Betreff
Landesentwicklungsplan Nordrhein-Westfalen (LEP NRW 2013) - überarbeiteter Entwurf und erneute Beteiligung der öffentlichen Stellen, Beschluss zur Stellungnahme der Stadt Brakel
Vorlage
619/2009-2014/1
Art
Beschlussvorlage
Referenzvorlage

Sachverhalt:

 

Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen hat am 25.06.2013 den Entwurf eines Landesentwicklungsplans Nordrhein-Westfalen (LEP NRW 2013) gebilligt.

 

In den politischen Gremien der Stadt Brakel ist daraufhin im Februar 2014 der Entwurf in öffentlicher Sitzung diskutiert worden. Bauausschuss sowie Rat haben diesen abschließend gemäß angeführter Kritikpunkte (vgl. Anlage 1 - Auszug aus der Synopse zu den Stellungnahmen der institutionellen Beteiligten) mehrheitlich abgelehnt und sich der umfassenden Stellungnahme des Kreises Höxter (verwaltungsinternes Papier) angeschlossen.

 

Weiter hatte der Rat der Stadt Brakel auf Antrag einstimmig beschlossen, den Hinweis zu geben, Fracking in NRW nicht zuzulassen.

 

Um das Ergebnis zum letzten Teilpunkt vorwegzunehmen: Aufgrund vieler Hinweise in der Sache ist unter „Punkt 10. Energieversorgung“ das „Ziel 10.3-4 Ausschluss von Fracking in unkonventionellen Lagerstätten“ in den geänderten Planentwurf aufgenommen worden, wonach die Gewinnung von Erdgas, welches sich in sogenannten unkonventionellen Lagerstätten befindet, ausgeschlossen ist, weil durch den Einsatz der Fracking-Technologie erhebliche Beeinträchtigungen des Menschen und seiner Umwelt zu befürchten sind und die Reichweite hiermit verbundener Risiken derzeit nicht abschätzbar ist.

 

Nunmehr liegt, nach Kabinettsbeschlüssen der Landesregierung vom 28.04., 23.06. und 22.09.2015, den Entwurf des neuen Landesentwicklungsplans in wesentlichen Teilen zu ändern und ein zweites Beteiligungsverfahren zu den geänderten Teilen des Entwurfs durchzuführen, der geänderte (überarbeitete) Entwurf des neuen LEP NRW mit Stand vom 22.09.2015 vor.

 

Noch einmal sei kurz dargestellt, dass zur Steuerung der Regional-, Bauleit- und Fachplanung der Entwurf des neuen LEP NRW übergreifende Ziele zur räumlichen Struktur des Landes, zum Klimaschutz, zu einer besseren regionalen Zusammenarbeit und „erhaltenden Kulturlandschaftsentwicklung“ sowie Festlegungen zu den Sachbereichen

 

  • Siedlungsraum,

 

  • Freiraum,

 

  • Verkehr- und technische Infrastruktur,

 

  • Rohstoffversorgung und

 

  • Energieversorgung

 

enthält.

 

Die Stadt Brakel wird auf dieser groben Ebene zeichnerisch als Mittelzentrum lediglich mit ihrem (innerstädtischen) Siedlungsraum, Freiraum (beides nachrichtliche Darstellungen), ihren Gebieten für den Schutz der Natur, Überschwemmungsbereichen und Gebieten für den Schutz des Wassers dargestellt.

 

Zum LEP NRW gehören ebenfalls seine Begründung und der Umweltbericht.

 

Alle Inhalte sind über die Internetseite der Landesregierung https://land.nrw/de/thema/landesplanung bzw. kurz über die Google-Suche zu „lep nrw“ abrufbar. Eine Lesefassung mit den eingearbeiteten Änderungen existiert nicht.

 

Die zweite Beteiligung der öffentlichen Stellen ist bis zum 15. Januar 2016 (siehe beiliegendes Anschreiben der Staatskanzlei als Landesplanungsbehörde) abzuschließen.

 

Da diese Beteiligung beim jetzigen Verfahrensstand nur zu den geänderten Punkten erfolgt, die - wie im vorliegenden Fall - dezidiert die Kritikpunkte der Einwender aufgenommen und landesplanerisch beantwortet haben, ist eine darüber hinaus gehende Äußerung seitens der Stadt Brakel obsolet und würde nicht mehr behandelt werden.

 

Den Umgang mit der seinerzeit geäußerten Kritik zeigt die Anlage 1 mit dem entsprechenden Auszug aus Synopse 1 - Stellungnahmen der institutionellen Beteiligten zum Entwurf des Landesentwicklungsplans. Dieser Auszug sollte Basis eines bestätigenden Beschlusses sein, um die Bemühungen der Landesregierung um einen verbesserten Planentwurf zu würdigen.

 

Dem wichtigsten Punkt (gleich zu Beginn der Synopse), nämlich die Kritik an der Gewichtung der Sicherung und Entwicklung von Siedlungsflächen vor allem zugunsten ehrgeiziger Flächensparziele, des Klimaschutzes sowie des Umwelt- und Naturschutzes (Prämisse des Flächensparens, Vorrangs der Innen- vor Außenentwicklung, Orientierung an Brachflächen), womit eine bedarfsgerechte und wirtschaftsstärkende Planung gerade für die kleinen Kommunen im ländlichen Raum gefährdet sein könnte, ist durch wesentliche Änderungen im Entwurf Rechnung getragen worden, die den Kommunen mehr Spielraum für planerische Entscheidungen einräumen. Es wird keine Vorgaben für feste Kontingente der Siedlungsentwicklung in den Gemeinden geben. Ohnehin wird betont, bei fehlendem Innenentwicklungspotenzial Freiraum in Anspruch nehmen zu dürfen. Für eine bauliche Nachnutzung geeignete und als Siedlungsfläche festgelegte Brachflächen aber würden weiter auf den ermittelten Bedarf angerechnet werden. Dies erfordere allein schon der aus dem LEP folgende Regionalplan mit seinem Zeithorizont von 15 Jahren, demzufolge ein genereller Ausschluss aktuell nicht verfügbarer Flächen unsachgemäß und kontraproduktiv wäre. Das 5 ha-/ Netto-Null-Ziel sei zu einem Grundsatz umformuliert worden. Aus Sicht des Plangebers seien damit ausreichende landesplanerische Handlungsspielräume für die Gemeinden gewährleistet.(vgl. Ziel 6.1 neu).

 

 

Jedoch bleibt Folgendes zu kritisieren (vgl. Aussagen der Geschäftsstelle des Städte- und Gemeindebundes NRW wie unten genannt, überwiegend wörtlich übernommen, sowie eigene Darstellung):

 

-      (Ziel 2-3 Siedlungsraum) Da es in Flächengemeinden Ortsteile mit weniger als 2.000 Einwohnern gibt, die eine Versorgungsfunktion für andere, noch kleinere Ortsteile übernehmen, muss ihnen zur Sicherung des vorhandenen Angebots an öffentlichen und privaten Dienstleistungs- und Versorgungseinrichtungen eine Siedlungsentwicklung - auch im Außenbereich - zugestanden werden, die über den Eigenbedarf ihrer Einwohner hinaus geht.

 

-      (Ziel 6.1-1 Flächensparende u. bedarfsgerechte Siedlungsentwicklung) Eine Systematisierung des Punktes ist zwar zu begrüßen, allerdings werden die Voraussetzungen für die Siedlungsentwicklung hierdurch nicht wesentlich erleichtert. Insbesondere soll die Rücknahmepflicht von Darstellungen im Flächennutzungsplan (FNP) für Flächen, für die kein Bedarf mehr besteht, nicht aufgehoben werden. Dies ist eine der Hauptforderungen des StGB NRW zum Oberpunkt, auf deren Einhaltung zur Sicherung kommunaler Bauleitplanung nicht verzichtet werden kann.

Für die Ermittlung der Wohnflächenbedarfe wird eine landeseinheitliche Berechnungsmethode vorgegeben, von der die Regionalplanungsbehörden nur in begründeten Fällen (z.B. nach empirischen Ermittlungen) abweichen dürfen. Zwar ist ein einheitliches Berechnungsmodell zu begrüßen, dies kann aber die zukünftigen Flächenbedarfe nur auf Grundlage bisheriger Entwicklungen anhand allgemeiner Prognosen abbilden. Örtliche Besonderheiten bleiben systembedingt ebenso unberücksichtigt wie beispielsweise die Änderung des Wanderungs- oder Ansiedlungsverhaltens. In den Erläuterungen ist daher die Klarstellung aufzunehmen, dass die Berechnungsmethode (nur) einen grundsätzlichen Orientierungsrahmen darstellt und daher offen ist für die Berücksichtigung der tatsächlichen örtlichen Entwicklungen und Bedarfe. Insoweit muss sichergestellt sein, dass die Bezirksplanungsbehörden auf der Grundlage belastbarer kommunaler Bedarfsanalysen von den Gemeinden nachgewiesene Flächenbedarfe nach dem Gegenstromprinzip zu berücksichtigen haben.

Zur Wirtschaftsflächenermittlung ist zu sagen, dass aus planungspraktischer, wirtschaftsfördernder und kommunalpolitischer Sicht Flächen für Planungsvarianten zur Verfügung stehen müssen, von denen nur die tatsächlich benötigten Flächen zu Gewerbe- und Industriegebieten entwickelt werden. Nur eine solche Flächenverfügbarkeit trägt dazu bei, Abhängigkeiten von Bodeneigentumsverhältnissen zu minimieren, Bodenpreissteigerungen einzudämmen und Entwicklungsblockaden zu verhindern. Kommunen müssen auf örtliche Bedarfe und Entwicklungen flexibel und zeitnah reagieren können. Im Übrigen ist mit der Festlegung von GIB (Gewerbe- u. Industrieansiedlungsbereiche) ein Gewerbe- oder Industriegebiet weder bauleitplanerisch gesichert noch tatsächlich entwickelt. Des Weiteren muss die Bedarfsermittlung auf der Grundlage der Daten des Siedlungsflächenmonitorings berücksichtigen, dass hier nur ein Trend fortgeschrieben wird. Hinzu kommt, dass bei der Berechnung des Flächenbedarfs die Gefahr besteht, dass die in den Regionalplänen für die Wirtschaft zur Verfügung gestellten Bruttoflächen nicht zu einem ausreichenden Flächenangebot auf der Netto-Seite führen.

 

-      (Ziel 6.1-11 Flächensparende Siedlungsentwicklung) Die Abstufung des 5-ha-Ziels auf einen Grundsatz der Raumordnung stellt zwar eine Verbesserung dar. Sie bleibt aber rechtlich bedenklich. Denn auch die Festlegung eines Grundsatzes setzt voraus, dass dessen inhaltliche Vorgabe umsetzbar ist.

 

-      (Ziel 6.3-3 Neue Bereiche für gewerbliche und industrielle Nutzungen) Die bisher geplante Zielbestimmung, nach der neue Bereiche für gewerbliche und industrielle Nutzungen unmittelbar anschließend an die vorhandenen ASB (Allgemeine Siedlungsbereiche) oder GIB festzulegen sind, wurde zum einen um eine Ausnahme für die Nutzung von Brachflächen erweitert, die im Freiraum liegen. Zum anderen wurde die Ausnahme gestrichen, dass eine gewerbliche oder industrielle Nutzung im Freiraum infolge einer betriebsgebundenen Erweiterung notwendig ist; dies wurde an Voraussetzungen geknüpft. Zwar ist die vom StGB NRW geforderte Erweiterung der Flächennutzung für GIB grundsätzlich zu begrüßen. Leider schränken aber die vorgesehenen engen Voraussetzungen das hierdurch neu geschaffene Nutzungspotenzial wieder erheblich ein. Auf den Voraussetzungskanon sollte daher verzichtet werden. Zudem ist sicherzustellen, dass in Fällen einer vorhandenen Bauleitplanung eine Betriebserweiterung möglich bleibt, auch wenn sich der zulässigerweise errichtete gewerbliche oder industrielle Betrieb auf einer Fläche befindet, die (noch) nicht als GIB festgelegt ist. Die begrüßenswerte Intention, den Freiraum zu schützen und vorhandene Infrastrukturen kosteneffizient zu nutzen, ließe sich auch mit einem Grundsatz der Raumordnung verfolgen, der der Regionalplanungsbehörde die Möglichkeit offen halten würde, in atypischen Fällen die bedarfsgerechte Entwicklung von Wirtschaftsflächen zuzulassen.

 

-      Zum Kritikpunkt „Windkraft im Wald“ ist festzustellen, dass an der Öffnung des Waldes für die Errichtung von Windenergieanlagen aus landesplanerisch erheblichem Interesse am Ausbau erneuerbarer Energien festgehalten wird.

 

 

Es sollte auf die noch zu erwartende offizielle, neuerliche und dezidierte Stellungnahme des Kreises Höxter als Untere Landesplanungsbehörde zum LEP-Entwurf vom 22.09.2015 verwiesen werden, die - auch zugunsten der Stadt Brakel - eine eher kritische Haltung zum LEP-Entwurf aufrechterhalten wird. Zum Redaktionsschluss war diese aufgrund des Arbeitsaufwandes und der notwendigen Abstimmung mit den politischen Gremien nicht verfügbar. Dies ist auch der unglücklichen Fristsetzung bis Mitte Januar, die sitzungstechnisch für sämtliche betroffenen Gremien höchst ungünstig sein dürfte, geschuldet.

 

Wie oben bereits erwähnt, befasst sich auch die Bewertung der Geschäftsstelle des Städte- und Gemeindebundes NRW hinreichend genau mit den Änderungspunkten des neuen LEP-Entwurfs und kommt im Einzelnen zu positiven wie negativen Einschätzungen, sodass auch hierbei davon ausgegangen werden kann, dass zutreffende Kritik die Kommunen betreffend geäußert wird (vgl. Schnellbrief 249/2015 vom 02.11.2015).

 

Eine zusammenfassende inhaltliche Tendenz leitet sich aus einer Kurz-Stellungnahme der Vereinigung „WIR StadtplanerInNRW“ (Anlage 2) ab, die im Kern das Aufgreifen zahlreicher Bedenken der Kommunen, insbesondere zur beabsichtigten flächensparenden Siedlungspolitik sowie zur Integration der Klimaschutzziele, begrüßt.

 

Letzten Endes ist eine - wenn auch zurückhaltende - Berücksichtigung der gemeindlichen Kritikpunkte festzustellen; dass dies nicht zu einer komplett andersartigen und neuorientierten Planung führen würde, ist nicht zu erwarten gewesen.

 

Der Beschluss sollte dies würdigen, jedoch auch die o.g. Kritikpunkte aufnehmen.


Beschlussvorschlag:

 

Der Bauausschuss/ Rat der Stadt Brakel akzeptiert den Umgang mit der geäußerten Kritik zum ersten Entwurf eines neuen Landesentwicklungsplans Nordrhein-Westfalen (LEP NRW) vom 25.06.2013 gemäß Anlage 1 (entsprechender Auszug aus Synopse 1 - Stellungnahmen der institutionellen Beteiligten), die im geänderten (überarbeiteten) Entwurf vom 22.09.2015 Berücksichtigung gefunden hat.

 

Er übt jedoch weiterhin Kritik gemäß o.a. Punkte.