Betreff
Einführung von kostenlosen Windelsäcken
Vorlage
165/2009-2014
Aktenzeichen
50/460-010
Art
Beschlussvorlage

Sachverhalt:

 

Der Antrag der Ratsfraktion „Liste Zukunft“ vom 27.09. d.J. auf kostenlose Bereitstellung von Windelsäcken ist in Kopie angefügt.

Ein gleich lautender Antrag wurde bereits im September d.J. in der Nachbarstadt Nieheim behandelt. Dort wurde beschlossen, ab 2010 allen Familien mit Neugeborenen 10 „Windelsäcke“, die identisch sind mit dem grauen Beistellsack und z.Z. nach der Abfallsatzung des Kreises Höxter je 6,oo € kosten, durch die Stadt auszugeben. Für diejenigen Kinder, die mit Stoffwindeln versorgt werden, erfolgt eine Erstattung der Waschauslagen in gleicher Höhe.

Wenn das selbe System hier eingeführt werden sollte, fielen ergo je Neugeborenem 60,00 € p.a. an.

 

Bei der Beratung des Antrages sollte folgendes berücksichtigt werden:

 

  1. Erfahrungen anderer Städte/Kommunen mit einem solchen Konzept
  2. die gegenwärtige Abfallentsorgungssituation
  3. der Stand der gegenwärtigen Leistungen der Stadt Brakel für Familien
  4. die voraussichtlichen Kosten und Auswirkungen auf den Haushalt
  5. ökonomische Verwaltungsführung

 

Zu 1.

Als Beispiel kann die Gemeinde Kirkel (10.183 Einwohner/Saarland) dienen. Dort ist in den Jahren 2008/2009 ein (zunächst auch für die Gemeinde kostenloses) Pilotprojekt einer kostenlosen Windelentsorgung gelaufen. Eltern brauchten nur den Geburtsnachweis vorzulegen und bekamen automatisch ein Bündel Müllsäcke (spezielle Windelsäcke mit Geruchsverschluss) ausgehändigt. Als das Pilotprojekt auslief, stand die Gemeinde vor dem Problem, weitermachen auf eigene Rechnung, beenden oder begrenzt weiterlaufen lassen.

Bei den rund 65.000 € p.a., die allein für die Kirkeler Baby-Windeln auszugeben gewesen wären, hat man sich im dortigen Rat darauf verständigt, aus dem „Begrüßungsgeschenk“ ein soziales Projekt zu machen. Die Entlastung bei den Müllgebühren soll nur noch Empfängern von Sozialleistungen (Sozialhilfe, Grundsicherung, Wohngeld) zugute kommen. Auch hat man sich von den Windelsäcken verabschiedet. Es wird nur noch die Differenz zwischen dem Volumen der herkömmlichen Mülltonne (z.B. 120 l zu 240 l) oder eine zusätzlich notwendige Mülltonne für Babies und Inkontinente durch die Gemeinde übernommen.

Die aktuell dort kalkulierten Kosten der Aktion sind mit rd.  6.000 € p.a. angesetzt.

Zu 2.

Seitens der Abfallwirtschaftsgesellschaft des Kreises Höxter wurde im Zusammenhang mit der Einführung des Windelsackes in Nieheim und dem in der Presse angezeigten jetzt auch hier zu beratenden Antrag darauf hingewiesen, dass Windelsäcke grundsätzlich nicht in das Abfallentsorgungskonzept des Kreises passen. Die Abfuhr ist auf das Behältersystem abgestimmt. Die grauen Beistellsäcke sollen nur ausnahmsweise zum Einsatz kommen.

Durch den Vorrang der Mülltonnen (MGB) ergäbe sich für das eingesetzte Entsorgungsunternehmen eine Planungssicherheit. Falls aus Kostengründen z.B. der Seitenlader (wieder) eingesetzt werden sollte, könnten sich Probleme hinsichtlich der Entsorgung der Beistellsäcke ergeben (verbunden mit wahrscheinlich höheren Kosten).

Wenn es politisch (auch) in Brakel gewünscht sein sollte, den Windelanfall für die Eltern kostenfrei zu entsorgen, sollte bzw. könnte dies aus Sicht der AWG auch über eine Ausgleichszahlung zwischen z.B. 120 l-MGB zu einem 180 l-MGB erfolgen.

Der Unterschiedsbetrag liegt hierbei derzeit p.a. bei  34,20 €, sollte sogar auf ein 240 –MGB abzustellen sein, würde die Differenz 62,40 € betragen, wie die nachstehende Übersicht der Abfallgebühren ausweist.

 

Aktuelle Abfallgebühren im Kreis Höxter p.a.

MGB

 

 

MGB

 

 

60 l

90,00 €

 

180 l

156,60 €

 

80 l

100,80 €

 

240 l

184,80 €

 

120 l

122,40 €

 

 

 

 

 

Zu 3.

Die Stadt Brakel zeigt sich seit Jahren durchaus familienfreundlich. Nachstehend ein Überblick der Finanzabteilung über die Ausgaben für Vereine etc., die unmittel- oder mittelbar den Familien zugute kommen:

 

Mittel für Vereine, Verbände, Kinder, Jugendliche und Familien

 

Maßnahme

2005

2006

2007

2008

2009

 

Zuschuss an den Kulturring

11.504,00

0,00

11.504,00

11.504,00

11.504,00

 

Zuschuss an den
 Heimat- und Museumsverein

690,00

690,00

690,00

690,00

690,00

 

Zuschuss an die Frei-lichtbühne Bökendorf

2.250,00

2.250,00

2.250,00

2.250,00

2.250,00

 

Zuschuss Jugendmusikwerk

13.345,00

13.345,00

13.345,00

14.500,00

14.500,00

 

Zuschuss an die Bökerhof-Gesellschaft

500,00

500,00

500,00

1.000,00

1.000,00

 

Umlage Volkshoch-schulzweckverband

38.382,03

42.663,82

45.656,53

38.423,74

38.500,00

 

Zuschuss an Büchereien

2.250,00

2.250,00

2.250,00

2.250,00

2.250,00

 

Zuschuss für Orts-jubiläen

0,00

500,00

0,00

0,00

0,00

 

Kosten Ferienmaßnahmen

3.241,88

3.146,28

2.412,92

3.506,63

5.000,00

 

Vereinsfördermittel

16.395,00

16.395,00

16.395,00

16.395,00

16.395,00

 

Zuschüsse an Träger öffentlicher Jugend-arbeit

5.841,00

5.841,00

5.841,00

5.591,00

5.841,00

 

Jugendfreizeitstätte

100.784,53

138.100,19

142.778,21

158.569,98

201.036,24

 

Kosten Kinderspielplätze

60.939,47

39.847,29

42.758,74

67.005,54

58.090,96

 

Kosten Kindergärten

459.358,32

449.571,62

457.635,39

350.743,52

407.074,46

 

Streetworkerin

3.315,88

3.862,86

0,00

0,00

0,00

 

Kosten Familienpass

2.349,68

3.218,18

2.005,25

516,30

3.000,00

 

Seniorenbetreuung

3.167,84

2.100,78

3.349,44

3.808,40

3.700,00

 

Ehrung von Sportlern

420,85

315,00

436,00

447,85

450,00

 

Sport- und Freizeithallen/Sport-
heime und -plätze

67.262,53

57.839,24

74.352,08

134.882,91

154.773,46

 

Bäder

488.537,00

492.392,56

490.860,66

501.459,36

422.038,92

 

Dorfgemeinschaftshäuser

37.017,76

30.858,38

34.170,95

39.160,30

37.022,08

 

Insgesamt:

1.317.552,77

1.305.687,20

1.349.191,17

1.352.704,53

1.385.116,12

 


Festzuhalten bleibt auch, dass es in Brakel im Rahmen der ab 01.04.1991 eingeführten Familienpass-Regelungen bis einschl. 1995  einen besonderen Geburtszuschuss gab, nach dem ab dem jeweils 3. und jedem weiteren Kind einmalig gezahlt worden sind: für das 3. Kind = 100 DM, ab dem 4. Kind = 200 DM.

 

Zu 4.

Sollte dem Antrag der „Liste Zukunft“ gefolgt werden und das Verfahren analog Nieheim umgesetzt werden, wäre bei den durchschnittlich 180 -200 Geburten in Brakel in den letzten Jahren folglich mit jährlichen Kosten i.H.v. mindestens 10.800 – 12.000 €/p.a. zu rechnen.

Bei einer „Tonnenlösung“ über eine Ausgleichszahlung wäre durchaus von mindestens vergleichbaren Kosten p.a. auszugehen (z.B. 120l-MGB auf 240l-MGB).

Im Hinblick auf unser Familienleitbild zur Generationengerechtigkeit wird die vorstehend beantragte „Familienförderung“ nicht ohne entsprechende Nachfragen pflegender Angehöriger für ihre pflegebedürftigen inkontinenten Angehörigen bleiben. Die Erwachsenenwindeln sind wesentlich größer und es wird ein höherer Bedarf im Einzelfall an Windelsäcken vorherrschen. Wie von der Stadt Nieheim bestätigt worden ist, gab es dort bereits entsprechende Nachfragen von pflegenden Angehörigen. (Auch in Kirkel wurde diese Personengruppe mit einbezogen.)

 

Zu der „Gegenfinanzierung“ aus der gestiegenen Gewerbesteuereinnahme 2010 oder aus einer evt. Reduzierung der Kreisumlage für 2010 gibt bereits die zeitliche Zuordnung zu dem Haushaltsjahr eine wesentliche Antwort.

Gewerbesteuerzuwächse u.a. aus Nachzahlungen sind nicht regelmäßig zu erwarten. Die Schwankungen gerade bei dieser Einnahmeart sind kaum zu kalkulieren.

 

Was den Anteil des Kreises Höxter an der „Wohngeldersparnis“ des Landes angeht, gebe ich die mir durch den Kämmerer des Kreises Höxter hierzu gegebenen Aussagen zur Kenntnis, der ausführt, „… dass nach den ersten Informationen durch den Landkreistag NRW der Kreis Höxter mit einem Nachteilsausgleich aus der Wohngeldersparnis des Landes NRW für die Jahre 2007 bis 2009 i.H.v. rd. 1,585 Mio Euro rechnen kann.

Die im Gesetzentwurf zur Schaffung einer neuen Anlage A zu § 7 Abs. § AG-SGB II NRW genannten Zahlen können hier weder bestätigt noch dementiert werden, wie eine verbindliche Mitteilung des Landes NRW (Zuwendungsbescheid) nicht vorliegt.

Dem Vernehmen nach ist die Verabschiedung des Gesetzes zur Änderung des AG-SGB II für den 16.12.2010 vorgesehen, so dass auch erst danach die Zahlung des Nachteilsausgleiches –ob und in welcher Höhe ist noch völlig offen- erfolgen kann.

Der Kreis Höxter wird im Falle der Zahlung des Nachteilsausgleiches zunächst den Ausgleich für die Minderzahlungen in den Jahren 2008 bis 2009 vornehmen. Anzumerken bleibt noch, dass die Wohngeldersparnis des Landes für das lfd. Haushaltsjahr, eingeplant sind im Haushalt des Kreises Höxter hierfür 1,8 Mio. Euro, bislang nicht zur Auszahlung gekommen ist.“

 

Nach alledem würde die freiwillige Übernahme einer kostenfreien Entsorgung von Windeln ohne eine konkrete Gegenfinanzierung für die zukünftigen Haushaltsjahre dastehen.

 

Zu 5.

Wenn eine Maßnahme zusätzlich geschaffen und installiert wird muss die Ausgestaltung einer verwaltungsökonomischen Betrachtung gerecht werden. Der monetäre Aufwand für eine Leistung sollte nicht dadurch wesentlich erhöht werden, dass zusätzlich auch ein wesentliches Mehr an Verwaltung produziert wird.

 

Bei einer sozialen Komponente sind umfangreiche Prüfverfahren notwendig.

Wie wäre z.B. bei einem rückwirkenden Fortfall der Voraussetzungen zu entscheiden (Beispiel: Sozialleistungen wird wegen falscher oder unvollständiger Angaben/Nachweise rückwirkend aufgehoben)?

 

Als einfachste Lösung ließe sich ein „Begrüßungsgeld“ für alle Neugeborenen denken, dass bei der Anmeldung des neuen Brakeler Erdenbürgers ausgezahlt würde; es könnte in einem Begleitschreiben auch auf einen Ausgleich für die Windelentsorgung hingewiesen werden.

Ein besonderes Antrags-/Verwaltungsverfahren wäre nicht notwendig.

 

 

 


Anlagen:

 

Antrag der „Liste Zukunft“


Beschlussvorschlag:

 

-Verwaltungsseitig wird kein Vorschlag unterbreitet-


Haushaltsrechtliche Auswirkungen:

 

Die Einführung der kostenfreien Windelentsorgung –allein für die Neugeborenen- würde jährliche Folgekosten bei den Modellen

a)    Beistellsäcke á la Nieheim i.H. von 10.800 – 12.000 €

b)    Zahlung der Differenz zwischen den einzelnen Abfuhrgebühren
vorhandenes Volumen zum nächst- oder ggf. auch zweithöherem
möglicherweise i.H.v. rd. 6.000 € bis 12.500 €

c)     Übernahme der Differenz (siehe vor b) nur für Bezieher von
Sozialleistungen
(Sozialhilfe, Grundsicherung, Wohngeld) grob geschätzt bei evt. 35 % Sozialleistungsempfängern i.H.v. 2.100 – 4.375 €)

d)    Begrüßungsgeld z.B. 60 € als Geldgeschenk i.H.v. ebenfalls zwischen 10.800 und 12.000 €

bedeuten.

 

Hinzu kämen Verwaltungs-/Personalkosten für die Abwicklung.