen zugeordnet.

 

Bisher waren die Ziele und Grundsätze der Landesplanung in Nordrhein-Westfalen in zwei verschiedenen Planwerken, dem Landesentwicklungsprogramm (LEPro) und dem Landesentwicklungsplan Nordrhein-Westfalen von 1995 geregelt. Mit der Zusammenführung von LEPro und LEP '95 im neuen, hier vorliegenden Landesentwicklungsplan, wird das nordrhein-westfälische Regelwerk der Raumordnung gestrafft und in einem Planwerk konzentriert. Damit trägt der neue LEP zur Vereinfachung der Rechtsvorschriften bei.

 

Einschätzung und Kritikpunkte

 

Die Verwaltung sieht das Gesetzeswerk als unausgewogene und falsch gewichtete Fortschreibung bzw. Anpassung (Neuausrichtung) der raumordnungsrechtlichen Leitlinien für das Land NRW insb. mit ihren Ausführungen zur Sicherung und Entwicklung beispielsweise von Siedlungsflächen.

 

Der kreisangehörige Raum hat seit dem LEP von 1995 enorm an Bedeutung für die industrielle Produktion in NRW gegenüber den Großstädten gewonnen. Dementsprechend sind auch die Schwerpunkte des jetzigen LEP-Entwurfs dieser wirtschaftsstrukturellen Ausprägung anzupassen und nicht etwa der ländliche Raum als Umland zu betrachten, in dem vor allem ehrgeizige Flächensparziele verwirklicht werden können.

 

Die sehr starke Gewichtung im vorliegenden Entwurf der Bereiche Klimaschutz sowie Umwelt- und Naturschutz und damit der Prämisse des Flächensparens und des Vorrangs der Innen- vor Außenentwicklung ist grundsätzlich nachvollziehbar, denn Freiraum ist eine endliche Ressource.

 

Jedoch können Flächenausweisungen nicht nur an Brachflächen orientiert werden, die sich aus Gründen wie Vorbelastungen oder Nachbarschaftskonflikten oftmals nicht nachnutzen lassen. Neuausweisungen müssen daher wie bislang möglich bleiben, zumal grundsätzlich davon ausgegangen werden sollte, dass keine Kommune eine unmaßstäbliche Vorsorgeplanung zu Lasten des Freiraums betreibt.

 

Insofern führt das Ziel des Flächensparens als Maßgabe für ein Planwerk, das der gesamten Entwicklung eines Landes Rechnung tragen soll, unter Umständen dazu, dass nicht mehr bedarfsgerecht geplant werden kann. Andererseits jedoch wird Flächenverbrauch im geltenden System des kommunalen Finanzausgleichs zumindest in Kauf genommen, da das hieraus resultierende Bestreben der Kommunen nach möglichst vielen Gewerbetreibenden und Einwohnern ein entsprechendes Flächenangebot nach sich zieht.

 

Hierzu ist abschließend vor einem aus dem allgemein gehaltenen Bekenntnis dieses Entwurfs noch zu entwickelnden vereinheitlichten, mathematisierten und damit zu schematischen Ausweisungsschlüssel über hochgerechnete Prognosen und Flächenkennziffern zu warnen, der letztendlich am Bedarf - bislang stets in enger Absprache mit der Bezirksregierung über das als gut empfundene Hilfsmittel der sog. Realnutzungskartierung hinreichend genau abgeschätzt - vorbeizielt.

 

Des Weiteren bezieht der LEP-Entwurf den sog. Klimaschutzplan nach Maßgabe des nordrhein-westfälischen Klimaschutzgesetz ein, ohne dass dieser besteht. Dies scheint rechtlich fragwürdig, da der LEP sich auf Ziele oder Grundsätze bezöge, die außerhalb dieses Werkes geregelt wären. Dies verstieße gegen Grundsätze der Raumordnung, da sich der Regelungsgehalt aus dem Planwerk selbst unmittelbar und hinreichend bestimmt ergeben muss. Außerdem dürfte das Abwägungsgebot zu Gunsten noch nicht konkret bestimmter Belange nicht einseitig außer Kraft gesetzt werden.

 

Eine Bestimmung von Kraftwerk-Mindestwirkungsgraden, die herkömmliche Techniken indirekt ausschlössen (Verhinderungsplanung), ist darüber hinaus zweifelhaft.

 

Ebenso wird das Thema „Windkraft im Wald“ (Pkt. 7.3 Wald und Forstwirtschaft/ Ziele und Grundsätze, 7.3-3 Ziel Waldinanspruchnahme) kritisch, weil widersprüchlich und nicht umsetzbar, gesehen. Es ist praktisch nicht möglich, Wald für entgegenstehende Planungen und Maßnahmen in Anspruch zu nehmen und die Waldumwandlung auf das unbedingt erforderliche Maß zu beschränken. Insofern ist die Errichtung von Windenergieanlagen auf forstwirtschaftlichen Waldflächen nicht möglich, ohne wesentliche Funktionen des Waldes erheblich zu beeinträchtigen (z.B. „Erholung“).

 

Darüber hinaus spielt die von der Stadt Warburg absprachegemäß übermittelte Stellungnahme zum Pkt. 6.4-1 Ziel Standorte für landesbedeutsame flächenintensive Großvorhaben (Seite 45) eine bedeutende Rolle, da sie auch die Stadt Brakel betrifft; diese lautet:

 

Im derzeit gültigen LEP '95 ist der Standort Warburg als Gebiet für flächenintensive Großvorhaben noch enthalten (vgl. LEP '95, Karte Teil B für Reg.-Bez. Detmold A 5.3 Warburg). Auch bei der Fortschreibung des Regionalplans für den Regierungsbezirk Detmold Teilabschnitt Paderborn-Höxter aus dem Jahr 2008 gab es keinen Anlass, den Standort Warburg aus den Darstellungen des Regionalplans herauszunehmen, sodass der Standort im Regionalplan nach wie vor als Bereich für flächenintensive Großvorhaben dargestellt ist. Aus den Erläuterungen zum LEP geht auch nicht hervor, warum der Standort Warburg bei der Darstellung herausgefallen ist. Der Verweis auf eine ILS-Studie aus dem Jahre 2001 ist an dieser Stelle nicht hilfreich. Aus planerischer und wirtschaftlicher Sicht erfordert eine ausgewogene landesweite Betrachtung, dass die Standorte für landesbedeutsame flächenintensive Großvorhaben nicht nur in der Rhein-Ruhr-Region liegen, sondern dass Standorte auch im östlichen Landesteil NRWs zur Verfügung gestellt werden.

 

Die wirtschaftliche Attraktivität der Stadt Warburg und des Kreises Höxter hängt wesentlich auch von einem geeigneten Flächenangebot für flächenintensive industrielle und gewerbliche Großvorhaben ab, die für die wirtschaftliche Entwicklung dieses Raumes von besonderer Bedeutung sind. Durch die Herausnahme des Standorts Warburg aus der Liste für landesweit bedeutende flächenintensive Großvorhaben wird die wirtschaftliche Attraktivität einer ganzen Region erheblich geschwächt.

 

Auch Aufgrund der sehr guten Verkehrsanbindung von Warburg durch die unmittelbare Anbindung des Gebietes an die Autobahn A 44 und der Nähe zu dem landesbedeutsamen Flughafen Paderborn-Lippstadt und dem Flughafen Kassel-Calden ist die Herausnahme des Standorts Warburg aus Sicht der Stadt Warburg und der gesamten Region nicht nachvollziehbar.

 

Der Standort Warburg ist deshalb aus planerischer und wirtschaftlicher Sicht zwingend wieder in die Liste der Standorte für landesbedeutsame flächenintensive Großvorhaben aufzunehmen. Nur hierdurch kann eine wesentliche Schwächung des Raumes Ostwestfalen-Lippe verhindert werden.

 

Weiterhin ist aus der Stellungnahme der Flughafen Paderborn/ Lippstadt GmbH zum Kap. 8 des Entwurfs, Thema „Verkehr und technische Infrastruktur“, zu ersehen, dass die beabsichtigte Einstufung des Flughafens Paderborn/ Lippstadt als ein lediglich regionalbedeutsamer Flughafen (im Vergleich zu den landesbedeutsamen Flughäfen Düsseldorf, Köln/ Bonn, Münster/ Osnabrück) weder methodisch (Abgrenzungskriterien), rechtlich (wettbewerbsverzerrend) noch sachlich begründet ist. Im System der relativ gleichmäßig verteilten nordrhein-westfälischen Verkehrsflughäfen nimmt besagter Flughafen - im Widerspruch zu den gleichrangigen Betriebsgenehmigungen - eine ebenso wichtige Stellung wie die erwähnten Flughäfen ein. Somit ist die vorgenommene Einstufung nicht nur aus Sicht des Betreibers, sondern auch aus Sicht einer dadurch indirekt benachteiligten Kommune wie Brakel u.a. im Kreisgebiet unakzeptabel, da hiermit eine Abwertung der infrastrukturellen Anbindung einher gehen könnte. Die Einstufung/ Unterscheidung zwischen landes- und regionalbedeutsamen Verkehrsflughäfen innerhalb des Landes NRW ist somit zurückzunehmen. Alternativ soll dieser Flughafen als landesbedeutsam eingestuft werden, um seine zukünftige Entwicklung gleichermaßen zu gewährleisten und nicht von vorneherein planerisch einzuschränken.

 

 

Unter Berücksichtigung dieser Punkte - in Anlehnung an die umfassende und dezidierte Stellungnahme des Kreises Höxter, die am 05.12.2013 als verwaltungsinternes Papier (siehe Anlage) mit den Planungsabteilungen der kreisangehörigen Städte beim Kreis Höxter als Untere Landesplanungsbehörde besprochen worden ist, ohne dass es grundsätzlich abweichende Auffassungen gegeben hat, und die in die gleiche Richtung wie der ausführliche Vermerk des Städte- und Gemeindebundes NRW zielt - sollte ein grundsätzlich kritischer und daher ablehnender Beschluss gefasst werden. Das Papier des Kreises wird in dieser Form - ebenso ablehnend - abschließend am 20.02.2014 im Kreistag beraten werden.


Beschlussvorschlag:

 

Der Bauausschuss der Stadt Brakel lehnt den Entwurf eines Landesentwicklungsplans Nordrhein-Westfalen (LEP NRW) vom 25.06.2013 gemäß o.a. Kritikpunkte ab und schließt sich der umfassenden und dezidierten Stellungnahme des Kreises Höxter als verwaltungsinternes Papier gemäß Anlage an.