Betreff
Fotovoltaikanlage im historischen Stadtkern Brakels
Vorlage
022/2009-2014
Art
Beschlussvorlage

Sachverhalt:

 

Es liegt der im Betreff genannte nachträglich gestellte Bau- und Abweichungsantrag - auf das Dach des Objekts „Königstraße 15“ bezogen - vor; die darin befindliche Äußerung „bereits bestehend“ bedeutet, dass dieses Bauvorhaben vor Antragstellung formell unzulässigerweise errichtet worden ist. Dem Antragsteller ist bei der Realisierung bereits im August dieses Jahres bewusst gewesen, dass die Anlage genehmigungspflichtig nach Gestaltung- und Erhaltungssatzung ist und es bzgl. der Möglichkeit und Art ihrer Ausführung einer dezidierten Anfrage/ Absprache mit der Stadt Brakel als Hüterin der genannten Satzung bedurft hätte. Auch nachdem die Stadt den Kreis Höxter als untere Bauaufsicht eingeschaltet hatte, um ein rechtmäßiges Vorgehen zu erzwingen, was leider erfolglos geblieben ist (Gründe untenstehend), ist die Fotovoltaikanlage mit aller Dreistigkeit weitergebaut und vollendet worden. Dabei sind noch rechtzeitige Gesprächsangebote seitens der Stadtverwaltung ignoriert worden mit der geäußerten Absicht, man werde das Bauvorhaben ohnehin in der bauherrenseitig angedachten Form ausführen.

 

Sachlich hätte die Stadt Brakel im Rahmen ihrer materiellen Prüfung feststellen müssen, dass die laut § 4 der „Gestaltungs- und Erhaltungssatzung für den Historischen Stadtkern Brakel“ generell genehmigungspflichtige Anlage („Solaranlagen“) von der angeführten Satzung abweicht, da sie gemäß § 8 „Gestaltung der Dächer“ Abs. 9 als „technischer Dachaufbau“ vom Straßenraum nicht sichtbar sein darf, was sie jedoch ist.

 

Entgegen den Ausführungen des Antragstellers sind die Zielsetzungen der angeführten Satzung gefährdet, da die Fotovoltaikanlage - in glänzender Ausführung auf die im Sinne der Satzung vom öffentlichen Raum einsehbare Seite des Daches aufgebaut - unabhängig vom Versatz zur Straße und Baustil des Hauses grundsätzlich nicht genehmigungsfähig ist.

 

Während der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) in einer ersten Stellungnahme geraten hat, die Satzungsziele stringent zu verfolgen („Gebäude in der ersten Reihe“, nicht abgewandte Dachseite, Vorbildwirkung), d.h. das Einvernehmen zum Vorhaben an der Königstraße zu versagen, verweist der Kreis Höxter als Baugenehmigungsbehörde, die die Satzungsziele durchzusetzen hat, frühzeitig auf die grundsätzliche Baugenehmigungsfreiheit solcher Anlagen auf oder an Gebäuden, auch als Änderung deren äußerer Gestaltung. Der Stadt Brakel bleibe eine Entscheidung zu solchen Vorhaben lediglich nach Erhaltungssatzung, die im Baugesetzbuch (BauGB) eigenständig geregelt ist. Nach dieser können gestalterische Elemente allerdings höchstens in städtebaulich anspruchsvollsten Situationen, die hier nicht vorliegen, zu einer Genehmigungsversagung führen.

 

Der Kreis Höxter führt zur Begründung einen Hinweis des Verwaltungsgerichtes Minden in einem ähnlichen Fall an, der unter Heranziehung der einschlägigen Regelungen in der Bauordnung NRW (BauO NRW) solche Anlagen nicht als die äußere Gestaltung eines Gebäudes verändernd sieht. Eine Änderung der äußeren Gestaltung durch Solaranlagen im Sinne der BauO NRW beschränke sich demnach auf solche Anlagen, die nicht eigenständig und damit Teil der Gebäudehaut/ des Daches seien. Die „Aufbau-Anlagen“, also nach Aufstellung/ Montage auf (über) dem Dach, sind hiernach von der BauO NRW überhaupt nicht erfasst und somit nicht greifbar. Gleichwohl und ohne Zweifel sind sie gestalterisch wirksam.

 

Das Ministerium für Bauen und Verkehr des Landes NRW teilt diese Rechtsauffassung.

 

Dieser Sachverhalt schafft gerade für die leicht zu montierenden, preisgünstigeren und gestalterisch negativ auffälligen Anlagen einen Raum rechtlicher Unbedenklichkeit.

 

Um eine geeignete Vorgehensweise unter den beschriebenen Gegebenheiten zu entwickeln, die dem Bedarf nach solchen technischen Anlagen auch im Altstadtbereich Rechnung trägt, ziehe man die nach weiteren Fällen gereifte Beurteilung des Denkmalschutzes (LWL) in einem konkreten Vergleichsfall, allerdings auf ein Baudenkmal bezogen, heran. Dieser sieht nunmehr keine so erhebliche Beeinträchtigung des Einzeldenkmals durch eine Fotovoltaikanlage, dass das Benehmen zu dem Vorhaben verweigert werden könnte. Voraussetzung ist allerdings eine gestalterisch verträgliche Ausführung, d.h. als höhengleicher Bestandteil eines Daches oder Aufbau in matter Beschichtung, farblich auf die Dachhaut abgestimmt. Diesem geprüften, auf ein hochwertiges Objekt bezogenen Maßstab darf eine Gestaltungssatzung nicht widersprechen und hat sich daher anzugleichen, da ihre Belange nicht weiter gefasst sein können als die des hier gestaltungsbezogenen Denkmalschutzes.

 

Befreite man also im vorliegenden Einzelfall „Königstraße 15“ von den Satzungszielen, müsste zumindest der genannte gestalterische Maßstab gewahrt werden. Dies ist wie bereits erwähnt mangels objektbezogener (Material)Abstimmung nicht der Fall.

 

Es hätte nach den obigen Ausführungen also die Möglichkeit gegeben, eine genehmigungsfähige Anlage zu entwickeln und zu errichten. Stattdessen ist ein formell und materiell unzulässiges Bauvorhaben umgesetzt worden. Hieraus resultiert ein für die Historische Altstadt städtebaulicher Schaden aufgrund der negativen Vorbildwirkung.

 

Dies ist - auch ohne Hilfe der Baugenehmigungsbehörde - für die Stadt Brakel nicht hinnehmbar.

 

Die Verwaltung schlägt daher vor, den Antrag zur Fotovoltaikanlage „Königstraße 15“ in der Kernstadt Brakel mangels altstadtgerechter Gestaltung nach „Gestaltungs- und Erhaltungssatzung für den Historischen Stadtkern Brakel“ abzulehnen und hierzu einen Negativbescheid nach städtebaulicher Erhaltungssatzung zu erstellen.


Beschlussvorschlag:

 

Der Ausschuss beschließt, den Antrag zur Fotovoltaikanlage „Königstraße 15“ in der Kernstadt Brakel mangels altstadtgerechter Gestaltung nach „Gestaltungs- und Erhaltungssatzung für den Historischen Stadtkern Brakel“ abzulehnen (Negativ-Erhaltungsbescheid).