Bürgermeister Temme berichtet einleitend über das Starkregenereignis vom 15. Oktober 2019. Die Folgen dieses Großschadens übertreffen die menschliche Vorstellungskraft, daher möchte die Verwaltung in der heutigen Sitzung einen Überblick über die Auswirkungen im Hinblick auf die Hydrologie, das Kanalnetz und vor allem den unermüdlichen Einsatz der Feuerwehr und Hilfsorganisationen geben.

 

Dipl.-Ing. Christof Münstermann erläutert anhand von umfangreichem Bildmaterial die Auswirkungen des Ereignisses aus Sicht der Hydrologie. Er verdeutlicht anhand der Auswertung der Luftbilder (Drohnenflug vom 26.10.2019) die Erosions- und Fließwege des Wassers. Das Langzeittrenddiagramm zeige die Niederschlagsintensität (mm/m2) und liefere das erschreckende Ergebnis, denn innerhalb von 10 Minuten seien insgesamt 23 mm Regen auf 1 Quadratmeter gefallen. Durch entsprechendes Fotomaterial und einen Videobeitrag verdeutlicht er die katastrophale Lage, vor allem im Ortsteil Erkeln.

Aufgrund der Starkregenmenge wurde das Regenrückhaltebecken in Erkeln bereits innerhalb von 40 Sekunden (860 cbm:21,25 cbm/Sekunde) komplett gefüllt. Dipl.-Ing. Münstermann liefert weiterhin Zahlen zur Abschätzung der Wassermenge, die über den Vogelsang-Bach zum Abfluss kam:

Regen: 30 mm = 0,03 m, Einzugsgebiet: 10 qkm = 10.000.000 qm, Ablasseiwert 50 % (Abfluss von der Fläche), 10.000.000 qm x 0,03 m x 50% = 150.000 cbm (150 Millionen Liter).

 

Zu den Entsorgungsmengen teilt er mit, die Stadt Brakel habe insgesamt 800 cbm Schlamm (zur Deponie) und 50 Container mit zerstörtem Hausrat entsorgt. Es gab massive Probleme im Kanalnetz, insbesondere auf der Kläranlage Hembsen. Das Belebungsbecken war aufgrund der ankommenden Wasser-Schlamm-Massen übergelaufen. Dieses betraf zunächst den Räumer der Nachklärung, anschließend saßen dann die Leitungen zu, so dass letztendlich eine Abwasserbehandlung nur noch bedingt möglich war. Bei derartigen Ereignissen muss unbedingt vermieden werden, dass Schlamm in die Schmutzwasserkanalisation eindringen kann, denn bis heute konnte der Schlamm noch nicht komplett aus dem Netz entfernt werden. Durch den Schaden wurden mehr als 300 Stunden an zusätzlichen Spülarbeiten durch Spezialfahrzeuge auf den Kläranlagen und im Kanalnetz erforderlich, auch private Anschlussleitungen waren betroffen.

 

 

 

 

 

Anschließend stellt der Leiter der städtischen Feuerwehr Brakel, Sven Heinemann, die Auswirkungen des Großschadenereignisses aus Sicht der Feuerwehr und Hilfsorganisationen dar. Er gibt zudem einen kurzen Überblick über die Chronologie der Einsätze und die Schwierigkeit, diese überhaupt koordinieren zu können.

 

Die Feuerwehr war mit insgesamt 2.975 Einsatzstunden in das Geschehen eingebunden, insgesamt 11 Einheiten und 86 Einsatzkräften waren im Schichtbetrieb tätig, 7 Kanalreinigungsfahrzeuge von unterschiedlichsten Dienstleistern und unzählige Privatpersonen agierten im Dauereinsatz. 64 Einsatzkräfte der Feuerwehr, 18 Einsatzkräfte des technischen Hilfswerkes, 9 Kräfte des DLRG, 16 Fahrzeugfahrer und rund 100 freiwillige Helfer waren ebenfalls beteiligt, so dass in Summe 207 Personen eingebunden waren.

 

Anhand einer beeindruckenden Bilddokumentation verdeutlicht Sven Heinemann das unvorstellbare Ausmaß dieses Starkregenereignisses. Auch die Tage nach dem Ereignis bedeuteten einen Dauereinsatz der unzähligen Kräfte, bis der Ort letztendlich wieder „besenrein“ hinterlassen werden konnte.

 

Die Erfahrungen und Rückschlüsse, die aus diesem Ereignis gewonnen werden konnten, fließen nun in zukünftige Einsatzvorplanungen ein. So sei die Gründung einer Führungsgruppe der Feuerwehr Brakel, bestehend aus allen ausgebildeten Zugführern, geplant.

 

Es befinde sich bereits die Einrichtung einer Kommunikationszentrale im Feuerwehrgerätehaus Brakel „Stab für außergewöhnliche Ereignisse (SAE)“ als Schnittstelle zwischen der Leitstelle und der Einsatzleitung in Planung.

 

Bürgermeister Hermann Temme bedankt sich bei den Berichterstattern für die detaillierten Ausführungen, die das enorme Ausmaß des Schadens sehr gut vorstellbar machen. Zur Nachbereitung und Aufarbeitung sei bereits ein Treffen mit den Landwirten und der Landwirtschaftskammer erfolgt. Die Landwirtschaftskammer werde nun zuständigkeitshalber weitere Gespräche mit den Landwirten führen und entsprechend agieren. Bürgermeister Temme appelliert an alle Beteiligten keinesfalls nach Schuldigen zu suchen, sondern gemeinsam an Lösungsvorschlägen für die Zukunft zu suchen.

 

Die Mitglieder des Haupt- und Finanzausschuss sind sich einig, hier wurde hervorragende Arbeit geleistet. Ob seitens der Einsatzkräfte, der Verwaltung oder der vielen freiwilligen Helfer, alle haben ihr Bestes gegeben.

 

Zur Nachfrage des Ratsherrn Gerson, zu einem möglichen Einsatz der Bezirksreserve erklärt Bürgermeister Temme, dass es sich hier nicht um eine Katastrophe im Sinne des Katastrophenschutzgesetzes gehandelt habe. Bürgermeister Temme kann gut verstehen, dass es für die Bevölkerung schwer nachzuvollziehen sei, dass es sich nicht um eine Angelegenheit im Sinne des Gesetzes gehandelt habe, denn die Auswirkungen waren natürlich für jeden Betroffenen katastrophal. Der Kreis Höxter sei allerdings die zuständige Behörde, die einen Katastrophenfall feststelle und weitere Maßnahmen einleite.

 

Abschließend teilt StVR Loermann mit, es werde für derartige Ereignisse künftig ein „Stab für außergewöhnliche Ereignisse“ eingerichtet, der von einer Räumlichkeit des Feuerwehrgerätehauses Brakel entsprechend agieren und koordinieren werde.