Betreff
Tourismusangelegenheiten, hier: Fortbestand des Luftkurortes Brakel
Vorlage
099/2009-2014
Art
Beschlussvorlage

Sachverhalt:

 

Teile der Kernstadt Brakel sind 1974 nach den Bestimmungen des damals geltenden Kurortegesetzes NW (KOG) als Luftkurort staatl. anerkannt worden; im Anerkennungsverfahren wurde eine umfangreiche Klima-Beurteilung (Wetteraufzeichnungen) durchgeführt. Als eine der Auflagen der Anerkennung wurde seinerzeit vom damaligen NRW-Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales verfügt, dass nach 10 Jahren eine Klimakontrolluntersuchung durchgeführt wird. Dies geschah in den Jahren 1983/84 im Rahmen einer einjährigen Messreihe, bei der an drei Mess-Stationen (Kurpark, Innenstadt und Wohngebiet) anhand von später mikroskopisch untersuchten Klebefolien, die der Luft ausgesetzt waren, die Staubbelastung der Luft geprüft wurde (sog. Aerosolmessung).

 

Ergebnis der Untersuchung war, dass „zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Bestätigung des Prädikates „Luftkurort“ aus lufthygienischer Sicht noch befürwortet werden kann.“ Insbesondere war die Belastung der Luft mit Ruß aus Hausfeuerungsanlagen grenzwertig hoch. Siehe hierzu auch die als Anlage beigefügte Verfügung der Bezirksregierung Detmold vom 12.3. 1985. Die hier gemachten Vorschläge zur Minderung der Ruß-Belastung sind zwar nett gemeint, aber rechtlich nicht durchführbar gewesen.

 

Weitere Klimakontrollanalysen im 5-Jahres-Abstand waren zwar gewünscht, aber gesetzlich nicht vorgeschrieben, so dass bis heute keine weitere Untersuchung stattfand.

 

Nach langer Beratung ist zum 8.1. 2008 eine Novellierung des KOG in Kraft getreten; danach sind u.a. Luftkurorte innerhalb von 5 Jahren (also bis 2013) darauf zu untersuchen, ob das Prädikat noch Bestand hat. Diese Untersuchung ist im 10-Jahresabstand zu wiederholen; zuständig für diese Untersuchung ist die örtliche Bezirksregierung. Diese Untersuchung beinhaltet auch eine erneute Klima-Kontrollanalyse.

 

Allgemeine Bewertung der Situation „Luftkurort Brakel“ aus touristischer Sicht:

 

Als der Deutschlandurlaub in den 1960er und 1970er Jahren boomte, gab die Artbezeichnung „Staatl. anerkannter Luftkurort“ dem Touristen eine gewisse Sicherheit und Vergleichbarkeit, in diesem Ort eine Mindest-Infrastruktur (Grün- und Ruheanlagen, Haus des Gastes, Spiel- und Sportmöglichkeiten, sauberer Ort usw.) anzutreffen, denn er buchte seinerzeit eine Art „Urlaub auf der Bettkante“; das hieß, seine Unterkunft bot ihm außer Verpflegung und einer einfachen Schlafgelegenheit nicht viel Abwechslung.

Das hat sich heute, 40 oder 50 Jahre später, enorm gewandelt. Der Urlauber – erheblich reiseerfahrener als früher – bucht heute nicht einen Ort, sondern ein „Thema“: Er möchte einen „Wellness-Urlaub“, „Sport-Urlaub“, „Wander-Urlaub“ oder dergl. verbringen und sucht sich eine dafür geeignete Unterkunft, die das Thema bedienen kann, und allenfalls noch die Urlaubsregion aus. Service-, Sport- und Unterhaltungsangebote vielfältigster Art in der Unterkunft sind schon lange kein Luxus mehr.

 

Daraus ergibt sich für Brakel, dass die Artbezeichnung „Luftkurort“ oder auch „Erholungsort“ nur noch ein gewisses Etikett bedeutet, als Entscheidungsgrundlage des potentiellen Gastes aber seine Bedeutung verloren hat. Die Verwaltung ist der Meinung, dass die Kernstadt auf touristischem Sektor keine großen Einbußen hinnehmen müsste, wenn sie das Prädikat „Luftkurort“ verlöre.

 

Seit der Anerkennung als Luftkurort im Jahr 1974 ist die Stadt Brakel u.a. mit entsprechenden Kosten verpflichtet,

  • einen Kurpark von mind. 5 ha Größe zu unterhalten,
  • eine ganzjährig geöffnete Tourist Information incl. Personal vorzuhalten,
  • spezielle Unterhaltungsangebote (z.B. Kurkonzerte) zu organisieren,
  • ein „Haus des Gastes“ zu unterhalten,
  • eine Kurtaxe zu erheben,
  • in der Bauleitplanung auf die besonderen Bedürfnisse zu achten.

 

Die finanziellen Vorteile als Luftkurort sind dagegen:

  • jährliche Schlüsselzuweisung von € 26.000,00
  • Kurtaxe-Einnahmen von ca. € 700,00.

 

Durchführung einer Klima-Kontrollanalyse

Falls die Stadt Brakel für Teile der Kernstadt ihr Prädikat „Luftkurort“ behalten will, ist zu entscheiden, ob sie das Risiko einer neuen Klima-Kontrollanalyse (wieder über 52 Wochen = 1 Jahr) eingehen soll. Dies ist nicht so einfach zu beantworten. Nach Auskunft des Dt. Wetterdienstes Essen kostet diese Analyse etwa 15.000 bis 18.000 €.

 

Wie oben ausgeführt, war die 1983/84 durchgeführte Analyse so gerade noch ausreichend für eine Luftkurort-Anerkennung, insbesondere in puncto Ruß-Belastung. Seit dieser Zeit sind zwar die Hausfeuerungsanlagen (Gas und Heizöl) moderner und sauberer geworden, aber die Zahl der Festbrennstofföfen (Kaminöfen), die mit Holz beheizt werden und somit Ruß erzeugen, ist in den letzten 20 Jahren enorm gestiegen; dies wird z.B. von unserem Bezirksschornsteinfegermeister bestätigt. Die Stadt Brakel ist nicht in der Lage, z.B. durch Ortssatzungen, den Gebrauch solcher Kaminöfen zu verbieten.

 

Es könnte also durchaus sein, dass die neue, teure Analyse zu dem Schluss kommt, dass die Ruß-Belastung in der Kernstadt Brakel zu hoch ist für eine weitere Luftkurort-Anerkennung. Dann würde uns das Prädikat zwingend aberkannt.

 

Alternativ hätte die Stadt Brakel die Möglichkeit, spätestens im Jahr 2013 auf das Prädikat „Luftkurort“ zu verzichten. Ab dann entfielen zwar die og. Einnahmen, aber auch die og. zwingenden Verpflichtungen, die dann je nach Finanzkraft freiwillig weitergeführt werden könnten.

 

Bis 2013 ist die jährliche Schlüsselzuweisung von € 26.000 gesichert. Die Verwaltung empfiehlt daher, die erforderliche Klimakontrollanalyse trotz des damit verbundenen Risikos in Auftrag zu geben. Sollte die Analyse negativ ausfallen, steht nicht zu erwarten, dass die Stadt Brakel den Kurpark, das „Haus des Gastes“ und die gesamte touristische Arbeit für die Kernstadt aufgeben wird.


Beschlussvorschlag:

 

Der Ausschuss beschließt die Verwaltung zu beauftragen, bis 2013 für den Luftkurort Brakel eine erneute Klimakontrollanalyse durch den Deutschen Wetterdienst erstellen zu lassen; die Mittel sind spätestens im Haushalt 2012 zur Verfügung zu stellen.