Betreff
Vergabe Gaskonzession: Beschluss der Auswahlkriterien
Vorlage
297/2014-2020
Art
Beschlussvorlage

Sachverhalt:

 

Zum 31.12.2016 läuft der derzeit mit der RWE Deutschland AG bestehende Gaskonzessionsvertrag aus. Dies hat die Stadt Brakel am 19. Dezember 2014 gem. § 46 Abs. 3 Satz 1 EnWG im Bundesanzeiger bekannt gemacht, woraufhin die Bewerber Ihr Interesse an der Teilnahme an der Ausschreibung bekunden konnten. Im Anschluss daran wurden den Interessenten die kalkulatorischen und wirtschaftlichen Netzdaten zur Verfügung gestellt.

 

Zur Wahrung der Rechtssicherheit in diesem überaus komplexen Verfahren hat die Stadt Brakel das Angebot zur juristischen Begleitung des Gaskonzessionsverfahrens durch die Kanzlei Boos Hummel & Wegerich, Berlin angenommen. Dies ist eine auf das Energiewirtschaftsrecht spezialisierte Sozietät von Anwälten und unterstützt ebenso die Städte Borgentreich und Willebadessen bei deren Ausschreibungen im Bereich Energie. Der Schwerpunkt der Kanzlei liegt in der Beratung von Kommunen und kommunalen Unternehmen, derzeit werden 30 Mandanten in laufenden Konzessions- und Netzübernahmeverfahren betreut.

 

Im weiteren Verfahren sind nunmehr die Auswahlkriterien für die Vergabe der Gaskonzession zu beschließen. Hierzu wird zur Erläuterung und zu den Anforderungen an die Erfüllung der einzelnen Kriterien auf folgendes hingewiesen:

 

Um die Anforderungen der aktuelle Rechtsprechung bei der Aufstellung von Auswahlkriterien Rechnung zu tragen, wurden die Ziele des § 1 EnWG, also die Gewährleistung einer möglichst preisgünstigen, verbraucherfreundlichen, effizienten und umweltverträglichen leitungsgebundenen Versorgung der Allgemeinheit mit Gas, die zunehmend auf erneuerbaren Energien beruht, entsprechend hoch gewichtet und hierzu jeweils Unter- und Unterunterkriterien gebildet, die einzeln gewichtet sind. Hierdurch wird zugunsten der Bieter ein Höchstmaß an Verfahrenstransparenz erzeugt.

 

Das wesentliche Ziel der Stadt Brakel ist entsprechend der aktuellen Rechtsprechung sowie den Vorgaben aus § 46 Energiewirtschaftsgesetz die Sicherstellung der Ziele des § 1 EnWG durch den künftigen Netzbetrieb des Bewerbers.

 

Von maßgeblicher Bedeutung ist hierbei aus Sicht der Stadt die Sicherheit des Netzbetriebs (Ziffer 1.1). Es soll möglichst zu jeder Zeit und in jeder Lastsituation eine vollumfängliche Gasversorgung sichergestellt sein. Dazu muss das Netz vom künftigen Netzbetreiber zuverlässig betrieben werden. Der Bewerber muss plausibel darstellen, mit welchen konkreten Maßnahmen und Mitteln er Versorgungsunterbrechungen im Konzessionsgebiet möglichst weitgehend vermeiden wird. Zur Plausibilisierung seiner Angaben soll er den Netzbetrieb und die Ausfallzeiten in seinem bisherigen Netzgebiet erläutern. Dennoch eintretende Störungen sollen aus Sicht der Stadt so zügig wie möglich beseitigt werden. Auch hier ist darzustellen, mit welchen Maßnahmen und Mitteln der Bewerber dies jeweils erreichen wird. Die Zuverlässigkeit der Versorgung hängt aus Sicht der Stadt auch und ganz wesentlich davon ab, dass hinreichende Investitionen in das Netz erfolgen. Der Bewerber soll insoweit darstellen, welche Investitionsstrategie er verfolgt, um im Konzessionsgebiet eine bestmögliche Netzverfügbarkeit zu gewährleisten. Für die Zuverlässigkeit der Versorgung ist es auch erforderlich, dass die bestehenden Netzanlagen so instandgehalten werden, dass Netzausfälle zu jeder Zeit möglichst vermieden werden. Der Bewerber soll daher auch die Instandhaltungsstrategie darstellen. Die Sicherheit des Netzbetriebs wird aber nicht nur durch eine zuverlässige Versorgung gewährleistet. Aus Sicht der Stadt ist es auch wichtig, dass von den Netzanlagen keine Gefahren ausgehen. Der Bewerber soll daher plausibel darstellen, welche Sicherheitsvorkehrungen er zur Vermeidung von Schadensereignissen ergreifen wird.

 

Es soll ein möglichst preisgünstiger Netzbetrieb (Ziffer 1.2) in der Stadt Brakel erfolgen. Dabei können nur die Preise berücksichtigt werden, die vom Bewerber als Netzbetreiber beeinflussbar sind, also die Netzentgelte, Baukostenzuschüsse und Hausanschlusskosten. Die Netzentgelte machen dabei einen erheblichen Teil der Kosten für Endverbraucher aus und sollen daher möglichst niedrig sein. Auch die Erstellung von neuen Hausanschlüssen soll für Anschlussnehmer so preisgünstig wie möglich erfolgen. Ferner sollen möglichst niedrige Baukostenzuschüsse anfallen. Der Bewerber soll eine Prognose der zu erwartenden Netzentgelte, Baukostenzuschüsse und Hausanschlusskosten für die Laufzeit des Konzessionsvertrags in Euro abgeben und diese durch Angabe seiner jetzigen Preise plausibilisieren, wobei konkrete Beträge in Euro bei den Netzentgelten nur für die laufende und folgende Regulierungsperiode anzugeben sind.

 

Der Netzbetrieb soll möglichst verbraucherfreundlich (Ziffer 1.3) erfolgen. Der Bewerber soll für alle netzrelevanten Fragen möglichst umfassend über Fernkommunikationsmittel, wie die Internetpräsenz, E-Mail und Telefon erreichbar sein. Der Netzbetreiber soll aber auch für ein persönliches Gespräch mit einem Kundenberater örtlich gut erreichbar sein, so dass die Wege für die Kunden so kurz wie möglich gehalten werden können. Der Bewerber soll alle geplanten Maßnahmen darstellen, die eine möglichst zügige Bearbeitung von Netzanschlussbegehren sowie eine möglichst zügige Bearbeitung von Kundenbeschwerden zugunsten der Netzkunden gewährleisten, um Wartezeiten so weit wie möglich zu vermeiden. Der künftige Netzbetreiber soll die Netzkunden über alle netzrelevanten Themen zudem möglichst umfassend informieren.

 

Der Netzbetrieb soll effizient (Ziffer 1.4) durchgeführt werden. Hierbei spielt zunächst der regulatorischen Effizienzwert des Unternehmens eine Rolle. Dieser ist aber nicht allein aussagekräftig. Vielmehr soll der Bewerber alle betrieblichen Maßnahmen darstellen, durch welche er einen möglichst kosteneffizienten Betrieb des Gasnetzes erreichen will.

 

Der Netzbetrieb soll umweltverträglich (Ziffer 1.5) ausgestaltet werden. Der künftige Netzbetreiber soll darauf achten, dass bei allen Maßnahmen der Errichtung und des Betriebs des Netzes umweltfreundliche Materialien verwendet werden. Bei der Verlegung von Leitungen soll der Baumbestand so weit wie möglich geschont werden. Der künftige Netzbetreiber soll zudem Maßnahmen treffen, um die im Rahmen seiner Tätigkeit anfallenden CO2-Emissionen soweit wie möglich zu vermeiden.

 

Der künftige Netzbetrieb soll schließlich unter Berücksichtigung des zunehmenden Beruhens der Gasversorgung auf erneuerbaren Energien (Ziffer 1.6) erfolgen. Aus Sicht der Stadt Brakel ist es daher wichtig, dass Netzkunden eine möglichst umfassende Beratung zu Netzanschlussfragen von Anlagen zur Einspeisung von Gas aus erneuerbaren Energien erhalten. Die Umsetzung der Energiewende stellt zudem gerade die Verteilnetzbetreiber vor Herausforderungen, da sie in der Pflicht sind, die Gaseinspeisungsanlagen vor Ort an ihr Netz anzuschließen. Der Bewerber soll daher darlegen, welche Strategie zur Netzintegration der Gaseinspeisungsanlagen er langfristig verfolgt, um mit der zunehmenden Gaseinspeisung aus erneuerbaren Energien angemessen umzugehen.

 

Die Stadt Brakel hat ein hohes Interesse daran, dass die Erfüllung der Ziele des § 1 EnWG über die gesamte Vertragslaufzeit effektiv sichergestellt wird. Zu diesem Zweck soll sie während der Vertragslaufzeit Einfluss (Ziffer 2) auf die Durchführung des Netzbetriebs durch den Bewerber nehmen können. Hierzu ist es zunächst erforderlich, dass ihr vertragliche Informationsrechte eingeräumt werden, die es ihr ermöglichen, möglichst umfassend Auskunft über die mit der Durchführung des Netzbetriebs zusammenhängenden Maßnahmen des Netzbetreibers zu erlangen. Vor dem Hintergrund der angestrebten langen Vertragslaufzeit sollen Nachverhandlungsrechte der Stadt bestehen, um bei Änderungen der rechtlichen Rahmenbedingungen gegebenenfalls notwendige Anpassungen vornehmen zu können. Die Nachverhandlungsrechte dürfen allerdings nicht die Möglichkeit einer Änderung des Leistungsgegenstandes oder einer Anpassung der Hauptleistungspflichten des Konzessionsvertrages beinhalten. Zudem sollen möglichst umfassend vertragliche Konsultationsrechte bestehen, um der Stadt die Möglichkeit einzuräumen, netzbetriebsrelevante Fragen gemeinsam mit dem Netzbetreiber zu erörtern. Schließlich sollen möglichst umfassende vertragliche Mitwirkungsrechte zugunsten der Stadt bestehen.

 

Der Netzbetrieb berührt die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft in vielerlei Hinsicht. Der Konzessionsvertrag muss daher Regelungen vorsehen, welche die Rechte und Pflichten der Vertragspartner regeln und neben den Belangen des Netzbetreibers auch auf die Belange der örtlichen Gemeinschaft angemessen Rücksicht (Ziffer 3) nehmen.

 

Der Netzbetreiber ist im Rahmen seiner Tätigkeit darauf angewiesen, die Straßen und Wege der Stadt für den Bau und Betrieb von Netzanlagen zu nutzen. Bau und Betrieb der Netzanlagen gehen mit Baumaßnahmen (Ziffer 3.1) einher. Die Stadt Brakel hat ein Interesse daran, dass die mit Bauarbeiten einhergehenden Beeinträchtigungen für die Allgemeinheit möglichst gering ausfallen. Daher sollen Baumaßnahmen möglichst weitgehend mit der Stadt abgestimmt werden. Bei Erdarbeiten sollen die Oberflächen nach Abschluss der Arbeiten zustandsgerecht wiederhergestellt werden. Der Netzbetreiber soll eine effektive Gewährleistung für die wiederhergestellten Oberflächen übernehmen. Soweit wie möglich, soll ein Abbau störender stillgelegter Leitungen erfolgen. Generell soll der Netzbetreiber Straßenaufbrüche soweit wie möglich vermeiden.

 

Der Konzessionsvertrag muss Regelungen für das Vertragsende (Endschaftsregelungen, Ziffer 3.2) vorsehen. Die Endschaftsregelungen sollen der Stadt Brakel vor Vertragsende die erneute Durchführung eines Konzessionsverfahrens mit möglichst hoher Wettbewerberanzahl ermöglichen. Hierfür ist es zunächst erforderlich, dass die Stadt vom Netzbetreiber möglichst umfassende Informationen über die technische und wirtschaftliche Situation des Netzes erhält, die sie den Wettbewerbern zur Verfügung stellen kann. Darüber hinaus ist es erforderlich, dass die Endschaftsregelungen eine möglichst einfache und rechtssichere Netzübernahme im Falle eines Wechsels des Konzessionärs vorsehen. Der Eigentumsübertragungsanspruch soll daher umfassend sein und alle zur Versorgung notwendigen Verteilungsanlagen umfassen. Die Vergütung für die Netzübernahme soll so bemessen sein, dass das Netz nach der Netzübernahme wirtschaftlich betrieben werden kann. Die Regelungen zur Entflechtung sollen eine möglichst einfache Netzentflechtung ermöglichen, die den Interessen des abgebenden und übernehmenden Netzbetreibers angemessen Rechnung trägt.

 

Die Stadt erwartet, dass der Netzbetreiber die in § 3 Abs. 1 KAV vorgesehenen Nebenleistungen (Ziffer 3.3) möglichst umfassend gewährt.

 

Der Konzessionsvertrag soll mit einer Laufzeit (Ziffer 3.4) von 20 Jahren geschlossen werden. Außerdem soll der Stadt Brakel ein außerordentliches Kündigungsrecht eingeräumt werden, das sie ausüben kann, wenn die Gefahr besteht, dass eine Erfüllung der Ziele des § 1 EnWG durch den Netzbetreiber nicht mehr gewährleistet ist.

 

Die Abschlagszahlungen der Konzessionsabgabe (Ziffer 3.5) sollen in möglichst kurzen Abständen, aber nicht kürzer als monatlich, erfolgen. Die Stadt soll in begründeten Fällen eine Testierung der Konzessionsabgabenberechnung des Netzbetreibers durch einen anerkannten Wirtschaftsprüfer verlangen dürfen. Die Endabrechnung der Konzessionsabgabe soll möglichst frühzeitig im Folgejahr erfolgen.

 

 

Eine vergleichbare, wenn auch noch etwas ausführlichere Erläuterung der Auswahlkriterien würde im ersten Verfahrensbrief erfolgen. Mit diesem Verfahrensbrief werden dann auch die vom Rat beschlossenen Auswahlkriterien an die Bewerber versandt.

 


Anlagen:

 

  • Auswahlkriterien für den Abschluss eines Gaskonzessionsvertrages.

Beschlussvorschlag:

 

Die als Anlage beigefügten Auswahlkriterien für den Abschluss des Gaskonzessionsvertrages der Stadt Brakel werden beschlossen.


Haushaltsrechtliche Auswirkungen:

 

Es ergeben sich keine haushaltsrechtlichen Auswirkungen.