Sachverhalt:
Zum 31.12.2016 läuft der derzeit mit der RWE Deutschland AG bestehende Gaskonzessionsvertrag aus. Dies hat die Stadt Brakel am 19. Dezember 2014 gem. § 46 Abs. 3 Satz 1 EnWG im Bundesanzeiger bekannt gemacht, woraufhin die Bewerber Ihr Interesse an der Teilnahme an der Ausschreibung bekunden konnten. Im Anschluss daran wurden den Interessenten die kalkulatorischen und wirtschaftlichen Netzdaten zur Verfügung gestellt.
Zur Wahrung der Rechtssicherheit in diesem überaus komplexen Verfahren hat die Stadt Brakel das Angebot zur juristischen Begleitung des Gaskonzessionsverfahrens durch die Kanzlei Boos Hummel & Wegerich, Berlin angenommen. Dies ist eine auf das Energiewirtschaftsrecht spezialisierte Sozietät von Anwälten und unterstützt ebenso die Städte Borgentreich und Willebadessen bei deren Ausschreibungen im Bereich Energie. Der Schwerpunkt der Kanzlei liegt in der Beratung von Kommunen und kommunalen Unternehmen, derzeit werden 30 Mandanten in laufenden Konzessions- und Netzübernahmeverfahren betreut.
Im weiteren Verfahren sind nunmehr die Auswahlkriterien für die Vergabe der Gaskonzession zu beschließen. Hierzu wird zur Erläuterung und zu den Anforderungen an die Erfüllung der einzelnen Kriterien auf folgendes hingewiesen:
Um die Anforderungen der aktuelle
Rechtsprechung bei der Aufstellung von Auswahlkriterien Rechnung zu tragen, wurden
die Ziele des § 1 EnWG, also die Gewährleistung einer möglichst preisgünstigen,
verbraucherfreundlichen, effizienten und umweltverträglichen leitungsgebundenen
Versorgung der Allgemeinheit mit Gas, die zunehmend auf erneuerbaren Energien
beruht, entsprechend hoch gewichtet und hierzu jeweils Unter- und
Unterunterkriterien gebildet, die einzeln gewichtet sind. Hierdurch wird
zugunsten der Bieter ein Höchstmaß an Verfahrenstransparenz erzeugt.
Das wesentliche Ziel der Stadt Brakel ist
entsprechend der aktuellen Rechtsprechung sowie den Vorgaben aus § 46
Energiewirtschaftsgesetz die Sicherstellung der Ziele des § 1 EnWG durch
den künftigen Netzbetrieb des Bewerbers.
Von maßgeblicher Bedeutung ist hierbei aus
Sicht der Stadt die Sicherheit des Netzbetriebs (Ziffer 1.1). Es soll
möglichst zu jeder Zeit und in jeder Lastsituation eine vollumfängliche
Gasversorgung sichergestellt sein. Dazu muss das Netz vom künftigen
Netzbetreiber zuverlässig betrieben werden. Der Bewerber muss plausibel
darstellen, mit welchen konkreten Maßnahmen und Mitteln er
Versorgungsunterbrechungen im Konzessionsgebiet möglichst weitgehend vermeiden
wird. Zur Plausibilisierung seiner Angaben soll er den Netzbetrieb und die
Ausfallzeiten in seinem bisherigen Netzgebiet erläutern. Dennoch eintretende
Störungen sollen aus Sicht der Stadt so zügig wie möglich beseitigt werden.
Auch hier ist darzustellen, mit welchen Maßnahmen und Mitteln der Bewerber dies
jeweils erreichen wird. Die Zuverlässigkeit der Versorgung hängt aus Sicht der
Stadt auch und ganz wesentlich davon ab, dass hinreichende Investitionen in das
Netz erfolgen. Der Bewerber soll insoweit darstellen, welche
Investitionsstrategie er verfolgt, um im Konzessionsgebiet eine bestmögliche
Netzverfügbarkeit zu gewährleisten. Für die Zuverlässigkeit der Versorgung ist
es auch erforderlich, dass die bestehenden Netzanlagen so instandgehalten
werden, dass Netzausfälle zu jeder Zeit möglichst vermieden werden. Der
Bewerber soll daher auch die Instandhaltungsstrategie darstellen. Die
Sicherheit des Netzbetriebs wird aber nicht nur durch eine zuverlässige
Versorgung gewährleistet. Aus Sicht der Stadt ist es auch wichtig, dass von den
Netzanlagen keine Gefahren ausgehen. Der Bewerber soll daher plausibel
darstellen, welche Sicherheitsvorkehrungen er zur Vermeidung von
Schadensereignissen ergreifen wird.
Es soll ein möglichst preisgünstiger
Netzbetrieb (Ziffer 1.2) in der
Stadt Brakel erfolgen. Dabei können nur die Preise berücksichtigt werden, die
vom Bewerber als Netzbetreiber beeinflussbar sind, also die Netzentgelte,
Baukostenzuschüsse und Hausanschlusskosten. Die Netzentgelte machen dabei einen
erheblichen Teil der Kosten für Endverbraucher aus und sollen daher möglichst niedrig
sein. Auch die Erstellung von neuen Hausanschlüssen soll für Anschlussnehmer so
preisgünstig wie möglich erfolgen. Ferner sollen möglichst niedrige
Baukostenzuschüsse anfallen. Der Bewerber soll eine Prognose der zu erwartenden
Netzentgelte, Baukostenzuschüsse und Hausanschlusskosten für die Laufzeit des
Konzessionsvertrags in Euro abgeben und diese durch Angabe seiner jetzigen
Preise plausibilisieren, wobei konkrete Beträge in Euro bei den Netzentgelten
nur für die laufende und folgende Regulierungsperiode anzugeben sind.
Der Netzbetrieb soll möglichst verbraucherfreundlich
(Ziffer 1.3) erfolgen. Der Bewerber soll für alle netzrelevanten Fragen
möglichst umfassend über Fernkommunikationsmittel, wie die Internetpräsenz,
E-Mail und Telefon erreichbar sein. Der Netzbetreiber soll aber auch für ein
persönliches Gespräch mit einem Kundenberater örtlich gut erreichbar sein, so
dass die Wege für die Kunden so kurz wie möglich gehalten werden können. Der
Bewerber soll alle geplanten Maßnahmen darstellen, die eine möglichst zügige
Bearbeitung von Netzanschlussbegehren sowie eine möglichst zügige Bearbeitung
von Kundenbeschwerden zugunsten der Netzkunden gewährleisten, um Wartezeiten so
weit wie möglich zu vermeiden. Der künftige Netzbetreiber soll die Netzkunden
über alle netzrelevanten Themen zudem möglichst umfassend informieren.
Der Netzbetrieb soll effizient (Ziffer
1.4) durchgeführt werden. Hierbei spielt zunächst der regulatorischen
Effizienzwert des Unternehmens eine Rolle. Dieser ist aber nicht allein aussagekräftig.
Vielmehr soll der Bewerber alle betrieblichen Maßnahmen darstellen, durch
welche er einen möglichst kosteneffizienten Betrieb des Gasnetzes erreichen
will.
Der Netzbetrieb soll umweltverträglich
(Ziffer 1.5) ausgestaltet werden. Der künftige Netzbetreiber soll darauf
achten, dass bei allen Maßnahmen der Errichtung und des Betriebs des Netzes
umweltfreundliche Materialien verwendet werden. Bei der Verlegung von Leitungen
soll der Baumbestand so weit wie möglich geschont werden. Der künftige Netzbetreiber
soll zudem Maßnahmen treffen, um die im Rahmen seiner Tätigkeit anfallenden CO2-Emissionen
soweit wie möglich zu vermeiden.
Der künftige Netzbetrieb soll schließlich
unter Berücksichtigung des zunehmenden Beruhens der Gasversorgung auf
erneuerbaren Energien (Ziffer 1.6) erfolgen. Aus Sicht der Stadt Brakel ist
es daher wichtig, dass Netzkunden eine möglichst umfassende Beratung zu
Netzanschlussfragen von Anlagen zur Einspeisung von Gas aus erneuerbaren
Energien erhalten. Die Umsetzung der Energiewende stellt zudem gerade die
Verteilnetzbetreiber vor Herausforderungen, da sie in der Pflicht sind, die
Gaseinspeisungsanlagen vor Ort an ihr Netz anzuschließen. Der Bewerber soll
daher darlegen, welche Strategie zur Netzintegration der Gaseinspeisungsanlagen
er langfristig verfolgt, um mit der zunehmenden Gaseinspeisung aus erneuerbaren
Energien angemessen umzugehen.
Die Stadt Brakel hat ein hohes Interesse
daran, dass die Erfüllung der Ziele des § 1 EnWG über die gesamte Vertragslaufzeit
effektiv sichergestellt wird. Zu diesem Zweck soll sie während der
Vertragslaufzeit Einfluss (Ziffer 2) auf die Durchführung des
Netzbetriebs durch den Bewerber nehmen können. Hierzu ist es zunächst
erforderlich, dass ihr vertragliche Informationsrechte eingeräumt werden, die
es ihr ermöglichen, möglichst umfassend Auskunft über die mit der Durchführung
des Netzbetriebs zusammenhängenden Maßnahmen des Netzbetreibers zu erlangen.
Vor dem Hintergrund der angestrebten langen Vertragslaufzeit sollen
Nachverhandlungsrechte der Stadt bestehen, um bei Änderungen der rechtlichen
Rahmenbedingungen gegebenenfalls notwendige Anpassungen vornehmen zu können.
Die Nachverhandlungsrechte dürfen allerdings nicht die Möglichkeit einer
Änderung des Leistungsgegenstandes oder einer Anpassung der
Hauptleistungspflichten des Konzessionsvertrages beinhalten. Zudem sollen
möglichst umfassend vertragliche Konsultationsrechte bestehen, um der Stadt die
Möglichkeit einzuräumen, netzbetriebsrelevante Fragen gemeinsam mit dem
Netzbetreiber zu erörtern. Schließlich sollen möglichst umfassende vertragliche
Mitwirkungsrechte zugunsten der Stadt bestehen.
Der Netzbetrieb berührt die Angelegenheiten
der örtlichen Gemeinschaft in vielerlei Hinsicht. Der Konzessionsvertrag muss
daher Regelungen vorsehen, welche die Rechte und Pflichten der Vertragspartner
regeln und neben den Belangen des Netzbetreibers auch auf die Belange der
örtlichen Gemeinschaft angemessen Rücksicht (Ziffer 3) nehmen.
Der Netzbetreiber ist im Rahmen seiner Tätigkeit
darauf angewiesen, die Straßen und Wege der Stadt für den Bau und Betrieb von
Netzanlagen zu nutzen. Bau und Betrieb der Netzanlagen gehen mit Baumaßnahmen
(Ziffer 3.1) einher. Die Stadt Brakel hat ein Interesse daran, dass die mit
Bauarbeiten einhergehenden Beeinträchtigungen für die Allgemeinheit möglichst
gering ausfallen. Daher sollen Baumaßnahmen möglichst weitgehend mit der Stadt
abgestimmt werden. Bei Erdarbeiten sollen die Oberflächen nach Abschluss der
Arbeiten zustandsgerecht wiederhergestellt werden. Der Netzbetreiber soll eine
effektive Gewährleistung für die wiederhergestellten Oberflächen übernehmen.
Soweit wie möglich, soll ein Abbau störender stillgelegter Leitungen erfolgen.
Generell soll der Netzbetreiber Straßenaufbrüche soweit wie möglich vermeiden.
Der Konzessionsvertrag muss Regelungen für
das Vertragsende (Endschaftsregelungen, Ziffer 3.2) vorsehen. Die
Endschaftsregelungen sollen der Stadt Brakel vor Vertragsende die erneute
Durchführung eines Konzessionsverfahrens mit möglichst hoher Wettbewerberanzahl
ermöglichen. Hierfür ist es zunächst erforderlich, dass die Stadt vom
Netzbetreiber möglichst umfassende Informationen über die technische und
wirtschaftliche Situation des Netzes erhält, die sie den Wettbewerbern zur
Verfügung stellen kann. Darüber hinaus ist es erforderlich, dass die
Endschaftsregelungen eine möglichst einfache und rechtssichere Netzübernahme im
Falle eines Wechsels des Konzessionärs vorsehen. Der
Eigentumsübertragungsanspruch soll daher umfassend sein und alle zur Versorgung
notwendigen Verteilungsanlagen umfassen. Die Vergütung für die Netzübernahme
soll so bemessen sein, dass das Netz nach der Netzübernahme wirtschaftlich
betrieben werden kann. Die Regelungen zur Entflechtung sollen eine möglichst
einfache Netzentflechtung ermöglichen, die den Interessen des abgebenden und
übernehmenden Netzbetreibers angemessen Rechnung trägt.
Die Stadt erwartet, dass der Netzbetreiber
die in § 3 Abs. 1 KAV vorgesehenen Nebenleistungen (Ziffer 3.3) möglichst
umfassend gewährt.
Der Konzessionsvertrag soll mit einer Laufzeit
(Ziffer 3.4) von 20 Jahren geschlossen werden. Außerdem soll der Stadt Brakel
ein außerordentliches Kündigungsrecht eingeräumt werden, das sie ausüben kann,
wenn die Gefahr besteht, dass eine Erfüllung der Ziele des § 1 EnWG durch den
Netzbetreiber nicht mehr gewährleistet ist.
Die Abschlagszahlungen der
Konzessionsabgabe (Ziffer 3.5) sollen in möglichst kurzen Abständen, aber
nicht kürzer als monatlich, erfolgen. Die Stadt soll in begründeten Fällen eine
Testierung der Konzessionsabgabenberechnung des Netzbetreibers durch
einen anerkannten Wirtschaftsprüfer verlangen dürfen. Die Endabrechnung
der Konzessionsabgabe soll möglichst frühzeitig im Folgejahr erfolgen.
Eine vergleichbare, wenn auch noch etwas ausführlichere
Erläuterung der Auswahlkriterien würde im ersten Verfahrensbrief
erfolgen. Mit diesem Verfahrensbrief werden dann auch die vom Rat beschlossenen
Auswahlkriterien an die Bewerber versandt.
Anlagen:
- Auswahlkriterien für den Abschluss eines Gaskonzessionsvertrages.
Beschlussvorschlag:
Die als Anlage beigefügten Auswahlkriterien für den Abschluss des Gaskonzessionsvertrages der Stadt Brakel werden beschlossen.
Haushaltsrechtliche
Auswirkungen:
Es ergeben sich keine haushaltsrechtlichen Auswirkungen.