Sachverhalt:
Das sicherlich bekannte stattliche Gebäude am Kirchplatz (Kath.
Vikarie St. Michael), hinter der Kath. Kirche St. Michael Richtung
Brunnenstraße gelegen, ist am 17.01.2024 in die Denkmalliste der Stadt Brakel
eingetragen worden.
Das Westfälische Amt für Denkmalpflege (LWL-Denkmalpflege/
Denkmalfachamt des Landschaftsverbandes) stellt nach fachlicher Überprüfung wie
folgt fest, dass es sich hierbei um ein Baudenkmal im Sinne des
Denkmalschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen (DSchG NRW) handelt:
Das
Pfarrhaus befindet sich im Zentrum von Brakel nördlich der Stadtpfarrkirche St.
Michael und Johannes der Täufer am Kirchplatz. Die Kirche geht im Kern auf das
Mittelalter zurück, erhielt aber erst Mitte des 19. Jahrhunderts ihren heutigen
Turm. Der Kirchplatz wird im Westen, Norden und Osten von einem Ring von Bauten
vornehmlich des 18. und 19. Jahrhunderts umfangen. Während letztere Bebauung
durch eine hohe Dichte und kleine Parzellen gekennzeichnet ist, wurde das
Pfarrhaus auf einem großzügigen Grundstück errichtet, auf dem sich auch der
Vorgängerbau befand, ein Pfarrhaus des 17. Jahrhunderts mit repräsentativem
Stufengiebel, das 1856 abgebrochen wurde (Heimat- und Verkehrsverein Brakel e.
V. (Hg.): Brakel in alten Ansichten. Zaltbommel, NL 1984, S. 51). Der
Urkatasterplan von 1831 zeigt, dass der zum Kirchplatz giebelständige
Vorgängerbau unmittelbar an die Platzkante gerückt war (siehe Umzeichnung in:
E. Kandler und J. Pilarska: Der „unterirdische“ Stadtplan – Thematische Karten
zur archäologischen Bestandserhebung, in: Archäologische Bestandserhebung in
Brakel. Köln 2006 (= Angemerkt. Beiträge zur Baugeschichte und Denkmalpflege
aus dem Institut für Baugeschichte und Denkmalpflege, Fakultät für Architektur,
FH Köln, 9), S. 33). Der zweigeschossige, ebenfalls giebelständige Neubau mit
Satteldach von 1860 ist hingegen weit zurückgerückt, so dass er mit seinem
rückwärtigen Giebel unmittelbar an die Brunnenstraße grenzt. Dennoch ist der
Bau mit seiner repräsentativen, spätklassizistischen Südfassade deutlich auf
die Kirche und den Kirchplatz bezogen. Die Putzfassade wird durch zwei
Sandsteingesimse zwischen Erd- und Obergeschoss gegliedert, ferner durch fünf
Achsen mit mit Sandsteingewänden mit Verdachungen gefassten Öffnungen. Die
mittlere Achse ist im Erdgeschoss durch die breitere Türöffnung betont. Die
Haustür wurde allerdings ebenso wie die Fenster im 20. Jahrhundert erneuert.
Die Betonung der Mittelachse setzt sich im Giebel fort in Form einer von zwei
kleineren Fensteröffnungen flankierten Nische mit rundbogigem oberen Abschluss
und darüber angeordnetem Dreiecksgiebel. In der Nische befindet sich heute eine
vergleichsweise kleine, polychrom gefasste Marienfigur mit Kind. Die übrigen
Fassaden sind ebenfalls durch gliedernde Gesimse zwischen Erd- und Obergeschoss
sowie achsensymmetrisch angeordnete Öffnungen mit Sandsteingewänden
gekennzeichnet. Die westliche Trauffassade weist eine nachträglich zu einer
Nebentür vergrößerte Fensteröffnung im Erdgeschoss auf. Die rückwärtige
Giebelfassade ist infolge des Geländes durch einen hohen Sockel gekennzeichnet.
Am
stärksten verändert ist die östliche Trauffassade. Deren nördlicher Hälfte
wurde 1911 ein eingeschossiger Anbau mit Satteldach vorgesetzt, in dem sich
Nebenräume befanden. Ausweislich der Bauantragszeichnung sollte sich der Anbau
mit einer horizontalen Gliederung und Fenstergewänden an die Gestaltung des
Pfarrhauses von 1860 anlehnen. Heute präsentieren sich die Fassaden in einer
überarbeiteten, reduzierten Form des 20. Jahrhunderts. An den Anbau wiederum
ist außerdem im 20. Jahrhundert im Osten noch ein Garagengebäude mit Flachdach
angebaut worden. Ausweislich des Bestandsplans von 1911 ist außerdem zumindest
die südliche Fensterachse der östlichen Pfarrhausfassade nachträglich entfernt
worden, was noch einmal im Bestand zu prüfen wäre.
Im
Inneren des Pfarrgebäudes sind die wesentlichen Grundrissstrukturen trotz
Sanierungsmaßnahmen des 20. Jahrhunderts bis heute ablesbar. Im Erdgeschoss
befinden sich die öffentlichen Räume. Vom Eingang gelangt man zunächst in einen
Mittelflur, an den beidseits ein Büroraum mit kleinem Nebenraum angrenzt (der
östliche Nebenraum ist heute zum Flur geöffnet als Garderobe und östlich ist
davon wiederum ein WC abgeteilt). Hinter den Nebenräumen folgt nördlich ein
sich über die gesamte Hausbreite erstreckender Querflur, in dem sich auch die
wohl bauzeitliche Holztreppe ins Obergeschoss befindet. Westlich ist
nachträglich ein kleiner Windfang abgeteilt worden. Auf der Ostseite befindet
sich der Zugang zum Anbau Die Raumflucht nördlich des Querflurs wird heute für
Besprechungen (Zusammenfassung zwei ehemals kleinerer Räume im Westen) und als
Teeküche (östlicher Raum) genutzt. Das Obergeschoss, das eine
Mittelflurerschließung besitzt, dient in erster Linie dem Wohnen. Ausweislich
der Fotos stammt die wandfeste Ausstattung jenseits der Treppe im Wesentlichen
aus dem 20. Jahrhundert. Neben dem Erd- und Obergeschoss umfasst die Nutzfläche
einen Keller- und einen Dachraum. Bei dem Keller handelt es sich um einen
gewölbtem Raum unter dem südlichen Teil des Pfarrhauses, der vom Querflur aus
zugänglich ist. Den Bildern nach dürfte der Keller vom Vorgängerbau übernommen
worden sein. Der Dachraum ist teilweise ausgebaut.
Das
im Jahr 1860 entstandene Pfarrhaus besitzt eine Bedeutung für die Geschichte
des Menschen, hier der Menschen in Brakel. Das Gebäude dokumentiert neben dem
neuen Kirchturm die umfangreichen Erneuerungen, die die Kirchengemeinde Mitte
des 19. Jahrhunderts hier im Stadtkern von Brakel vorgenommen hat. Der Neubau
schloss – wenn auch stärker von der Platzkante zurückgerückt – erkennbar an den
Vorgänger an. So nutzte er nicht nur den bestehenden Gewölbekeller. Vielmehr
wurde er wiederum als zum Kirchplatz giebelständiger Baukörper mit Satteldach
umgesetzt, der mit einem repräsentativen Schaugiebel auf den gegenüberliegenden
Kirchenbau reagierte. Auch der große Pfarrgarten, der die Parzelle von der
dicht bebauten Umgebung abhob, blieb als Freifläche bestehen.
Mit
seiner anspruchsvollen architektonischen Gestaltung ist das Gebäude überdies
ein aussagekräftiges Beispiel für die Architektur Mitte des 19. Jahrhunderts
(dies gilt insbesondere für die vergleichsweise gut überlieferten Fassaden).
Damit liegt ein wissenschaftlicher Grund für die Erhaltung und Nutzung vor. Im
Inneren vermitteln die in ihren wesentlichen Grundzügen erhaltenen
Grundrissstrukturen einschließlich Treppe einen Eindruck vom Leben und Arbeiten
in einem Pfarrhaus Mitte des 19. Jahrhunderts. Für die Erhaltung und Nutzung
sprechen ferner städtebauliche Gründe, weil das Gebäude ein wichtiger Teil des
Bebauungsringes am Kirchplatz rund um die als Denkmal eingetragene Kirche ist.
Der
Anbau von 1911 besitzt nach den späteren Sanierungen/Umbauten keine besondere
Ablesbarkeit mehr und sollte daher vom Denkmalumfang ausgenommen werden. Das
gleiche gilt für die wandfeste Ausstattung und die Einbauten des 20.
Jahrhunderts im Pfarrhaus.
Anlagen:
Haushaltsrechtliche
Auswirkungen: