Betreff
Abgabe verbindlicher Kooperationsangebote mit Beteiligungsoption im Rahmen von Konzessionsverfahren
Vorlage
270/2014-2020
Art
Beschlussvorlage

Sachverhalt:

 

Die Stadt Brakel ist an der Westfalen Weser Energie GmbH & Co. KG (kurz: WWE) und damit mittelbar an der Westfalen Weser Netz GmbH (kurz: WWN) beteiligt.

 

Entsprechend ihrem Zweck als Netzbetreiber bewirbt sich die WWN regelmäßig in Verfahren um die Neuvergabe der Strom- und/oder Gaskonzessionen in den Gebieten der umliegenden Städte und Gemeinden. Vereinzelt führen die Städte und Gemeinden nicht nur ein reines Konzessionsverfahren durch, sondern fragen parallel dazu auch sogenannte Kooperationsangebote in Kooperationsverfahren von den Bewerbern ab. Es handelt sich hierbei um zwei Verfahren, die miteinander verbunden werden. Zum einen führen die Städte oder Gemeinden weiterhin ein klassisches Konzessionsvergabeverfahren durch, zum anderen findet zugleich oder vorgeschaltet ein Beteiligungswettbewerb über ein energiewirtschaftliches Kooperationsmodell statt. Je nach den Verfahrensvorgaben der jeweiligen Stadt oder Gemeinde tritt in Kooperationsverfahren die WWE oder die WWN als Bewerber auf.

 

Weder die WWE noch die WWN bieten den ein solches paralleles Verfahren durchführenden Städten und Gemeinden ein klassisches Kooperationsangebot im Sinne der Umsetzung einer gemeinsamen Kooperationsgesellschaft an. Stattdessen bieten sie aufgrund des Gesellschaftszwecks und des in Konsortial- und Gesellschaftsvertrag der WWE verankerten Beteiligungsprinzips der jeweiligen Stadt oder Gemeinde im Namen ihrer Gesellschafter eine Beteiligung im Wege einer Kapitalerhöhung und Übernahme neuer Kommanditanteile an der WWE an. Eine solche Beteiligungsoption erhalten zwar auch solche Städte und Gemeinden, welche die WWE neu konzessionieren und noch nicht an dieser beteiligt sind. Während jedoch beim reinen bzw. ausschließlichen Abschluss eines neuen Konzessionsvertrages die WWE der konzessionsgebenden Stadt oder Gemeinde eine Beteiligung erst im Nachgang zur Konzessionsvergabe anbietet, hat die WWE bzw. die WWN im Rahmen eines Kooperationsverfahrens ein finales und verbindliches Beteiligungsangebot als Kooperations-angebot bereits innerhalb des Konzessionsverfahrens in ihrem letztverbindlichen Angebot abzugeben (sog. best and final offer).

 

Ob es zu einer Beteiligung der jeweiligen Stadt oder Gemeinde kommt, hängt, abgesehen von der Zustimmung der Gesellschafter der WWE, von drei Bedingungen ab: Die jeweilige Stadt oder Gemeinde muss die Entscheidung treffen, dass erstens das Beteiligungsangebot als Kooperationsangebot der WWE bzw. der WWN obsiegt und zweitens der Konzessionsvertrag mit der WWN abgeschlossen wird und die WWN Konzessionsnehmer wird. Zudem muss sich drittens die jeweilige Stadt oder Gemeinde auf Basis ihres dann bestehenden Konzessionsgeberstatus für eine Beteiligung an der WWE entscheiden.

 

Die WWE oder die WWN gibt ein finales und verbindliches Beteiligungsangebot in Kooperationsverfahren ausschließlich dann ab, wenn die Konzession auf Basis der erfolgten Bewertungen für die WWN und damit die WWE wirtschaftlich attraktiv ist und somit für die Altgesellschafter wirtschaftlich keine wesentlichen nachteiligen Auswirkungen hat. In diesem Fall geht eine mögliche Beteiligung der jeweiligen Stadt oder Gemeinde nicht zu Lasten der Altgesellschafter, da aufgrund des Hinzugewinns eines neuen Netzgebietes die Rendite nicht geschmälert, sondern nur gestützt werden kann und sich das Gesamtnetzgebiet vergrößert. Die durch die Kapitalerhöhung und die Übernahme neuer Kommanditanteile durch eine beitretende Stadt oder Gemeinde eintretende leichte Reduzierung der Anteile der Altgesellschafter ist unvermeidlich, aber aufgrund der Anzahl der Altgesellschafter vernachlässigbar gering. Die mögliche Beteiligungsquote bemisst sich dabei am angemessenen wirtschaftlichen Wert des jeweiligen Netzes in Relation zum Wert des gesamten Netzes der WWN.

 

Ein entsprechendes Beteiligungsangebot wurde nach entsprechender Ratsvorbefassung und Beschlussfassung in der Gesellschafterversammlung zuletzt im Dezember 2014 im Verfahren der Stadt Barsinghausen abgegeben. Abgesehen von den individuellen Unterschieden der jeweiligen Verfahren und der aufgrund der Größe des jeweiligen Netzes individuell angebotenen Beteiligungshöhe werden auch die zukünftigen Kooperationsangebote der WWE bzw. der WWN dem Angebot für die Stadt Barsinghausen entsprechen.

 

Derzeit nehmen die WWE bzw. die WWN an vier Verfahren um die Neuvergabe der Strom- und/oder Gaskonzessionen mit Kooperationsangeboten teil bzw. beabsichtigen die Teilnahme hieran. Eine Teilnahme an weiteren entsprechenden Verfahren ist denkbar.

 

Beschlussbegründung:

 

Da es nach Abgabe des verbindlichen Kooperationsangebotes nur noch von der jeweiligen Stadt oder Gemeinde abhängt, ob eine Beteiligung zustande kommt, steht aus Sicht der WWE als Beteiligungsobjekt die Entscheidung über die Abgabe des Angebotes der Entscheidung über einen Beitritt gleich. Hierüber haben laut Gesellschaftsvertrag der WWE gem. § 10 Abs. 1 lit. f) die Gesellschafter zu entscheiden. Die Gesellschaft kann Angebote zur Beteiligung nicht selbst, sondern nur im Namen der Gesellschafter abgeben. Gleiches gilt für die WWN.

 

Kommunalrechtlich müssen die nordrhein-westfälischen Gesellschafter der WWE über den Beitritt bzw. die Abgabe eines verbindlichen Angebotes für eine Beteiligung von weiteren Gesellschaftern einen Ratsbeschluss fassen. Die Aufnahme eines neuen Gesellschafters geht mit einer Satzungsänderung einher, die gem. § 115 Abs. 1 lit. a) GO NRW als wesentlich anzusehen und damit anzuzeigen ist. Dieser Beschluss ermächtigt daher auch zu Änderungen des Gesellschaftsvertrages der WWE, sofern die Änderungen ausschließlich zur Aufnahme eines neuen Gesellschafters oder mehrerer neuer Gesellschafter notwendig sind. Weitergehende Änderungen des Gesellschaftsvertrages der WWE werden von diesem Beschluss nicht umfasst. Im Falle einer mittelbaren Beteiligung an der WWE bedarf es zusätzlich noch eines Umsetzungsbeschlusses des Ratsbeschlusses durch das zuständige Gremium der kommunalen Beteiligungsgesellschaft.

 

Aufgrund der Anzahl der Gesellschafter der WWE und der teils kurzen Fristen zur Abgabe der finalen und verbindlichen Kooperationsangebote ist die vorherige Durchführung der Gesellschafterversammlung und der notwendigerweise vorhergehenden Ratsbeschlüsse zeitlich oft nicht oder nur sehr schwer möglich. Die Abgabe eines finalen Angebots unter Gremienvorbehalt wird durch die das jeweilige Verfahren durchführende Stadt oder Gemeinde im Regelfall nicht zugelassen.

 

Um die Handlungsfähigkeit der WWE bzw. der WWN betreffend der Abgabe ihrer verbindlichen Beteiligungsangebote als Kooperationsangebote zukünftig zu gewährleisten, empfiehlt sich daher ein Ratsbeschluss aller kommunalen Gesellschafter, ein diesen Ratsbeschluss umsetzender Beschluss des zuständigen Gremiums der kommunalen Beteiligungsgesellschaft sowie ein Beschluss der Gesellschafterversammlung der WWE, welcher die WWE als auch die WWN zur Abgabe von dem Modellfall Barsinghausen entsprechenden finalen und verbindlichen Beteiligungsangeboten und damit im Ergebnis zur Aufnahme der die WWN konzessionierenden Städte und Gemeinden ermächtigt. Voraussetzung ist hierbei selbstverständlich, dass die Abgabe eines verbindlichen Beteiligungsangebots als Kooperationsangebot nur erfolgt, sofern die zuvor erfolgten Bewertungen ergeben haben, dass die Beteiligung der jeweiligen Stadt oder Gemeinde wirtschaftlich attraktiv ist und somit für die Altgesellschafter wirtschaftlich keine wesentlichen nachteiligen Auswirkungen hat.

 

Der Sinn dieses Beschlusses liegt einerseits darin, die Handlungsfähigkeit der WWE bzw. WWN in den Verfahren zu gewährleisten und dabei andererseits die Höhe der neuen Kommanditanteile zu begrenzen. Zudem sollen den Gesellschaftern ständige Ratsvorbefassungen und diese umsetzende Vorbefassungen des zuständigen Gremiums ihrer kommunalen Beteiligungsgesellschaft für jeden Einzelfall erspart werden, zumal die Wahrscheinlichkeit eines späteren tatsächlichen Beitritts im Rahmen des Vergabeverfahrens in keiner Weise erkennbar ist. Dieser Beschluss kann die genauen individuell anzubietenden Beteiligungsquoten nicht angeben, da diese von dem jeweiligen Netzwert abhängen. Daher ermächtigt dieser Beschluss zur Abgabe verbindlicher Beteiligungsangebote und damit zur Aufnahme neuer Gesellschafter im Wege der Kapitalerhöhung nur solange, bis das derzeitige Kommanditkapital durch die Übernahme der neuen Kommanditanteile um maximal 10% erhöht wurde.

 

In Abstimmung mit der zuständigen Bezirksregierung Detmold soll die Anzeige dieses Beschlusses für die nordrhein-westfälischen Gesellschafter gebündelt über die Stadt Paderborn erfolgen.


Beschlussvorschlag:

 

1.     Der Rat der Stadt Brakel stimmt zu

o      dass die Gesellschafterversammlung der Westfalen Weser Energie GmbH & Co. KG die Geschäftsleitung der Westfalen Weser Energie GmbH & Co. KG für die Dauer von 5 Jahren und jederzeit widerruflich ermächtigt, mit Städten und Gemeinden über einen Beitritt zur Westfalen Weser Energie GmbH & Co. KG zu verhandeln und hierfür verbindliche Angebote zur Beteiligung an der Westfalen Weser Energie GmbH & Co. KG im Rahmen von Konzessionsverfahren abzugeben, wenn sichergestellt ist, dass der Beitritt der Stadt bzw. Gemeinde nach vernünftiger sachverständiger Einschätzung der Geschäftsleitung, die diese auf Grundlage einer fachlichen Wirtschaftlichkeitsanalyse erworben hat, keine wesentlichen gesellschaftsrechtlichen und nachteiligen wirtschaftlichen Auswirkungen auf die übrigen Gesellschafter hat, das Kooperationsangebot von individuellen Besonderheiten abgesehen inhaltlich dem Muster-Modellangebot (für die Stadt Barsinghausen) entspricht und die der jeweiligen Stadt bzw. Gemeinde angebotenen neuen Kommanditanteile an der WWE zusammen mit anderen Städten und Gemeinden angebotenen neuen Kommanditanteilen an der WWE insgesamt nicht 10% der Summe aller derzeitigen Kommanditanteile der WWE überschreitet. Mit den durch die Beteiligung eines neuen Gesellschafters oder mehrerer neuer Gesellschafter einhergehenden entsprechenden notwendigen Änderungen des Gesellschaftsvertrages der Westfalen Weser Energie GmbH & Co. KG und der aufgrund der Kapitalerhöhung und der Übernahme neuer Kommanditanteile durch eine beitretende Stadt oder Gemeinde eintretenden (leichten) Reduzierung der eigenen mittelbaren Anteile besteht Einverständnis.

o      dass die Gesellschafterversammlung der Westfalen Weser Energie GmbH & Co. KG die Geschäftsleitung der Westfalen Weser Energie GmbH & Co. KG für die Dauer von 5 Jahren und jederzeit widerruflich ermächtigt und beauftragt, in der Gesellschafterversammlung der Westfalen Weser Netz GmbH die Geschäftsleitung der Westfalen Weser Netz GmbH zu ermächtigen, mit Städten und Gemeinden über einen Beitritt zur Westfalen Weser Energie GmbH & Co. KG zu verhandeln und hierfür verbindliche Angebote zur Beteiligung an der Westfalen Weser Energie GmbH & Co. KG im Rahmen von Konzessionsverfahren abzugeben, wenn sichergestellt ist, dass der Beitritt der Stadt bzw. Gemeinde nach vernünftiger sachverständiger Einschätzung der Geschäftsleitung, die diese auf Grundlage einer fachlichen Wirtschaftlichkeitsanalyse erworben hat, keine wesentlichen gesellschaftsrechtlichen und  nachteiligen wirtschaftlichen Auswirkungen auf die übrigen Gesellschafter hat, das Kooperationsangebot von individuellen Besonderheiten abgesehen inhaltlich dem Muster-Modellangebot (für die Stadt Barsinghausen) entspricht und die der jeweiligen Stadt bzw. Gemeinde angebotenen neuen Kommanditanteile an der WWE zusammen mit anderen Städten und Gemeinden angebotenen neuen Kommanditanteilen an der WWE insgesamt nicht 10% der Summe aller derzeitigen Kommanditanteile der WWE überschreitet. Mit den durch die Beteiligung eines neuen Gesellschafters oder mehrerer neuer Gesellschafter einhergehenden entsprechenden notwendigen Änderungen des Gesellschaftsvertrages der Westfalen Weser Energie GmbH & Co. KG und der aufgrund der Kapitalerhöhung und der Übernahme neuer Kommanditanteile durch eine beitretende Stadt oder Gemeinde eintretenden (leichten) Reduzierung der eigenen mittelbaren Anteile besteht Einverständnis.

 

2.     Der kommunale Vertreter der Stadt Brakel wird bevollmächtigt und beauftragt in der Gesellschafterversammlung den Beschlüssen, die die unter Nummer 1 gefassten Ratsbeschlüsse umsetzen, zuzustimmen und den Vertreter der Stadt Brakel in der Gesellschafterversammlung der Westfalen Weser Energie GmbH & Co. KG dahingehend anzuweisen, in der Gesellschafterversammlung der Westfalen Weser Energie GmbH & Co. KG den Beschlüssen, die die unter Nummer 1 gefassten Ratsbeschlüsse umsetzen, zuzustimmen und die Geschäftsleitung der Westfalen Weser Energie GmbH & Co. KG anzuweisen, diese Beschlüsse zu vollziehen.

 

3.     Der Rat ist von der Geschäftsleitung der Westfalen Weser Energie GmbH & Co. KG bzw. durch seinen Vertreter in der Gesellschafterversammlung der Stadt Brakel nach dessen Unterrichtung in der Gesellschafterversammlung der Westfalen Weser Energie GmbH & Co. KG ohne Verzug über die Annahme eines jeweiligen Beteiligungsangebotes und vor Vollzug zu unterrichten. Die Umsetzung eines angenommenen Beteiligungsangebotes ist jeweils vor Vollzug gemäß § 115 Abs. 1 GO NRW anzuzeigen. Sofern nicht anders vereinbart, wird die jeweilige Umsetzung eines angenommenen Beteiligungsangebots vor Vollzug durch die Stadt Paderborn gebündelt für alle nordrhein-westfälischen Gesellschafter bei der zuständigen Bezirksregierung Detmold zur Durchführung des jeweiligen kommunalrechtlichen Anzeigeverfahrens angezeigt.


Haushaltsrechtliche Auswirkungen:

 

Es ergeben sich keine haushaltsrechtlichen Auswirkungen.