Sachverhalt:

 

Die technische Herstellung erfolgte in den Jahren 1989/1990 bzw. 2010/2011. Der erste Bauabschnitt, der den Hauptstraßenzug und den Abzweig in nördliche Richtung u.a. zum Gartencenter Meckelburg umfasst, wurde gem. dem für diesen Bereich bestandskräftigen B-Plan Nr. 6 endgültig hergestellt.

Der zweite Bauabschnitt, den der Abzweig in südliche Richtung im Bereich der Firmen Becker und Erkeling bildet, erfolgte aufgrund des vom Bauausschuss in der Sitzung am 15.08.2007 beschlossenen und der Sitzung am 18.06.2008 nochmal bestätigten Ausbauplans. Der vollständige Ausbau der Straße "Am Königsfeld" wurde im Jahr 2011 abgeschlossen. Die derzeit streitige Veranlagung wurde im Sommer 2016 durchgeführt.

 

Gegen die Beitragsbescheide vom 29.07.2016 haben acht Beitragspflichtige beim Verwaltungsgericht Minden Klage eingereicht.

Ebenfalls hatte ein Beitragspflichtiger gegen die 3. Änderung mit teilweiser Aufhebung des B-Plans Nr. 6 geklagt. Hier wurde im Rahmen des Normenkontrollverfahrens festgestellt, dass die Nutzungseinschränkungen nicht gerechtfertigt sind. Durch diese Feststellung wurde die 3. Änderung des B-Plans Nr. 6 vom Oberverwaltungsgericht für das Land NRW als unwirksam erklärt. Somit kann die 3. Änderung mit teilweiser Aufhebung des B-Plans Nr. 6 nicht Grundlage für die Veranlagung sein und bringt mit sich, dass aufgrund des derzeitigen Sachstandes die sachliche Beitragspflicht gem. § 133 Abs. 2 BauGB nicht vorliegt. Denn gem. § 125 Abs. 1 BauGB ist der Bebauungsplan Voraussetzung für die Herstellung der Erschließungsanlage. Ein Auszug aus der unwirksamen 3. Änderung des B-Plans Nr. 6 befindet sich im Anhang.

 

Das Veranlagungsverfahren kann bis zur mündlichen Verhandlung der letzten Tatsacheninstanz durch den nachträglichen Erlass eines den Ausbau festsetzenden Bebauungsplans gem. § 125 Abs. 1 BauGB oder durch eine Abwägungsentscheidung nach § 125 Abs. 2 BauGB geheilt werden. Der nachträgliche Erlass einer Änderung des B-Plans Nr. 6 ist bis zur mündlichen Verhandlung zeitlich nicht möglich und kommt damit hier nicht in Betracht.

Bei der Abwägungsentscheidung handelt es sich um einen gemeindeinternen Vorgang, für den das Gesetz kein bestimmtes förmliches Verfahren vorschreibt. Dieser Vorgang kann jederzeit nachgeholt werden und in diesem Fall die Herstellungsarbeiten nachträglich legitimieren (s. OVG NRW, Urt. v. 11.02.2016 15 A 2407/14).

 

 

Abwägungserfordernis

Ein B-Plan (Nr. 6) besteht lediglich für den Hauptzug und den nördlich abzweigenden Straßenteil. Dieser B-Plan Nr. 6 wurde am 29.09.98 vom Rat der Stadt Brakel gem. § 10 BauGB als Satzung beschlossen.

 

Für den anderen Teil der Erschließungsanlage gilt durch die Unwirksamkeitserklärung der 3. Änderung mit teilweiser Aufhebung des B-Plan Nr. 6 die 1. Änderung des B-Plans Nr. 6. Die 1. Änderung des B-Plans Nr. 6 kann jedoch nicht als Grundlage zur Entstehung der Beitragspflicht herangezogen werden, da hier den Ausbau betreffend eine Planüberschreitung bzw. Planunterschreitung vorhanden ist. Dies wurde im Gerichtsverfahren der bereits 2011 durchgeführten Veranlagung festgestellt. Somit wurden die 2011 bei der Veranlagung angefochtenen Bescheide zurückgenommen. Zur Übersicht über die Straßenabschnitte befindet sich im Anhang ein Kartenausschnitt.

 

Die 2. Änderung des B-Plans Nr. 6 betrifft die Umsetzung des Einzelhandelskonzepts der Stadt Brakel und die Neuregelung der Zulässigkeit von Einzelhandelsbetrieben im Geltungsbereich des B-Plans Nr. 6. Damit ist sie nicht für die Erschließung relevant.

 

Die weiteren Voraussetzungen sind gegeben. Der Rat hat in seiner Sitzung am 15.09.2011 die Satzung über die Festsetzung der Merkmale der endgültigen Herstellung der Erschließungsanlage beschlossen. Die Satzung sowie die Widmung wurden am 29.09.2011 in dem Amtsblatt "Brakel Erleben" öffentlich bekannt gemacht.

 

Somit bedarf es zur Feststellung der Rechtmäßigkeit der Herstellung der Straße "Am Königsfeld" eine planersetzende Abwägung im Sinne des § 125 Abs. 2 BauGB, ob die Straße den Anforderungen des § 1 Abs. 4 bis 7 BauGB entspricht.

 

 

Abwägungsvorgang

Abwägung im Sinne des § 125 Abs. 2 BauGB bedeutet, entsprechend dem in § 1 Abs. 7 BauGB normierten Gebot, alle von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Die Ziele der Raumordnung nach § 1 Abs. 4 BauGB stehen dem Straßenbau nicht entgegen und die Straße dient auch der nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung, wie sie in § 1 Abs. 5 BauGB vorgegeben ist.

 

Zu den wesentlichen inhaltlichen Kriterien der bebauungsplanersetzenden Abwägung nach § 125 Abs. 2 BauGB gehört die Aussage der Funktion und Leistungsfähigkeit der Straße in der ausgebauten Form.

Der südliche Abzweig der Straße "Am Königsfeld" ist in erster Linie dazu bestimmt, den Verkehr zu den Flurstücken 186, 131, 130 und 25 (Brakel, Flur 51) abzuwickeln und ist zur Erschließung dieser Grundstücke notwendig.

 

Die Erschließungsstraße konnte aufgrund von Grunderwerbsproblemen im Bereich der Flurstücke 182, 183 und 184 (Gemarkung Brakel, Flur 51) nicht, wie in der 1. Änderung des B-Plan vorgesehen, umgesetzt werden. Sie wurde an den tatsächlichen und eigentumsmäßig gesicherten Bestand angepasst (statt 8 Meter ist es eine 7 Meter breite Verkehrsfläche). Auch im anschließenden Wendebereich ist die Verkehrsfläche geringer, als in der 1. Änderung des B-Plans Nr. 6 vorgesehen, aber bringt keine Schwierigkeit mit sich den anschließenden Wirtschaftsweg zu befahren.

 

Entgegenstehende Belange des Kataloges in § 1 Abs. 6 sind nicht ersichtlich.

Hinsichtlich der Abwägung mit den privaten Belangen wird darauf hingewiesen, dass die Eigentümer bzw. allgemein die Einwohner der Stadt Brakel in die Straßenbaumaßnahme einbezogen wurden. Der Ausbauplan wurde in der Einwohnerversammlung am 13.08.2007 vorgestellt. Den Termin der Einwohnerversammlung hat der Rat in seiner Sitzung am 19.06.2007 festgesetzt und wurde im damaligen Amtsblatt "Brakel Extra" am 09.08.2007 öffentlich bekanntgegeben. Nach der Vorstellung der Planung hatten die Bürger Gelegenheit sich zu den Absichten der Gemeinde zu äußern.

 

Der Plan wurde von Frau Dipl.-Ing. Turk vorgestellt und Sie hat darauf hingewiesen, dass es Ziel ist eine konfliktfreie Ausgestaltung mit einer nach erfolgten Fahrversuchen (Fahrzeuge der Firma Erkeling) dimensionierten Fahrbahn herbeizuführen und die Straße mit einer Wendeanlage abzuschließen. Zudem hat sie darauf hingewiesen, dass eine ordnungsgemäße Straßenentwässerung derzeit nicht gewährleistet war.

 

Im Rahmen der Diskussion wurde folgendes aufgegriffen:

Der Wendehammer sei unbedingt erforderlich, da der Ausbau nur so dem Stand der Technik/den Vorschriften auch hinsichtlich der Machbarkeit der parallel laufenden 1. Änderung des B-Plans Nr. 6 entspreche. (Wie oben erwähnt, kann die 1. Änderung des B-Plans Nr. 6 jedoch nicht als Grundlage für den Ausbau herangezogen werden.)

 

Die Anwendung der aktuellen Empfehlung für die Anlage von Erschließungsstraßen kann nicht flächendeckend erfolgen, da sonst vertretbare Dimensionen gesprengt würden, hier die Kostenminimierung durch eine Orientierung am Bestand. Zudem ist der anschließende Wirtschaftsweg nach entsprechenden Fahrversuchen hinreichend dimensioniert. Die Niederschrift der Einwohnerversammlung befindet sich in der Anlage.

 

Negative Betroffenheit von Anliegern, welche zu berücksichtigen wäre, ist nicht ersichtlich.

 

Der Ausbauplan wurde nach der Einwohnerversammlung in der Bauausschusssitzung am 15.08.2007 beschlossen und erneut in der Sitzung am 18.06.2008 bestätigt.

 

 

Auch bei der Aufstellung der 3. Änderung mit teilweiser Aufhebung des B-Plans Nr. 6 wurde die Öffentlichkeit beteiligt. Hier gab es nur den Einwand von einem Anlieger, der unter dem Punkt Einwohnerversammlung s. o. bereits genannt wurde, Dimensionierung des Kurvenverlaufs vom hergestellten Wendehammer zum folgenden Wirtschaftsweg. (Anlage Beschlussvorlage Nr. 152/2014-2020, Niederschriften der Bauausschuss- und Ratssitzung, Stellungnahme des Anliegers) Die weiteren Stellungnahmen betreffen die Teilaufhebung und sind damit für die Erschließungsanlage nicht relevant.

Bei der durchgeführten Einwohnerversammlung am 08.09.2014 zur Aufstellung der 3. Änderung mit teilweise Aufhebung des B-Plans Nr. 6 wurde auch nur eine Anregung für die angestrebte Planaufhebung vorgebracht. Die Niederschrift der Einwohnerversammlung befindet sich im Anhang.

Bei der Aufforderung der anderen Städte des Kreises Höxter und sonstigen Träger öffentlicher Belange hat nur die Westfalen Weser Netz AG, Höxter eine Anregung vorgebracht. Diese Anregung ist ebenfalls nicht für die Erschließungsanlage relevant. (s. Anlage Stellungnahme Westfalen Weser Netz)

 

Des Weiteren hat das OVG NRW in den Urteilen zum Normenkontrollverfahren vom 25.09.2017 –Az. 2 D 18/16.NE, Az. 2 D 19/16.NE und Az. 2 D 20/16.NE– deutlich gemacht, dass die in der dritten Änderung festgesetzte Erschließungssituation unter den Abwägungsgesichtspunkten ebenfalls grundsätzlich nicht zu beanstanden ist. Das Urteil mit dem Az. 2 D 18/16.NE befindet sich auch in der Anlage.

 

Im Ergebnis erweist sich die vom beauftragten Fachplaner vorgelegte Planung als eine sachgerechte, sowohl in städtebaulichen als auch den privaten Interessen ausreichend Rechnung getragene Grundlage für den Straßenbau nach § 1 Abs. 7 BauGB.

 

Der Kreis Höxter hat am 15.01.2015 schriftlich bestätigt, dass nach Prüfung aller vom Kreis Höxter zu vertretenden Belange keine Anregungen zu der 3. Änderung des B-Plans Nr. 6 vorzubringen sind. (s. im Anhang Bestätigung Kreis Höxter)

Die Verkehrsflächen sowie die weiteren Flächen im Geltungsbereich der für unwirksam erklärten 3. Änderung des B-Plans Nr. 6 sind weder als Landschaftsschutzgebiet festgesetzt noch sind sie im Landesbiotopkataster des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW verzeichnet. Besonders gesetzlich geschützte Biotope (§ 62 LG NRW), FFH – oder Vogelschutzgebiets-, Naturschutzgebietsflächen oder sonstige ökologisch schutzwürdige Flächen (z.B. geschützte Landschaftsbestandteile) sind hier nicht betroffen. Naturdenkmale liegen ebenfalls nicht in diesem Bereich und in unmittelbarer Umgebung.

 

Weitere abwägungsrelevante Belange sind nicht ersichtlich.

 

Somit entspricht die Herstellung der Straße "Am Königsfeld" aus städtebaulicher und verkehrsplanerischer Sicht den Vorgaben des § 1 Abs. 4 bis 7 BauGB.

 

 

Zusammenfassung

Bei Straßen, für die nach § 127 Abs. 1 BauGB Erschließungsbeiträge (erstmalige Herstellung von Erschließungsanlagen) erhoben werden, sind bebauungsplanersetzende Beschlüsse des Rates der Stadt gem. § 125 Abs. 2 BauGB notwendig, wenn ein B-Plan nicht vorliegt. Nur damit kann eine rechtssichere Erhebung von Erschließungsbeiträgen durchgeführt werden.

Daher ist der bebauungsplanersetzende Beschluss des Rates in diesem Fall erforderlich.

 


Anlagen:

 

1.    Auszug aus der 3. Änderung mit teilweiser Aufhebung des B-Plan Nr. 6

2.     Urteil v. OVG NRW – 15 A 2407/14

3.     Kartenausschnitt "Am Königsfeld" (Bebauungsplanabschnitt

4.    Niederschrift der Einwohnerversammlung zur Ausbauplanvorstellung vom 13.08.2007

5.    Beschlussvorlage Nr. 152/2014-2020 für den Betriebsausschuss und Rat vom 21.01.2015

6.     Niederschrift der Bauausschusssitzung vom 05.02.2015

7.     Niederschrift der Ratssitzung vom 10.02.2015

8.     Stellungnahme eines Anliegers

9.    Niederschrift der Einwohnerversammlung zur Aufstellung der 3. Änderung mit teilweiser Aufhebung des B-Plans Nr. 6 vom 08.09.2014

10.     Stellungnahme der Westfalen Weser Netz AG, Höxter

11.     Urteil v. OVG NRW – 2 D 19/16.NE

12.     Bestätigung Kreis Höxter


Beschlussvorschlag:

 

Es wird festgestellt, dass der Ausbau der Straße "Am Königsfeld" den Anforderungen des § 1 Abs. 4 bis 7 BauGB entspricht und die Erschließung der anliegenden Grundstücke sichergestellt ist.