Betreff
Eintragung des Objekts "Pfarrhaus Brakel", Kirchplatz 8, Brakel-Kernstadt, in die Denkmalliste der Stadt Brakel
Vorlage
0802/2020-2025
Art
Mitteilungsvorlage

Sachverhalt:

 

Das sicherlich bekannte stattliche Gebäude am Kirchplatz (Kath. Vikarie St. Michael), hinter der Kath. Kirche St. Michael Richtung Brunnenstraße gelegen, ist am 17.01.2024 in die Denkmalliste der Stadt Brakel eingetragen worden.

 

Das Westfälische Amt für Denkmalpflege (LWL-Denkmalpflege/ Denkmalfachamt des Landschaftsverbandes) stellt nach fachlicher Überprüfung wie folgt fest, dass es sich hierbei um ein Baudenkmal im Sinne des Denkmalschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen (DSchG NRW) handelt:

 

Das Pfarrhaus befindet sich im Zentrum von Brakel nördlich der Stadtpfarrkirche St. Michael und Johannes der Täufer am Kirchplatz. Die Kirche geht im Kern auf das Mittelalter zurück, erhielt aber erst Mitte des 19. Jahrhunderts ihren heutigen Turm. Der Kirchplatz wird im Westen, Norden und Osten von einem Ring von Bauten vornehmlich des 18. und 19. Jahrhunderts umfangen. Während letztere Bebauung durch eine hohe Dichte und kleine Parzellen gekennzeichnet ist, wurde das Pfarrhaus auf einem großzügigen Grundstück errichtet, auf dem sich auch der Vorgängerbau befand, ein Pfarrhaus des 17. Jahrhunderts mit repräsentativem Stufengiebel, das 1856 abgebrochen wurde (Heimat- und Verkehrsverein Brakel e. V. (Hg.): Brakel in alten Ansichten. Zaltbommel, NL 1984, S. 51). Der Urkatasterplan von 1831 zeigt, dass der zum Kirchplatz giebelständige Vorgängerbau unmittelbar an die Platzkante gerückt war (siehe Umzeichnung in: E. Kandler und J. Pilarska: Der „unterirdische“ Stadtplan – Thematische Karten zur archäologischen Bestandserhebung, in: Archäologische Bestandserhebung in Brakel. Köln 2006 (= Angemerkt. Beiträge zur Baugeschichte und Denkmalpflege aus dem Institut für Baugeschichte und Denkmalpflege, Fakultät für Architektur, FH Köln, 9), S. 33). Der zweigeschossige, ebenfalls giebelständige Neubau mit Satteldach von 1860 ist hingegen weit zurückgerückt, so dass er mit seinem rückwärtigen Giebel unmittelbar an die Brunnenstraße grenzt. Dennoch ist der Bau mit seiner repräsentativen, spätklassizistischen Südfassade deutlich auf die Kirche und den Kirchplatz bezogen. Die Putzfassade wird durch zwei Sandsteingesimse zwischen Erd- und Obergeschoss gegliedert, ferner durch fünf Achsen mit mit Sandsteingewänden mit Verdachungen gefassten Öffnungen. Die mittlere Achse ist im Erdgeschoss durch die breitere Türöffnung betont. Die Haustür wurde allerdings ebenso wie die Fenster im 20. Jahrhundert erneuert. Die Betonung der Mittelachse setzt sich im Giebel fort in Form einer von zwei kleineren Fensteröffnungen flankierten Nische mit rundbogigem oberen Abschluss und darüber angeordnetem Dreiecksgiebel. In der Nische befindet sich heute eine vergleichsweise kleine, polychrom gefasste Marienfigur mit Kind. Die übrigen Fassaden sind ebenfalls durch gliedernde Gesimse zwischen Erd- und Obergeschoss sowie achsensymmetrisch angeordnete Öffnungen mit Sandsteingewänden gekennzeichnet. Die westliche Trauffassade weist eine nachträglich zu einer Nebentür vergrößerte Fensteröffnung im Erdgeschoss auf. Die rückwärtige Giebelfassade ist infolge des Geländes durch einen hohen Sockel gekennzeichnet.

 

Am stärksten verändert ist die östliche Trauffassade. Deren nördlicher Hälfte wurde 1911 ein eingeschossiger Anbau mit Satteldach vorgesetzt, in dem sich Nebenräume befanden. Ausweislich der Bauantragszeichnung sollte sich der Anbau mit einer horizontalen Gliederung und Fenstergewänden an die Gestaltung des Pfarrhauses von 1860 anlehnen. Heute präsentieren sich die Fassaden in einer überarbeiteten, reduzierten Form des 20. Jahrhunderts. An den Anbau wiederum ist außerdem im 20. Jahrhundert im Osten noch ein Garagengebäude mit Flachdach angebaut worden. Ausweislich des Bestandsplans von 1911 ist außerdem zumindest die südliche Fensterachse der östlichen Pfarrhausfassade nachträglich entfernt worden, was noch einmal im Bestand zu prüfen wäre.

 

Im Inneren des Pfarrgebäudes sind die wesentlichen Grundrissstrukturen trotz Sanierungsmaßnahmen des 20. Jahrhunderts bis heute ablesbar. Im Erdgeschoss befinden sich die öffentlichen Räume. Vom Eingang gelangt man zunächst in einen Mittelflur, an den beidseits ein Büroraum mit kleinem Nebenraum angrenzt (der östliche Nebenraum ist heute zum Flur geöffnet als Garderobe und östlich ist davon wiederum ein WC abgeteilt). Hinter den Nebenräumen folgt nördlich ein sich über die gesamte Hausbreite erstreckender Querflur, in dem sich auch die wohl bauzeitliche Holztreppe ins Obergeschoss befindet. Westlich ist nachträglich ein kleiner Windfang abgeteilt worden. Auf der Ostseite befindet sich der Zugang zum Anbau Die Raumflucht nördlich des Querflurs wird heute für Besprechungen (Zusammenfassung zwei ehemals kleinerer Räume im Westen) und als Teeküche (östlicher Raum) genutzt. Das Obergeschoss, das eine Mittelflurerschließung besitzt, dient in erster Linie dem Wohnen. Ausweislich der Fotos stammt die wandfeste Ausstattung jenseits der Treppe im Wesentlichen aus dem 20. Jahrhundert. Neben dem Erd- und Obergeschoss umfasst die Nutzfläche einen Keller- und einen Dachraum. Bei dem Keller handelt es sich um einen gewölbtem Raum unter dem südlichen Teil des Pfarrhauses, der vom Querflur aus zugänglich ist. Den Bildern nach dürfte der Keller vom Vorgängerbau übernommen worden sein. Der Dachraum ist teilweise ausgebaut.

 

Das im Jahr 1860 entstandene Pfarrhaus besitzt eine Bedeutung für die Geschichte des Menschen, hier der Menschen in Brakel. Das Gebäude dokumentiert neben dem neuen Kirchturm die umfangreichen Erneuerungen, die die Kirchengemeinde Mitte des 19. Jahrhunderts hier im Stadtkern von Brakel vorgenommen hat. Der Neubau schloss – wenn auch stärker von der Platzkante zurückgerückt – erkennbar an den Vorgänger an. So nutzte er nicht nur den bestehenden Gewölbekeller. Vielmehr wurde er wiederum als zum Kirchplatz giebelständiger Baukörper mit Satteldach umgesetzt, der mit einem repräsentativen Schaugiebel auf den gegenüberliegenden Kirchenbau reagierte. Auch der große Pfarrgarten, der die Parzelle von der dicht bebauten Umgebung abhob, blieb als Freifläche bestehen.

 

Mit seiner anspruchsvollen architektonischen Gestaltung ist das Gebäude überdies ein aussagekräftiges Beispiel für die Architektur Mitte des 19. Jahrhunderts (dies gilt insbesondere für die vergleichsweise gut überlieferten Fassaden). Damit liegt ein wissenschaftlicher Grund für die Erhaltung und Nutzung vor. Im Inneren vermitteln die in ihren wesentlichen Grundzügen erhaltenen Grundrissstrukturen einschließlich Treppe einen Eindruck vom Leben und Arbeiten in einem Pfarrhaus Mitte des 19. Jahrhunderts. Für die Erhaltung und Nutzung sprechen ferner städtebauliche Gründe, weil das Gebäude ein wichtiger Teil des Bebauungsringes am Kirchplatz rund um die als Denkmal eingetragene Kirche ist.

 

Der Anbau von 1911 besitzt nach den späteren Sanierungen/Umbauten keine besondere Ablesbarkeit mehr und sollte daher vom Denkmalumfang ausgenommen werden. Das gleiche gilt für die wandfeste Ausstattung und die Einbauten des 20. Jahrhunderts im Pfarrhaus.

 


Anlagen:

 

 


Haushaltsrechtliche Auswirkungen: