Beschluss: mehrheitlich beschlossen

Beschlussvorschlag:

 

Der Bauausschuss der Stadt Brakel lehnt den Entwurf eines Landesentwicklungsplans Nordrhein-Westfalen (LEP NRW) vom 25.06.2013 gemäß folgender Kritikpunkte bei 1 Gegenstimme und 2 Enthaltungen mehrheitlich ab und schließt sich der umfassenden und dezidierten Stellungnahme des Kreises Höxter als verwaltungsinternes Papier gemäß Anlage (zur Vorlage) an:

 

Einschätzung und Kritikpunkte

 

Die Verwaltung sieht das Gesetzeswerk als unausgewogene und falsch gewichtete Fortschreibung bzw. Anpassung (Neuausrichtung) der raumordnungsrechtlichen Leitlinien für das Land NRW insb. mit ihren Ausführungen zur Sicherung und Entwicklung beispielsweise von Siedlungsflächen.

 

Der kreisangehörige Raum hat seit dem LEP von 1995 enorm an Bedeutung für die industrielle Produktion in NRW gegenüber den Großstädten gewonnen. Dementsprechend sind auch die Schwerpunkte des jetzigen LEP-Entwurfs dieser wirtschaftsstrukturellen Ausprägung anzupassen und nicht etwa der ländliche Raum als Umland zu betrachten, in dem vor allem ehrgeizige Flächensparziele verwirklicht werden können.

 

Die sehr starke Gewichtung im vorliegenden Entwurf der Bereiche Klimaschutz sowie Umwelt- und Naturschutz und damit der Prämisse des Flächensparens und des Vorrangs der Innen- vor Außenentwicklung ist grundsätzlich nachvollziehbar, denn Freiraum ist eine endliche Ressource.

 

Jedoch können Flächenausweisungen nicht nur an Brachflächen orientiert werden, die sich aus Gründen wie Vorbelastungen oder Nachbarschaftskonflikten oftmals nicht nachnutzen lassen. Neuausweisungen müssen daher wie bislang möglich bleiben, zumal grundsätzlich davon ausgegangen werden sollte, dass keine Kommune eine unmaßstäbliche Vorsorgeplanung zu Lasten des Freiraums betreibt.

 

Insofern führt das Ziel des Flächensparens als Maßgabe für ein Planwerk, das der gesamten Entwicklung eines Landes Rechnung tragen soll, unter Umständen dazu, dass nicht mehr bedarfsgerecht geplant werden kann. Andererseits jedoch wird Flächenverbrauch im geltenden System des kommunalen Finanzausgleichs zumindest in Kauf genommen, da das hieraus resultierende Bestreben der Kommunen nach möglichst vielen Gewerbetreibenden und Einwohnern ein entsprechendes Flächenangebot nach sich zieht.

 

Hierzu ist abschließend vor einem aus dem allgemein gehaltenen Bekenntnis dieses Entwurfs noch zu entwickelnden vereinheitlichten, mathematisierten und damit zu schematischen Ausweisungsschlüssel über hochgerechnete Prognosen und Flächenkennziffern zu warnen, der letztendlich am Bedarf - bislang stets in enger Absprache mit der Bezirksregierung über das als gut empfundene Hilfsmittel der sog. Realnutzungskartierung hinreichend genau abgeschätzt - vorbeizielt.

 

Des Weiteren bezieht der LEP-Entwurf den sog. Klimaschutzplan nach Maßgabe des nordrhein-westfälischen Klimaschutzgesetz ein, ohne dass dieser besteht. Dies scheint rechtlich fragwürdig, da der LEP sich auf Ziele oder Grundsätze bezöge, die außerhalb dieses Werkes geregelt wären. Dies verstieße gegen Grundsätze der Raumordnung, da sich der Regelungsgehalt aus dem Planwerk selbst unmittelbar und hinreichend bestimmt ergeben muss. Außerdem dürfte das Abwägungsgebot zu Gunsten noch nicht konkret bestimmter Belange nicht einseitig außer Kraft gesetzt werden.

 

Eine Bestimmung von Kraftwerk-Mindestwirkungsgraden, die herkömmliche Techniken indirekt ausschlössen (Verhinderungsplanung), ist darüber hinaus zweifelhaft.

 

Ebenso wird das Thema „Windkraft im Wald“ (Pkt. 7.3 Wald und Forstwirtschaft/ Ziele und Grundsätze, 7.3-3 Ziel Waldinanspruchnahme) kritisch, weil widersprüchlich und nicht umsetzbar, gesehen. Es ist praktisch nicht möglich, Wald für entgegenstehende Planungen und Maßnahmen in Anspruch zu nehmen und die Waldumwandlung auf das unbedingt erforderliche Maß zu beschränken. Insofern ist die Errichtung von Windenergieanlagen auf forstwirtschaftlichen Waldflächen nicht möglich, ohne wesentliche Funktionen des Waldes erheblich zu beeinträchtigen (z.B. „Erholung“).

 

Darüber hinaus spielt die von der Stadt Warburg absprachegemäß übermittelte Stellungnahme zum Pkt. 6.4-1 Ziel Standorte für landesbedeutsame flächenintensive Großvorhaben (Seite 45) eine bedeutende Rolle, da sie auch die Stadt Brakel betrifft; diese lautet:

 

Im derzeit gültigen LEP '95 ist der Standort Warburg als Gebiet für flächenintensive Großvorhaben noch enthalten (vgl. LEP '95, Karte Teil B für Reg.-Bez. Detmold A 5.3 Warburg). Auch bei der Fortschreibung des Regionalplans für den Regierungsbezirk Detmold Teilabschnitt Paderborn-Höxter aus dem Jahr 2008 gab es keinen Anlass, den Standort Warburg aus den Darstellungen des Regionalplans herauszunehmen, sodass der Standort im Regionalplan nach wie vor als Bereich für flächenintensive Großvorhaben dargestellt ist. Aus den Erläuterungen zum LEP geht auch nicht hervor, warum der Standort Warburg bei der Darstellung herausgefallen ist. Der Verweis auf eine ILS-Studie aus dem Jahre 2001 ist an dieser Stelle nicht hilfreich. Aus planerischer und wirtschaftlicher Sicht erfordert eine ausgewogene landesweite Betrachtung, dass die Standorte für landesbedeutsame flächenintensive Großvorhaben nicht nur in der Rhein-Ruhr-Region liegen, sondern dass Standorte auch im östlichen Landesteil NRWs zur Verfügung gestellt werden.

 

Die wirtschaftliche Attraktivität der Stadt Warburg und des Kreises Höxter hängt wesentlich auch von einem geeigneten Flächenangebot für flächenintensive industrielle und gewerbliche Großvorhaben ab, die für die wirtschaftliche Entwicklung dieses Raumes von besonderer Bedeutung sind. Durch die Herausnahme des Standorts Warburg aus der Liste für landesweit bedeutende flächenintensive Großvorhaben wird die wirtschaftliche Attraktivität einer ganzen Region erheblich geschwächt.

 

Auch Aufgrund der sehr guten Verkehrsanbindung von Warburg durch die unmittelbare Anbindung des Gebietes an die Autobahn A 44 und der Nähe zu dem landesbedeutsamen Flughafen Paderborn-Lippstadt und dem Flughafen Kassel-Calden ist die Herausnahme des Standorts Warburg aus Sicht der Stadt Warburg und der gesamten Region nicht nachvollziehbar.

 

Der Standort Warburg ist deshalb aus planerischer und wirtschaftlicher Sicht zwingend wieder in die Liste der Standorte für landesbedeutsame flächenintensive Großvorhaben aufzunehmen. Nur hierdurch kann eine wesentliche Schwächung des Raumes Ostwestfalen-Lippe verhindert werden.

 

Weiterhin ist aus der Stellungnahme der Flughafen Paderborn/ Lippstadt GmbH zum Kap. 8 des Entwurfs, Thema „Verkehr und technische Infrastruktur“, zu ersehen, dass die beabsichtigte Einstufung des Flughafens Paderborn/ Lippstadt als ein lediglich regionalbedeutsamer Flughafen (im Vergleich zu den landesbedeutsamen Flughäfen Düsseldorf, Köln/ Bonn, Münster/ Osnabrück) weder methodisch (Abgrenzungskriterien), rechtlich (wettbewerbsverzerrend) noch sachlich begründet ist. Im System der relativ gleichmäßig verteilten nordrhein-westfälischen Verkehrsflughäfen nimmt besagter Flughafen - im Widerspruch zu den gleichrangigen Betriebsgenehmigungen - eine ebenso wichtige Stellung wie die erwähnten Flughäfen ein. Somit ist die vorgenommene Einstufung nicht nur aus Sicht des Betreibers, sondern auch aus Sicht einer dadurch indirekt benachteiligten Kommune wie Brakel u.a. im Kreisgebiet unakzeptabel, da hiermit eine Abwertung der infrastrukturellen Anbindung einher gehen könnte. Die Einstufung/ Unterscheidung zwischen landes- und regionalbedeutsamen Verkehrsflughäfen innerhalb des Landes NRW ist somit zurückzunehmen. Alternativ soll dieser Flughafen als landesbedeutsam eingestuft werden, um seine zukünftige Entwicklung gleichermaßen zu gewährleisten und nicht von vorneherein planerisch einzuschränken.


Der Vorsitzende erteilt Verw.-Ang. Bohnenberg das Wort, der einen ausführlichen Überblick über die Kritikpunkte in der Sache gibt.

 

Ratsherr Hartmann sieht die sog. „Detmolder Erklärung“ des Regionalrates in genau passende Richtung gehen; sie spiegele sich im sehr guten Arbeitspapier des Kreises Höxter als Vorlagen-Anhang wider.

 

Ratsherr Steinhage, Bgm. Temme sowie Ratsherr Lohre kritisieren den Verlust eines Teils der gemeindlichen Planungshoheit und die „Netto-Null-Politik“ laut Planentwurf.

 

Herr Engel sieht nach entsprechender Überarbeitung die Notwendigkeit einer erneuten Offenlegung des LEP-Entwurfes; jede Kommune habe die Möglichkeit der Einflussnahme im Planungsprozess/ -verfahren.

 

Es entsteht eine kurze Diskussion um die Aufrechterhaltung notwendigen Entwicklungspotenzials auf den Dörfern, in deren Folge klar wird, dass Flächen auch weiterhin disponiert werden können müssen.