Betreff
Änderung bei der Erhebung von Beiträgen für Erschließungs- und Straßenausbaumaßnahmen durch neue Gesetzgebungen und Fördermaßnahmen
Vorlage
0465/2020-2025
Art
Mitteilungsvorlage

Sachverhalt:

 

Für Arbeiten an Straßen kann eine Kommune Erschließungsbeiträge erheben, wenn es sich um die erstmalige, endgültige Herstellung handelt, oder Straßenausbaubeiträge bei Herstellung, Erweiterung und Verbesserung von Anlagen im Bereich von öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen. Für beide Bereiche gibt es jetzt weitreichende neue Gesetzgebungen und Regelungen, über die im Folgenden informiert werden soll.

 

Erschließungsbeiträge:

Zum 01.06.2022 trat in NRW das Dritte Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Baugesetzbuches in Nordrhein-Westfalen in Kraft. Mit diesem wurden u. A. auch gesetzliche Anschlussfristen für die Heranziehung zu Erschließungsbeiträgen eingeführt.

 

In diesem Gesetz heißt es, dass die Festsetzung von Erschließungsbeiträgen, unabhängig vom Entstehen der Beitragspflicht mit Ablauf des zehnten Kalenderjahres, das auf den Eintritt der Vorteilslage folgt, ausgeschlossen ist (§3 Abs.1). Für Beitragsbescheide, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens noch nicht bestandskräftig waren, und für Fälle, in denen die Vorteilslage im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetztes bereits besteht, beträgt die Frist 20 Jahre (§3 Abs. 2).

§ 3 Abs. 3 verlängert diese Ausschlussfristen bis Ende 2027, wenn sie nach Absatz 1 oder 2 mit Ablauf des Kalenderjahres zwischen 2022 und 2026 endet.

Zusätzlich wird festgelegt, dass ab dem Beginn der erstmaligen technischen Herstellung der Erschließungsanlage eine zusätzliche Ausschlussfrist von 25 Jahren gilt (§3 Abs. 4).

Vorausleistungen sind nur zu erstatten, wenn die Erschließungsanlage vor Ablauf der Ausschlussfrist nicht benutzbar war und nur in dem Umfang, in welchen sie den fiktiven endgültigen Erschließungsbeitrag übersteigen (§3 Abs. 5).

Wenn kein Erschließungsbeitrag auf Grund oben genannter Regelungen mehr erhoben werden kann, gelten diese Erschließungsanlagen als erstmalig hergestellt (§3 Abs. 6), es können dann also Straßenausbaubeiträge erhoben werden.

 

Die genauen Auswirkungen, die diese Gesetzesänderung auf die Finanzen der Stadt Brakel hat, kann derzeit nur geschätzt werden. Für welche Erschließungsanlagen die neuen Fristen greifen könnten, ist eine Einzelfallfrage.

Nach derzeitigem Verständnis tritt die Vorteilslage ein, sobald die Straße erstmalig endgültig hergestellt ist entsprechend der Satzung, dem technischen Ausbauprogramm und dem konkreten Bauprogramm, welches im Einzelfall festgelegt wird. Die mangelnde Erfüllung rechtlicher Voraussetzungen, z.B. eine fehlende Widmung, steht dem Eintritt der Vorteilslage nicht entgegen. Ab diesem Zeitpunkt beginnt die Zehn-Jahres-Frist laut Absatz 1.

Die Frage, die sich hier stellt, ist, ob die Vorteilslage bereits eingetreten ist, wenn das zugehörige Bauprogramm z.B. beklagt wird. Viele Details dieser Regelung sind nicht so eindeutig bestimmbar, wie man es beim ersten Lesen vermuten würde. Trotzdem sind die unmittelbaren Auswirkungen dieses Absatzes für Brakel überschaubar, da es nach einer ersten Analyse nur einzelne Fälle gibt, bei denen die Zehn-Jahres-Frist – je nach Auslegung dieses Absatzes durch die Gerichte - greifen könnte.

Anders verhält es sich bei §3 Abs. 4. In Brakel, genau wie in vielen anderen Kommunen, ist es Usus, in Neubaugebieten eine Baustraße anzulegen, die so lange nicht endgültig hergestellt wird, bis alle oder zumindest fast alle Bauplätze bebaut sind. Damit soll vermieden werden, dass neu hergestellte Straßen direkt durch Bauverkehr mit Schwerlasttransporten beschädigt werden. Gerade auf den Dörfern werden aber nicht alle Bauplätze innerhalb weniger Jahre verkauft, so dass hier schnell bis zu 25 Jahre vergehen können, bis Straßen endgültig hergestellt werden. Die Verwaltung analysiert gerade, welche Baumaßnahmen priorisiert werden sollten, um Verjährungen möglichst zu entgehen. Außerdem wird auch das zukünftige Vorgehen besprochen, um in der Zukunft dieses Problem nicht mehr aufkommen zu lassen.

Ein weiterer Aspekt, der noch unklar ist, ist die rechtliche Lage von Straßen im Außengebiet, die durch Bebauungspläne zum Innenbereich werden. Diese Straßen sind in fast allen Fällen seit mehr als 25 Jahren erstmalig technisch hergestellt und oftmals seit Jahrzehnten als Wirtschaftswege in Benutzung. Unterliegen diese automatisch der Ausschlussfrist (§3 Abs.4) oder sind sie als Provisorium anzusehen, für welches diese Frist nicht greift? Hier ist die Gesetzgebung nicht klar.

Die ersten Gerichtsurteile, die sich mit dieser neuen Gesetzesänderung befassen, dürften nicht nur in Brakel mit Spannung erwartet werden.

 

Straßenausbaubeiträge:

Der Runderlass „Förderrichtlinie Straßenausbaubeiträge“ vom 3. Mai

2022 wurde am 11.5.2022 im Ministerialblatt Ausgabe 2022 Nr. 21 vom

11.5.2022 veröffentlicht. Er ist am 12.5.2022 in Kraft getreten.

 

Wesentliche Neuregelungen sind:

1)      Das Land übernimmt zu 100 % die Straßenausbaubeiträge, die nach der Satzung der Gemeinde von den Beitragspflichtigen zu erheben sind.

2)      Bereits erteilte Bewilligungen auf der Grundlage einer Förderung in Höhe von 50 % werdenvon Amts wegen auf 100 % erhöht. Die Gemeinden erhalten diesbezüglich einen weiteren Bescheid der NRW.BANK.

3)      Verlängerung der Gültigkeitsdauer der Förderung bis Ende 2026.

 

Die Voraussetzungen, damit eine Straßenausbaumaßnahme gefördert werden kann, sind überschaubar: Die Beiträge dürfen noch nicht bestandskräftig festgesetzt worden sein und die Ausbaumaßnahme darf durch den Rat ab dem 01. Januar 2018 beschlossen worden sein oder erstmals im Haushalt (Wirtschaftsplan) des Jahres 2018 stehen.

 

Hiermit hat das Land NRW Straßenausbaubeiträge faktisch abgeschafft. Die Anteile der Anlieger müssen zwar weiter berechnet werden, sie erhalten auch einen Bescheid mit der Veranlagungssumme, die auf Ihr Grundstück entfällt, allerdings mit dem Hinweis, dass die zu zahlende Summe 0,00€ ist dank der Förderung des Landes. Verwaltungstechnisch sollte sich hier also erstmal nicht viel ändern, bis auf die zusätzliche Beantragung der Förderung.

Bisher hat die Stadt Brakel für eine Maßnahme die Förderung des Landes NRW erhalten, damals betrug diese Förderung noch 50%. Diese Förderung wird auf 100% aufgestockt, so dass die Anwohner ihren Anteil zurückerhalten. Der Verwaltungsaufwand sollte sich auch hier glücklicherweise im Rahmen halten, da zumindest nach jetzigem Stand die damaligen Beitragspflichtigen nicht verzogen sind, und damit relativ unkompliziert angeschrieben werden können zur Klärung der Rückzahlung.

 

Die hier vorgestellten Änderungen wurden auch im Arbeitskreis „Stadtstraßen und Wirtschaftswege“ präsentiert und analysiert. Änderungen am Straßen- und Wegekonzept der Stadt Brakel wurden vorgenommen, um die positiven Auswirkungen der neuen Gesetzeslage bestmöglich zu nutzen, während die negativen Konsequenzen soweit möglich abgeschwächt werden.

 


Anlagen:

-      GV. NRW. Ausgabe 2022 Nr. 26 vom 6.5.2022 Seite 661 bis 710 - RECHT.NRW.DE

-      MBl. NRW. Ausgabe 2022 Nr. 21 vom 11.5.2022 Seite 375 bis 394 - RECHT.NRW.DE

-      Präsentation des neuen Straßen- und Wegekonzeptes, beschlossen im Arbeitskreis „Stadtstraßen und Wirtschaftswege“

 


Haushaltsrechtliche Auswirkungen:

Durch die Fristen, die für die Erhebung von Erschließungsbeiträgen gesetzt werden, kann der Haushalt belastet werden.

Die Förderung der Anliegeranteile für Straßenausbaumaßnahmen hat keine Auswirkungen auf den Haushalt, da die Stadt den eigenen Anteil weiter zu leisten hat.