Betreff
Feuerwehrbeschaffungskartell zulasten der Städte und Gemeinden, hier: Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen
Vorlage
224/2009-2014
Art
Beschlussvorlage

Sachverhalt:

 

Zu diesem TOP liegt auch ein Antrag der Fraktion der Liste Zukunft im Rat der Stadt Brakel vor der als Anlage beigefügt ist. In diesem Antrag wird in der Begründung im Wesentlichen der Sachverhalt dargestellt, wie er in den Mitteilungen des Städte- und Gemeindebundes NRW an die Mitgliedsstädte enthalten ist. Daher kann auf die Wiederholung verzichtet werden.

 

Zu dem Thema aber noch folgende Erläuterungen:

Nach derzeitigem Stand geht der Städte- und Gemeindebund davon aus, dass die betroffenen Städte und Gemeinden - auch die Stadt Brakel - einen Schadensersatzanspruch nach Maßgabe von § 33, Abs. 3 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränken (GWB) haben. Das bringt gegenüber Ansprüchen wie dem aus § 826 BGB den Vorteil, dass im Falle einer Schadensersatzklage das Landgericht an die bestandskräftigen Entscheidungen des Bundeskartellamtes gebunden wäre (§ 33 Abs. 4 GWB). (Nach Auskunft des Bundeskartellamtes werden die von ihr verhängten Bußgeldbescheide - vorbehaltlich der Nichteinlegung von Rechtsmitteln - Ende Februar/Anfang März 2011 bestandskräftig. Einzelheiten sind derzeit noch nicht bekannt.)

Diese Norm ermöglicht im Hinblick auf den Schadensumfang eine Schadensschätzung.

 

Dabei kann der anteilige Gewinn, der durch den Verstoß getätigt wurde, berücksichtigt werden. Dabei muss die Schätzung aber substantiiert sein. Allerdings kann nach Auskunft des Bundeskartellamtes aber aus dem verhängten Bußgeld kein Rückschluss auf diesen rechtswidrig erlangten Gewinn gezogen werden. Im Falle des Bestreitens des Schadens in diesem Sinne wird daher durch einen Gutachter der schätzbare Schaden zu bestimmen sein.

 

Vor diesem Hintergrund sollten die Gemeinden zunächst prüfen, ob und in welcher Höhe sie Verträge mit den drei genannten Firmen abgeschlossen haben.

 

Die Stadt Brakel hat der von dem Städte- und Gemeindebund eingerichteten Informationsbörse, bei der die betroffenen Kommunen zusammengeführt werden und sich auf eine gemeinsame Prozessvertretung verständigen können, folgende Verträge gemeldet:

 

2003 Beschaffung TSF/W Auenhausen    ca. 85.000,00 €   Fa. Schlingmann

2006 Beschaffung LF 16 Gehrden           ca. 270.000,00 € Fa. Schlingmann

2008 Beschaffung TSF/W Rheder           ca. 115.000,00 € Fa. Ziegler.

 

Die Geschäftsstelle des Städte- und Gemeindebundes weist in einem weiteren Schreiben zur Schadensersatzproblematik darauf hin, dass ein Schadensersatz nur dann besteht, wenn der Kartellverstoß für den Schaden ursächlich war. Daran fehlt es aber, wenn direkt eine freihändige Vergabe durchgeführt wurde oder das Leistungsverzeichnis so gefasst wurde, das nur ein einziger Hersteller dieses ausfüllen konnte. Im Übrigen ist die Gemeinde für diese Ursächlichkeit beweispflichtig.

 

Bei der Anschaffung der betroffenen Fahrzeuge der Stadt Brakel ist keine freihändige Vergabe erfolgt. Die Leistungsverzeichnisse enthielten zwar besondere Anforderungsprofile je nach Feuerwehreinsatztaktik, waren aber so gefasst, dass immer mehr als nur ein Anbieter vorhanden war.

 

Allerdings wird es, da es sich niemals um Ausschreibungen von „Normfahrzeugen“ handelte, voraussichtlich nicht einfach sein, den genauen Schaden zu beziffern, ohne dass ein Gutachter eingeschaltet wird.

 

Der Städte- und Gemeindebund vertritt die Auffassung, dass mögliche Schadensersatzansprüche im Hinblick auf die Anspruchsentstehung und Kenntniserlangung (Pressemitteilung des Bundeskartellamtes vom 10.02.2011) erst am 31.12.2014 verjähren.

 

Zum vorgenannten Thema findet am 14.03.2011 eine Informationsveranstaltung des Städte- und Gemeindebundes statt, an der Vertreter der Stadt Brakel teilnehmen. Hier sollen verfahrensrechtliche Möglichkeiten zur Geltendmachung des Schadens-, Vergleichs- oder auch Aufrechungsmöglichkeiten angesprochen werden. Das Ergebnis bleibt abzuwarten. Darüber wird in den Sitzungen oder per Tischvorlage informiert.

 

Was beabsichtigte Vergabeverfahren betrifft, wird auf § 6 EG Abs. 6 c  VOL/A sowie für den unterschwelligen Vergabebereich auf § 6 Abs. 5 a VOL/A hingewiesen. In diesen Fällen ist im Einzelfall zu klären, ob ein Ausschlussgrund vorliegt. So liegt z.B. ein zwingender Ausschlussgrund nach § 6 EG Abs. 4 VOL/A jedoch nur vor, wenn eine rechtskräftige Verurteilung nach den dort aufgeführten Normen vorliegt. Eine Ahndung durch das Bundeskartellamt reicht hier nicht aus.

 

Derzeit laufen keine Ausschreibungs- oder Vergabeverfahren für Feuerwehrfahrzeuge in der Stadt Brakel.

 

Auf Grund der bestehenden Unabwägbarkeiten, geht der Beschlussvorschlag der Fraktion der Liste Zukunft vom 23.02.2011 zu weit. Daher wird folgender Beschluss empfohlen:


Beschlussvorschlag:

 

Die Stadt Brakel nimmt die aktuelle Entscheidung des Bundeskartellamtes zum Anlass, in Absprache mit dem Städte- und Gemeindebund und falls notwendig unter Einschaltung von Gutachtern zu prüfen, ob Schadensersatzansprüche gegen die vom Bundeskartellamt mit Bußgeld belegten Lieferanten bzw. Hersteller von an die Stadt Brakel gelieferten Feuerwehrfahrzeugen geltend gemacht werden können.

Sollten diese Schadensersatzansprüche ggf. gutachterlich festgestellt werden, werden diese seitens der Verwaltung geltend gemacht und nötigenfalls gerichtlich eingeklagt.

 

Bei künftigen Vergabeverfahren ist unbedingt zu prüfen, ob im Hinblick auf jetzt schadensersatzpflichtige Firmen vergaberechtliche Ausschlussgründe nach VOL/A vorliegen.