Betreff
Aufstockung der Anteile an der GNR Gesellschaft zur energetischen Nutzung nachwachsender Rohstoffe mbH durch die Energieservice Westfalen Weser GmbH
Vorlage
0833/2020-2025
Art
Beschlussvorlage

Sachverhalt:

 

Die Stadt Brakel ist unmittelbar an der Westfalen Weser Energie GmbH & Co. KG (nachfolgend „WWE“) und damit mittelbar an der Energieservice Westfalen Weser GmbH (nachfolgend „ESW“) beteiligt. Die ESW ist eine 100%ige Tochtergesellschaft der WWE.

 

Die ESW wiederum hält eine Beteiligung in Höhe von einem Drittel der Geschäftsanteile an der Gesellschaft zur energetischen Nutzung nachwachsender Rohstoffe mbH (nachfolgend „GNR“) mit Sitz in Brakel. Weitere Gesellschafter der GNR sind die Lobbe Entsorgung GmbH (nachfolgend „Lobbe“) mit Sitz in Bestwig und die Agrardienst GmbH (nachfolgend „ADG“) mit Sitz in Brakel mit einer Beteiligung in Höhe von jeweils einem Drittel der Geschäftsanteile.

 

Die GNR ist ein 2001 gegründetes Wärmeversorgungsunternehmen, welches in der Kernstadt Brakel rd. 10 Kunden mit Wärme versorgt. Schlüsselkunden sind Liegenschaften vom Kolpingwerk, dem Kreis Höxter, der Stadt Brakel und der Landwirtschaftskammer. Hierzu betreibt die GNR ein Heizkraftwerk nebst zwei Redundanz-Kesseln sowie ein angeschlossenes Wärmenetz von rd. 1.400 Metern Länge. Die Erzeugung von Wärme im Heizkraftwerk erfolgt dabei nachhaltig durch Verbrennung von Biomasse in Form von Restholz.

 

In der Gesellschafterversammlung vom 19.07.2023 hat die Mitgesellschafterin Lobbe ihren Rückzug aus der GNR angekündigt, da sie sich im Rahmen einer Portfoliobereinigung zukünftig auf andere Tätigkeitsfelder konzentrieren wolle. Ihre Beteiligung hat Lobbe daraufhin ihren beiden Mitgesellschafterinnen ESW und ADG zum Erwerb angeboten. ESW und ADG beabsichtigen, dieses Erwerbsangebot anzunehmen und die GNR künftig als paritätisches Gemeinschaftsunternehmen (50:50) gemeinsam fortzuführen. Hierzu soll die bisher von Lobbe gehaltene Beteiligung jeweils hälftig von ESW und ADG erworben werden.

 

Eine Zusammenfassung des Vorhabens in Folienform (PowerPoint-Präsentation) (Anlage) ist dieser Beschlussvorlage beigefügt. Aufgrund der bereits bestehenden Beteiligung verzichtet diese Vorlage auf eine Darstellung der kommunalrechtlichen Zulässigkeit und sieht damit nur eine Anlage vor.

 

Hintergrund

Die Stadt Brakel ist unmittelbar an der WWE beteiligt. Sämtliche Anteile der WWE werden aktuell von 56 kommunalen Gesellschaftern (Gebietskörperschaften bzw. kommunale Unternehmen) im Versorgungsgebiet der WWE gehalten. Die WWE fungiert insofern als Holding-Gesellschaft für die Westfalen Weser-Unternehmensgruppe. Die Struktur der WWE stellt sich wie folgt dar:

 

 

 

Das operative Geschäft wird in drei 100%igen Tochtergesellschaften der WWE durchgeführt: der Verteilnetzbetreiberin Westfalen Weser Netz GmbH, der Energiedienstleisterin Energieservice Westfalen Weser GmbH und der Beteiligungsholding Westfalen Weser Beteiligungen GmbH.

 

Ausgangslage

 

Als kommunales und fest in der Region verwurzeltes Unternehmen im Bereich der Energieversorgung gestaltet Westfalen Weser aktiv die Energie- und Wärmewende vor Ort. Für die ESW liegt ein Schwerpunkt dabei im Bereich Wärme mit den Themen Wärmeerzeugung und -versorgung sowie Wärmenetz­betrieb und -ausbau. Denn der Ausbau und Betrieb von Wärmenetzen ist eine wesentliche Voraussetzung für das Gelingen der Wärmewende, um besonders auch im Gebäudebestand dezentrale Wärme­lösungen und effizientere, klimaneutrale Konzepte für Industrie und Kommunen im Sinne der Sek­torenkopplung zu ermöglichen.

 

 

Vorhaben: Anteilserhöhung und Weiterentwicklung der GNR

 

Beteiligte

 

Energieservice Westfalen Weser GmbH (ESW)

ESW ist ein 100%iges Tochterunternehmen der kommunalen WWE und die Energiedienstleisterin der Westfalen Weser-Gruppe. Neben der Entwicklung innovativer Versorgungskonzepte für Geschäfts- und Privatkunden sowie für die Kommunen der Region erstellt ESW maßgeschneiderte Energieversorgungslösungen insbesondere im Bereich Wärme und Nutzenergie.

 

Lobbe Entsorgung GmbH (Lobbe)

Die Lobbe Entsorgung GmbH mit Sitz in Bestwig ist ein 100%iges Tochterunternehmen der familiengeführten Lobbe Holding GmbH & Co. KG mit Sitz in Iserlohn. Der Tätigkeitsschwerpunkt der Lobbe-Gruppe liegt auf der Erbringung von Umweltdienstleistungen für Industrie- und Gewerbekunden sowie der Erbringung von kommunalen Entsorgungsleistungen in den Regionen Hochsauerland, Ostwestfalen, Nordhessen und Südwestfalen.

 

Agrardienst GmbH (ADG)

Die Agrardienst GmbH mit Sitz in Brakel ist ein 100%iges Tochterunternehmen des Betriebshilfsdienst und Maschinenring Warburg e.V. mit Sitz in Brakel. Die ADG bündelt Interessen von Landwirtschaft und lokalem Gewerbe, um Einkaufsvorteile weiterzugeben. Ferner stellt sie vielfältige Dienstleistungen bereit, wie z.B. Kommunal- und Landschaftspflegearbeiten rund um land- und forstwirtschaftliche- sowie Gewerbebetriebe.

 

Aufstockung der Anteile (Anteilserwerb)

 

ESW und ADG beabsichtigen, die bisher von Lobbe gehaltene Beteiligung am Stammkapital der GNR in Höhe von 96.000 € (entspricht einer Beteiligungsquote von 33,33 %) jeweils hälftig zu erwerben. ESW würde im Zuge dessen ihre Beteiligung am Stammkapital der GNR von heute 96.000 € auf dann 144.000 € aufstocken, was einer Erhöhung der Beteiligungsquote um 16,67 % auf dann 50,0 % entspricht.

 

Für die Kaufpreisfindung wurde ausgehend von dem genehmigten Wirtschaftsplan der Gesellschaft für das Jahr 2024 eine vereinfachte Bewertung durchgeführt. Auf diese Weise wurde eine für die Partner faire und transparente Unternehmensbewertung der GNR zum Bewertungsstichtag 01.01.2024 erstellt.

 

ESW und ADG planen zudem, den Gesellschaftsvertrag der GNR im Zuge des Vorhabens zu überarbeiten sowie die Firma der Gesellschaft in „Nahwärme Brakel GmbH“ (nachfolgend auch „NWB“) zu ändern. Der neue Gesellschaftsvertrag enthält neben redaktionellen Anpassungen im Hinblick auf die künftige Gesellschafterstruktur zudem Ergänzungen und Klarstellungen innerhalb des bisherigen Regelungsgehalts sowie eine Modernisierung der Regelungen für die Gremienarbeit. Diese Änderungen sind kommunalrechtlich sämtlich unwesentlich.

 

Zielsetzung

 

Mit der Aufstockung ihrer Beteiligung an der GNR unterstreicht die ESW ihr strategisches Ziel, das Kerngeschäft mit Wärme zu stärken und in der Region weiter auszubauen. Da die GNR in den kommenden Jahren Konsolidierungs- und Wachstumspotential erwartet, handelt es sich um eine für ESW strategisch bedeutende Beteiligung. Entscheidend für die Realisierung des Wachstumspotentials sind v.a. wirtschaftliche Wärmelieferverträge, welche Nahwärme als attraktive Alternative im Wettbewerb mit anderen Heizmethoden (z.B. Wärmepumpen oder Pelletheizungen) positionieren und zugleich auskömmlich für die GNR sind. Hinzu kommen insbesondere die politischen Rahmenbedingungen, welche u.a. stark durch die neue kommunale Wärmeplanung sowie das Gebäudeenergiegesetz (GEG) geprägt sind.

 

Neben der strategischen Zielsetzung geht die ESW bei der Anteilserhöhung v.a. auch von einem finanziellen Mehrwert aus, welcher aus höheren Ausschüttungsrenditen resultiert.

 

Ferner möchte ESW durch die Anteilserhöhung das bisherige Konzept der paritätischen Beteiligung der GNR-Gesellschafter erhalten und damit ihre Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeiten sicherzustellen.

 

Wirtschaftlichkeit

 

Ausgangspunkt der wirtschaftlichen Beurteilung des Vorhabens ist der genehmigte Wirtschaftsplan für 2024 mit einem Ergebnis vor Zinsen und Steuern von rd. 160.000 € und die Annahme einer nachhaltigen Fortsetzung des Geschäftsumfangs. Die Ausschüttungsrenditeerwartung der ESW liegt bei rund 5 %.

Chancen und Risiken

 

Die Anteilserhöhung bietet ESW v.a. die Chance, am Wachstumspotential (im Umfeld des Wärmenetzes durch Verdichtung) der GNR in einem der Beteiligungsquote folgenden größeren Umfang teilzuhaben. Dies wird im Wesentlichen durch die aktuellen politischen Rahmenbedingungen, wie die kommunale Wärmeplanung und das Gebäudeenergiegesetz, begünstigt. Zudem sichert ESW durch die Anteilserhöhung das paritätische Beteiligungsverhältnis und damit eine partnerschaftliche Zusammenarbeit mit der verbleibenden Mitgesellschafterin ADG sowie ihre Einfluss- und Gestaltungmöglichkeiten in der GNR.

 

Das wesentliche Risiko liegt in der Unterschreitung des Business Cases. Entscheidend hierfür sind Faktoren wie Kundenausfälle, technische Schwierigkeiten oder Änderungen in den politischen Rahmenbedingungen.

 

Einzelheiten des Vorhabens & Abgleich mit rechtlichen Vorgaben

 

Das dargestellte Vorhaben entspricht dem Gesellschaftszweck von ESW sowie WWE. Es erfüllt die Anforderungen der Gemeindeordnung NRW und des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Gesellschaftsstruktur, hinsichtlich des rechtlichen und faktischen Ordnungsrahmens für die Leitung und Überwachung des Unternehmens (Corporate Governance) sowie der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen.

 

1.              Gesellschaftsstruktur und Corporate Governance

 

Die GNR besteht in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), deren Anteile von den Partnern in der geplanten Zielstruktur wie folgt übernommen werden sollen:

 

Partner

Zielstruktur

Anteile

Bet.-Quote

Energieservice Westfalen Weser GmbH

144.000

50 %

Agrardienste GmbH

144.000

50 %

Summe

288.000

100 %

Die Corporate Governance der Gesellschaft ist schon heute auf die Eigenschaft der Gesellschaft als Gemeinschaftsunternehmen gleichberechtigter Partner ausgerichtet.

 

Die Geschäftsführung der GNR soll aus einem oder mehreren Mitgliedern (Geschäftsführerinnen und/oder Geschäftsführern) bestehen. Besteht die Geschäftsführung aus mehreren Mitgliedern, wird die Gesellschaft durch zwei Mitglieder der Geschäftsführung gemeinsam oder durch ein Mitglied der Geschäftsführung gemeinschaftlich mit einer Prokuristin oder einem Prokuristen vertreten. Ist nur eine Person zur Geschäftsführung bestellt, so vertritt diese die Gesellschaft stets allein.

 

Der Gesellschaftsvertrag sieht eine Beschlussfassung der Gesellschafter mit einfacher Mehrheit oder mit Einstimmigkeit für wesentliche Beschlusspunkte vor. Durch die paritätische Beteiligung von ESW und ADG an der GNR wird praktisch jedoch Einvernehmen für jede Beschlussfassung in der Gesellschafterversammlung erforderlich sein. Die im Gesellschaftsvertrag festgeschriebene Corporate Governance ist auf die Eigenschaft der GNR als Gemeinschaftsunternehmen zweier gleichberechtigter Partner ausgerichtet.

 

2.              Vereinbarkeit mit dem Unternehmenszweck

 

Unternehmensgegenstand der WWE ist unter anderem die Beteiligung an Unternehmen, die in den Bereichen Bezug, Transport und Verteilung von Strom, Gas, Wärme, Wasser, Abwasser, die Erzeugung von Strom und Wärme sowie allen dazugehörigen versorgungswirtschaftlichen Aufgaben unmittelbar oder mittelbar in der Region Westfalen Weser tätig sind. Vor diesem Hintergrund ist die WWE an der ESW beteiligt, welche weitere Beteiligungen hält.

 

Unternehmensgegenstand der ESW ist u.a.

  • die Erzeugung und der Verkauf von elektrischer-, thermischer- und sonstiger Energien, insgesamt als Nutzenergien bezeichnet, in rationeller und umweltschonender Weise in Kraftwerks- oder sonstigen Energieerzeugungs- und Nutzenergieanlagen;
  • der Bau und Betrieb von Anlagen der Kraft-Wärme-Kopplung und anderen Nutzenergieerzeugungsanlagen, -verteilungsanlagen, -speicheranlagen- und Energieeinsparanlagen;
  • die Erbringung mit dem Unternehmensgegenstand zusammenhängender, ergänzender Dienstleistungen.

Unternehmensgegenstand der GNR ist neben der Erzeugung, Verteilung und dem Verkauf von Wärme insbesondere zu Heizzwecken und zur Erwärmung von Brauchwasser auch der Betrieb von Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen. Diese Wärme wird insbesondere in Anlagen erzeugt, die zu einem überwiegenden Anteil nachwachsende Energieträger, wie z.B. Holz, als Brennstoff einsetzen.

 

Mit diesem Fokus der GNR auf die Wärmeversorgung bewegt sich die Beteiligung der ESW an der GNR innerhalb des Unternehmensgegenstands der WWE sowie der ESW.

 

 

 


Anlagen:

 

Anlage: Zusammenfassung Folien (PowerPoint-Präsentation)

 

 


Beschlussvorschlag:

 

1.            Der Rat der Stadt Brakel stimmt – vorbehaltlich der Nichtbeanstandung durch die Kommu-nalaufsicht – der Erhöhung der Beteiligung der Energieservice Westfalen Weser GmbH an der GNR Gesellschaft zur energetischen Nutzung nachwachsender Rohstoffe mbH durch Er-werb einer zusätzlichen Beteiligung am Stammkapital im Nennwert von 48.000 € (entspricht einer Erhöhung der Beteiligungsquote an der Gesellschaft von 33,33 % auf 50,0 %) zu.

 

2.            Falls sich aufgrund rechtlicher Beanstandungen durch die Urkundspersonen, die Aufsichtsbe-hörde oder das Registergericht sowie aus steuerlichen Gründen Änderungen des Gesell-schaftsvertrages der GNR Gesellschaft zur energetischen Nutzung nachwachsender Rohstoffe mbH bzw. Nahwärme Brakel GmbH als notwendig erweisen, erklärt sich der Rat der Stadt Brakel damit einverstanden, sofern hierdurch der wesentliche Inhalt des Gesellschaftsver-trages nicht verändert wird und kommunalrechtliche Belange nicht betroffen sind.

 

3.            Der Vertreter der Stadt Brakel in der Gesellschafterversammlung der Westfalen Weser Ener-gie GmbH & Co. KG wird bevollmächtigt und beauftragt, die Geschäftsführung der Westfalen Weser Energie GmbH & Co. KG zu ermächtigen und zu beauftragen, in der Gesellschafterver-sammlung der Energieservice Westfalen Weser GmbH den Beschlüssen zur Umsetzung der obigen Ratsbeschlüsse zuzustimmen und insbesondere die Geschäftsführung der Energieser-vice Westfalen Weser GmbH zu ermächtigen und zu beauftragen, die hierfür notwendigen Schritte umzusetzen, insbesondere den Anteilskaufvertrag abzuschließen.

 

 

 


Haushaltsrechtliche Auswirkungen: