Sitzung: 01.12.2015 Rat
Beschluss: mehrheitlich beschlossen
Abstimmung: Nein: 1, Enthaltungen: 4
Vorlage: 619/2009-2014/1
Beschluss:
Der
Rat der Stadt Brakel akzeptiert mehrheitlich
bei 1 Gegenstimmen und 4 Enthaltungen den Umgang mit der geäußerten Kritik
zum ersten Entwurf eines neuen Landesentwicklungsplans
Nordrhein-Westfalen (LEP NRW) vom 25.06.2013 gemäß Anlage 1 (entsprechender
Auszug aus Synopse 1 - Stellungnahmen der institutionellen Beteiligten), die im
geänderten (überarbeiteten) Entwurf vom 22.09.2015
Berücksichtigung gefunden hat.
Er übt jedoch weiterhin Kritik gemäß
nachfolgender Punkte:
- (Ziel 2-3
Siedlungsraum) Da es in Flächengemeinden Ortsteile mit weniger als 2.000
Einwohnern gibt, die eine Versorgungsfunktion für andere, noch kleinere
Ortsteile übernehmen, muss ihnen zur Sicherung des vorhandenen Angebots an
öffentlichen und privaten Dienstleistungs- und Versorgungseinrichtungen eine
Siedlungsentwicklung - auch im Außenbereich - zugestanden werden, die über den
Eigenbedarf ihrer Einwohner hinaus geht.
- (Ziel 6.1-1
Flächensparende u. bedarfsgerechte Siedlungsentwicklung) Eine Systematisierung
des Punktes ist zwar zu begrüßen, allerdings werden die Voraussetzungen für die
Siedlungsentwicklung hierdurch nicht wesentlich erleichtert. Insbesondere soll
die Rücknahmepflicht von Darstellungen im Flächennutzungsplan (FNP) für
Flächen, für die kein Bedarf mehr besteht, nicht aufgehoben werden. Dies ist
eine der Hauptforderungen des StGB NRW zum Oberpunkt, auf deren Einhaltung zur
Sicherung kommunaler Bauleitplanung nicht verzichtet werden kann.
Für die Ermittlung der Wohnflächenbedarfe wird eine landeseinheitliche Berechnungsmethode vorgegeben, von der die Regionalplanungsbehörden nur in begründeten Fällen (z.B. nach empirischen Ermittlungen) abweichen dürfen. Zwar ist ein einheitliches Berechnungsmodell zu begrüßen, dies kann aber die zukünftigen Flächenbedarfe nur auf Grundlage bisheriger Entwicklungen anhand allgemeiner Prognosen abbilden. Örtliche Besonderheiten bleiben systembedingt ebenso unberücksichtigt wie beispielsweise die Änderung des Wanderungs- oder Ansiedlungsverhaltens. In den Erläuterungen ist daher die Klarstellung aufzunehmen, dass die Berechnungsmethode (nur) einen grundsätzlichen Orientierungsrahmen darstellt und daher offen ist für die Berücksichtigung der tatsächlichen örtlichen Entwicklungen und Bedarfe. Insoweit muss sichergestellt sein, dass die Bezirksplanungsbehörden auf der Grundlage belastbarer kommunaler Bedarfsanalysen von den Gemeinden nachgewiesene Flächenbedarfe nach dem Gegenstromprinzip zu berücksichtigen haben.
Zur
Wirtschaftsflächenermittlung ist zu sagen, dass aus planungspraktischer,
wirtschaftsfördernder und kommunalpolitischer Sicht Flächen für
Planungsvarianten zur Verfügung stehen müssen, von denen nur die tatsächlich
benötigten Flächen zu Gewerbe- und Industriegebieten entwickelt werden. Nur
eine solche Flächenverfügbarkeit trägt dazu bei, Abhängigkeiten von
Bodeneigentumsverhältnissen zu minimieren, Bodenpreissteigerungen einzudämmen
und Entwicklungsblockaden zu verhindern. Kommunen müssen auf örtliche Bedarfe
und Entwicklungen flexibel und zeitnah reagieren können. Im Übrigen ist mit der
Festlegung von GIB (Gewerbe- u. Industrieansiedlungsbereiche) ein Gewerbe- oder
Industriegebiet weder bauleitplanerisch gesichert noch tatsächlich entwickelt.
Des Weiteren muss die Bedarfsermittlung auf der Grundlage der Daten des
Siedlungsflächenmonitorings berücksichtigen, dass hier nur ein Trend
fortgeschrieben wird. Hinzu kommt, dass bei der Berechnung des Flächenbedarfs
die Gefahr besteht, dass die in den Regionalplänen für die Wirtschaft zur
Verfügung gestellten Bruttoflächen nicht zu einem ausreichenden Flächenangebot
auf der Netto-Seite führen.
- (Ziel 6.1-11
Flächensparende Siedlungsentwicklung) Die Abstufung des 5-ha-Ziels auf einen
Grundsatz der Raumordnung stellt zwar eine Verbesserung dar. Sie bleibt aber
rechtlich bedenklich. Denn auch die Festlegung eines Grundsatzes setzt voraus,
dass dessen inhaltliche Vorgabe umsetzbar ist.
- (Ziel 6.3-3 Neue
Bereiche für gewerbliche und industrielle Nutzungen) Die bisher geplante
Zielbestimmung, nach der neue Bereiche für gewerbliche und industrielle
Nutzungen unmittelbar anschließend an die vorhandenen ASB (Allgemeine
Siedlungsbereiche) oder GIB festzulegen sind, wurde zum einen um eine Ausnahme
für die Nutzung von Brachflächen erweitert, die im Freiraum liegen. Zum anderen
wurde die Ausnahme gestrichen, dass eine gewerbliche oder industrielle Nutzung
im Freiraum infolge einer betriebsgebundenen Erweiterung notwendig ist; dies
wurde an Voraussetzungen geknüpft. Zwar ist die vom StGB NRW geforderte
Erweiterung der Flächennutzung für GIB grundsätzlich zu begrüßen. Leider
schränken aber die vorgesehenen engen Voraussetzungen das hierdurch neu
geschaffene Nutzungspotenzial wieder erheblich ein. Auf den Voraussetzungskanon
sollte daher verzichtet werden. Zudem ist sicherzustellen, dass in Fällen einer
vorhandenen Bauleitplanung eine Betriebserweiterung möglich bleibt, auch wenn
sich der zulässigerweise errichtete gewerbliche oder industrielle Betrieb auf
einer Fläche befindet, die (noch) nicht als GIB festgelegt ist. Die
begrüßenswerte Intention, den Freiraum zu schützen und vorhandene
Infrastrukturen kosteneffizient zu nutzen, ließe sich auch mit einem Grundsatz
der Raumordnung verfolgen, der der Regionalplanungsbehörde die Möglichkeit
offen halten würde, in atypischen Fällen die bedarfsgerechte Entwicklung von
Wirtschaftsflächen zuzulassen.
- Zum Kritikpunkt
„Windkraft im Wald“ ist festzustellen, dass an der Öffnung des Waldes für die
Errichtung von Windenergieanlagen aus landesplanerisch erheblichem Interesse am
Ausbau erneuerbarer Energien festgehalten wird.
Die
Kritik wird in folgenden Punkten ergänzt bzw. erweitert:
- (Kap. 1 Einleitung,
P. 1.2 Demographischen Wandel gestalten) Der
LEP-Entwurf geht im Kapitel 1 „Einleitung“ beim Thema demographischer Wandel
leider nicht auf die Folgen des massiv angestiegenen Zuzugs von Asylbewerbern
und Flüchtlingen aus Krisenländern ein. Da davon auszugehen ist, dass viele
dieser Menschen ein dauerhaftes Bleiberecht erlangen werden, muss für sie nicht
zuletzt auch angemessener Wohnraum geschaffen werden. Hierfür sind weitere
Flächen erforderlich, was bislang im LEP nicht ausreichend berücksichtigt worden
ist.
Die Landesregierung hat daher sicherzustellen, dass die
raumordnungsrechtlichen Festlegungen im neuen LEP und den nachfolgenden
Regionalplänen den so entstehenden Mehrbedarf an neuen Bauflächen
berücksichtigen.
- (Kap. 10 -
Energieversorgung) Das Ziel 10.2-2 alt
ist nun aufgeteilt worden in ein Ziel 10.2-2 neu und in einen Grundsatz 10.2-3 neu. Damit wird einerseits am Ziel festgehalten, bis 2020 mind. 15
% der Stromversorgung durch Windenergie zu decken. Andererseits werden die
unmittelbaren Flächenvorgaben für das Planungsgebiet Detmold als Grundsatz
formuliert. Insofern soll es keine direkten qualifizierten Zielvorgaben
mehr für die Windenergievorrangflächen geben. Damit
das Ziel, bis 2020 mindestens 15 % der Stromversorgung durch Windenergie
zu decken, erreicht werden kann, müssen dazu die erforderlichen Flächen für
eine Windenergienutzung zur Verfügung gestellt werden. In den Erläuterungen zu
10.2-3 wird erneut auf die - fehlerhafte - „Potenzialstudie Windenergie des
LANUV“ Bezug genommen. Augenscheinlich dient diese immer noch als Grundlage zur
Bestimmung des Umfangs der Flächenfestlegungen für die Windenergienutzung und
somit zur o.g. Zielerreichung. Der Studie mangelt es jedoch an der
hinreichenden Berücksichtigung möglicher Beschränkungen durch Anlagen für die
Flugsicherung sowie des Landschafts- und Artenschutzes, dem gerade im Kreis
Höxter eine große Bedeutung zukommt. Es stellt sich damit die berechtigte Frage,
ob mit der neuen Zielformulierung (10.2-2 neu)
„sind proportional zum jeweiligen regionalen Potenzial Gebiete
für die Nutzung der Windenergie als Vorranggebiete in den Regionalplänen
festzulegen.“ nicht wieder Bezug zur LANUF-Studie im Hinblick auf das jeweilige
regionale Potenzial genommen wird und so indirekt die gleichen Mengenvorgaben
wie im „alten Entwurf“ von 2013 gemacht werden. Es drängt sich der Verdacht
auf, dass das Ziel 10.2-2 zwar sprachlich neu formuliert worden ist, sich
jedoch inhaltlich keine Änderungen ergeben haben. Es bleibt zu kritisieren, dass die bisherige Flächenkulisse
von 10.500 ha für das Planungsgebiet Detmold grundsätzlich bestehen bleibt und
an der Festlegung von Vorranggebieten durch die Regionalplanungsbehörden
festgehalten werden soll.
Aus Sicht der Stadt Brakel
ist daher auf raumordnerische Festlegungen für die Windenergienutzung gänzlich
zu verzichten. Sie schränken die kommunale
Planungshoheit unangemessen ein und führen durch die Ausweisung von
Vorranggebieten zu einem erheblichen Abstimmungsbedarf der Kommunen mit den
Regionalplanungsbehörden, zu Verzögerungen bei der kommunalen Bauleitplanung
und zu praktischen Umsetzungsproblemen.
Folgende Kritikpunkte werden gemäß dem Antrag der
CDU-Fraktion in der Sitzung des Bauausschusses vom 25.11.2015 einvernehmlich
mit aufgenommen:
(8.1-6 Ziel Landesbedeutsame bzw.
regionalbedeutsame Flughäfen) Aus dem überarbeiteten Entwurf geht weiterhin
eine Einstufung des Flughafens Paderborn/ Lippstadt als ein lediglich
regionalbedeutsamer Flughafen (im Vergleich zu den landesbedeutsamen Flughäfen
Düsseldorf, Köln/ Bonn, Münster/ Osnabrück) hervor. Dies ist weder methodisch
(Abgrenzungskriterien), rechtlich (wettbewerbsverzerrend) noch sachlich
begründet. Im System der relativ gleichmäßig verteilten nordrhein-westfälischen
Verkehrsflughäfen nimmt besagter Flughafen - im Widerspruch zu den
gleichrangigen Betriebsgenehmigungen - eine ebenso wichtige Stellung wie die
erwähnten Flughäfen ein. Somit ist die vorgenommene Einstufung nicht nur aus
Sicht des Betreibers, sondern auch aus Sicht einer dadurch indirekt benachteiligten
Kommune wie Brakel u.a. im Kreisgebiet unakzeptabel, da hiermit eine Abwertung
der infrastrukturellen Anbindung einher gehen könnte. Die Einstufung/
Unterscheidung zwischen landes- und regionalbedeutsamen Verkehrsflughäfen
innerhalb des Landes NRW ist somit zurückzunehmen. Alternativ soll dieser
Flughafen als landesbedeutsam eingestuft werden, um seine zukünftige
Entwicklung gleichermaßen zu gewährleisten und nicht von vorneherein planerisch
einzuschränken.
(6.4-1 Ziel
Standorte für landesbedeutsame flächenintensive Großvorhaben) Im derzeit
gültigen LEP '95 ist der Standort Warburg
als Gebiet für flächenintensive Großvorhaben noch enthalten (vgl. LEP '95,
Karte Teil B für Reg.-Bez. Detmold A 5.3 Warburg). Auch bei der Fortschreibung
des Regionalplans für den Regierungsbezirk Detmold Teilabschnitt
Paderborn-Höxter aus dem Jahr 2008 gab es keinen Anlass, den Standort Warburg
aus den Darstellungen des Regionalplans herauszunehmen, sodass der Standort im
Regionalplan nach wie vor als Bereich für flächenintensive Großvorhaben
dargestellt ist. Aus den Erläuterungen zum überarbeiteten
Entwurf geht jedoch nicht hervor, warum der Standort
Warburg bei der Darstellung herausgefallen ist. Aus planerischer und
wirtschaftlicher Sicht erfordert eine ausgewogene landesweite Betrachtung, dass
die Standorte für landesbedeutsame flächenintensive Großvorhaben nicht nur in
der Rhein-Ruhr-Region liegen, sondern auch im östlichen Landesteil NRWs zur
Verfügung gestellt werden.
Die wirtschaftliche Attraktivität der Stadt Warburg und des
Kreises Höxter hängt wesentlich auch von einem geeigneten Flächenangebot für
flächenintensive industrielle und gewerbliche Großvorhaben ab, die für die
wirtschaftliche Entwicklung dieses Raumes von besonderer Bedeutung sind. Durch
die Herausnahme des Standorts Warburg aus der Liste für landesweit bedeutende
flächenintensive Großvorhaben wird die wirtschaftliche Attraktivität einer
ganzen Region erheblich geschwächt.
Auch aufgrund der sehr guten Verkehrsanbindung Warburgs durch
die unmittelbare Anbindung des Gebietes an die Autobahn A 44 und der Nähe zu
dem landesbedeutsamen Flughafen Paderborn-Lippstadt und dem Flughafen
Kassel-Calden ist die Herausnahme des Standorts Warburg aus Sicht der Stadt
Warburg und der gesamten Region nicht nachvollziehbar.
Der Standort Warburg ist deshalb aus planerischer und wirtschaftlicher Sicht zwingend wieder in die Liste der Standorte für landesbedeutsame flächenintensive Großvorhaben aufzunehmen. Nur hierdurch kann eine wesentliche Schwächung des Raumes Ostwestfalen-Lippe verhindert werden.
Bürgermeister Temme verweist auf das komplexe Thema, welches im vorausgegangenen
Bauausschuss vorberaten wurde. Er bittet StBOAR
Groppe, die Empfehlungen des Planungsausschusses vorzutragen.
Dieser führt aus, dass der Bauausschuss zu
den bereits in der Vorlage aufgeführten Kritikpunkten zwei Ergänzungen zugefügt
habe.
Zum einen ginge es um die Einstufung des
Flughafens Paderborn/Lippstadt, der im LEP lediglich als „regionalbedeutsam“
aufgeführt werde. Der Bauausschuss widerspricht diesem dahingehend, dass der
Flughafen Paderborn/Lippstadt als „landesbedeutsam“ eingestuft werden möge, um
seine zukünftige Entwicklung gleichermaßen zu gewährleisten und nicht von
vornherein planerisch eingeschränkt werde.
Weiter habe sich der Bauausschuss gegen die
Streichung des Standortes Warburg als Gebiet für flächenintensive Großvorhaben
ausgesprochen StBOAR Groppe verweist
dazu auf die Erläuterungen im Beschlussvorschlag des Bauausschusses.
Ratsherr Schulte erklärt für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sich enthalten zu wollen, da der Entwurf des LEP die Mobilisierung von Brachflächen vorsehe, die Beschlussempfehlung des Bauausschusses daran jedoch Kritik übt.