Aufgrund der Corona-Pandemie und den damit verbundenen Absagen der Großveranstaltungen mussten leider auch die verkaufsoffenen Sonntage zum Stadtfest und zum Annentag 2020 abgesagt werden.

Durch Erlass vom Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen vom 10.07.2020 ist die Möglichkeit einer Festsetzung von verkaufsoffenen Sonntagen nach § 6 LÖG NRW im Zusammenhang mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie bis zum 31.12.2020 eröffnet.

In der durch den Rat der Stadt Brakel beschlossenen ordnungsbehördlichen Verordnungen zur Durchführung von verkaufsoffenen Sonntagen wurde die bekannten vier verkaufsoffenen Sonntage als Annex zu den bestehenden Festivitäten gewertet.

Die neue ordnungsbehördliche Verordnung bis zum 31.12.2020 ist nach eingehender Prüfung durch den Rat der Stadt Brakel zu beschließen.

 

§ 6 Abs. 1 LÖG NRW

 

An jährlich höchstens acht, nicht unmittelbar aufeinanderfolgenden Sonn- oder Feiertagen dürfen Verkaufsstellen im öffentlichen Interesse ab 13 Uhr bis zur Dauer von fünf Stunden geöffnet sein.

Ein öffentliches Interesse liegt insbesondere vor, wenn die Öffnung

1. im Zusammenhang mit örtlichen Festen, Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen erfolgt,

2. dem Erhalt, der Stärkung oder der Entwicklung eines vielfältigen stationären Einzelhandelsangebots dient,

3. dem Erhalt, der Stärkung oder der Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche dient,

4. der Belebung der Innenstädte, Ortskerne, Stadt- oder Ortsteilzentren dient oder

5. die überörtliche Sichtbarkeit der jeweiligen Kommune als attraktiver und lebenswerter Standort insbesondere für den Tourismus und die Freizeitgestaltung, als Wohn- und Gewerbestandort sowie Standort von kulturellen und sportlichen Einrichtungen steigert.

Das Vorliegen eines Zusammenhangs im Sinne des Satzes 2 Nummer 1 wird vermutet, wenn die Ladenöffnung in räumlicher Nähe zur örtlichen Veranstaltung sowie am selben Tag erfolgt. Bei Werbemaßnahmen des Veranstalters müssen die jeweiligen Veranstaltungen gemäß Satz 2 Nr. 1 für die Öffnung der Verkaufsstellen im Vordergrund stehen.

 

Festsetzung verkaufsoffener Sonntag zu den Terminen 20.09.20, 11.10.20, 08.11.20, 06.12.20

 

Am 11.10.20 sollte der Michaelismarkt und am 06.12.20 soll nach jetzigem Stand der Nikolausmarkt stattfinden. Als Annex sollte der verkaufsoffene Sonntag stattfinden. Der 20.09.20 sowie der 08.11.20 stellen zusätzliche Termine dar.

§ 6 Abs. 1 Nr. 1 LÖG NRW i.V.m. der ordnungsbehördlichen Verordnung über das Offenhalten von Verkaufsstellen an Sonn- und Feiertagen vom 12.04.2019 findet aufgrund der Absage von Großveranstaltungen zunächst keine Anwendung. Prüfungsrelevant für die Durchführung der oben genannten verkaufsoffenen Sonntage sind § 6 LÖG Abs. 1 Nr. 2 und 4 LÖG NRW sowie Bekämpfung der Corona-Pandemie als nicht normierter Sachgrund. Die Kumulation der Sachgründe ist von besonderer Bedeutung.

 

Nr. 2) Erhalt und Stärkung örtlicher Einzelhandelsstrukturen

 

Der o.g. Erlass macht hierzu folgende Ausführungen:

Nach § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr.2 LÖG NRW liegt ein die Ladenöffnung rechtfertigendes Interesse vor, wenn die Öffnung dem Erhalt, der Stärkung oder der Entwicklung eines vielfältigen stationären Einzelhandelsangebotes dient. Der Einzelhandel bildet in Nordrhein-Westfalen den drittgrößten Wirtschaftszweig. Mehr als 100.000 Einzelhandelsbetriebe erwirtschafteten in NRW im Jahr 2019 einen Umsatz von über 122 Mrd. Euro und damit gut ein Viertel des gesamten deutschen Einzelhandelsumsatzes. Mit mehr als 750.000 Beschäftigten und Auszubildenden ist der Einzelhandel in NRW darüber hinaus einer der wichtigsten Arbeitgeber und Nachwuchsförderer, da jeder zehnte Arbeitsplatz im Einzelhandel liegt. Der lokale Einzelhandel ist insbesondere auch für die Kommunen und Menschen vor Ort von Bedeutung, die dort ihre Beschäftigung finden oder auf dessen Versorgungsfunktion angewiesen sind.

Der stationäre Einzelhandel zählt in NRW aufgrund der verfügten Einschränkungen zu den durch die Corona-Pandemie besonders stark betroffenen Branchen. Nachdem mehrwöchigen nahezu vollständigen Lockdown, gelten auch seit der zum 11. Mai 2020 erfolgten Freigabe der Ladenöffnung für den gesamten Einzelhandel weiterhin erhebliche Einschränkungen. So sind Hygienekonzepte erforderlich; weiter ist die Anzahl von gleichzeitig im Geschäftslokalanwesenden Kunden auf eine Person je sieben Quadratmeter der Verkaufsfläche im Sinne des Einzelhandelserlasses NRW beschränkt (§ 11 Abs.1 Verordnung zum Schutz vor Neuinfizierungen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 CoronaSchVO. Nach Erhebungen des Handelsver­bands NRW haben Einzelhändlerin Nordrhein-Westfalen gegen über dem Vorjahr erhebliche Umsatz- und Kundenfrequenzrückgänge zu verzeichnen. Seit Inkrafttreten der ersten Beschränkungen zum Schutz vor Neuinfizierungen mit dem Coronavirus SARS-CoV2, zu denen die Untersagung von Veranstaltungen mit mehr 1.000 Besuchern zählte, wurden in NRW zahlreiche bereits festgesetzte verkaufsoffene Sonn- oder Feiertage abgesagt. Das Verbot von Veranstaltungen mit mehr als 1.000 Personen gilt bis mindestens zum 31.Oktober 2020 fort. Bereits aufgrund der Untersagung von Veranstaltungen im Zeitraum von März bis August 2020 sind ungefähr die Hälfte der für das Jahr 2020 festgesetzten verkaufsoffenen Sonn- und Feiertage ausgefallen. Ausgehend von einem im Jahre 2019 im Einzelhandel in NRW erzielten Jahresumsatz von ca. 122 Mrd. Euro

und einem prozentualen Anteil des an verkaufsoffenen Sonn-und Feiertagen erwirtschafteten Anteil am Jahresumsatz von 3%, würde im Jahr 2020 der Ausfall verkaufsoffener Sonn-und Feiertage im Zeitraum März bis August für den Einzelhandel einen Umsatzverlust i.H.v. ca. 1,84 Mrd. zur Folge haben. Durch die durch Coronaschutzverordnung vom 7.Juli 2020 erfolgte Verlängerung der Untersagung von Veranstaltungen bis mindestens zum 31.Oktober 2020 werden sich diese Zahlen noch erhöhen. Umfragen des Handelsverbands NRW haben ergeben, dass im Einzelhandel in beachtlichem Umfang das Risiko für Geschäftsaufgaben besteht. Die Umfragen zeigen weiter, dass die Corona-Pandemie erhebliche Umsatzrückgänge gegenüber dem Vorjahr zur Folge hat. Während der Phase des Lockdowns liegt dies auf der Hand. Aber auch für die ersten Wochen nach der möglichen Vollöffnung zeigen Schätzungen befragter Betriebe erhebliche Umsatzrückgänge gegenüber der Vorjahreswoche. Insgesamt ist zu konstatieren, dass der Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen durch die Corona-Pandemie erheblich unter Druck geraten ist. Weniger als ein Drittel der Betriebe hat so viel Umsatz wie im Vorjahr oder mehr erzielt, während mehr als zwei Drittel der Betriebe weiterhin erhebliche Einbußen zu verzeichnen haben. Im Mai 2020 befanden sich ein Drittel der Non-Food Einzelhändler laut einer Umfrage des Handelsverbandes (HDE) bei mehr als 600 Einzelhandelsunternehmen aus dem Non-Food Bereich in akuter Existenznot. Mitte Juni 2020 schätzte jeder Fünfte Teilnehmer einer Umfrage des Handelsverbandes NRW das Risiko einer Geschäftsaufgabe mit „groß bis sehr groß“ ein. Aufgrund der Corona-Pandemie ist der stationäre Einzelhandel flächendeckend und damit in allen nordrhein-westfälischen Kommunen gefährdet. Dieser flächendeckenden Gefährdung kann allein mit Ladenöffnungen von Montag bis Samstag nicht erfolgreich begegnet werden, da erlittene und noch zu erwartende Einbußen zu hoch ausfallen. Bund und Länder haben zahlreiche Programme aufgelegt, um von der Corona-Krise betroffene Unternehmen zu unterstützen. Sinn voll und notwendig sind flankierend hierzu aber auch Maßnahmen, die dem lokalen Einzelhandel Kunden zuzuführen und zusätzliche Einnahmemöglichkeiten eröffnen. Verkaufsoffene Sonn-und Feiertage haben mit ca. 3% des Gesamtjahresumsatzes in der Vergangenheit in nicht unerheblichem Maße zum Gesamtumsatz des Einzelhandels beigetragen und sind für den stationären Einzelhandel von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung. Es drängt sich daher auf, dass durch verkaufsoffene Sonn-und Feiertage der durch die Corona-Pandemie hervorgerufenen erheblichen Gefährdung des Einzelhandels entgegengewirkt werden kann. Eine vollständige Abwehr dieser Gefährdung allein durch verkaufsoffene Sonn-und Feiertage ist nicht zu erwarten, aber für die Eignung eines solchen Mittels auch nicht erforderlich. Ausreichend ist, wenn ein Mittel die Erreichung des verfolgten Zwecks fördert. Vor diesem Hintergrund sind verkaufsoffene Sonn- und Feiertage ein geeignetes Mittel, um einer durch die Corona Krise eingetretenen und mittelfristig auch weiterhin absehbaren Gefährdung des lokalen Einzelhandels entgegenzuwirken.

 

Die Ausführungen treffen auch auf den innerstädtischen Bereich (siehe Karte im Anhang) in Brakel zu. Durch die verschiedenen Coronaschutzverordnungen waren der Großteil des Einzelhandels über Wochen gezwungen zu schließen. Der Werbering Brakel stellt in seiner schriftlichen Erklärung klar, dass der Großteil der Einzelhandel durch die Krise bedroht ist und selbst nach der Öffnung der Geschäfte die Umsätze zunächst sehr schwach waren.

 

Nach der letzten Umfrage lagen 2/3 der Einzelhändler bei einem Umsatz von 80 % des vergleichbaren Vorjahresmonatszeitraumes (28. U. 29. KW). 21,6 % der Einzelhändler lag bei lediglich 40 %, weitere 21,7 bei gerade 60 %. Selbst bei einem Umsatz von 80 % gegenüber dem Vorjahr geht man von einer starken Existenzgefährdung des Handels aus; bei Quoten von 60 bzw. sogar 40 % ist die Existenz des jeweiligen Betriebes kurzfristig bedroht bzw. unabwendbar. Diese Zahlen, die für NRW bzw. OWL erhoben wurden und weiterhin aktuelle erhoben werden, sind nach Aussage des Handelsverbandes OWL auch repräsentativ für den Kreis Höxter und damit auch für Brakel. Damit ist festzustellen, dass insbesondere aufgrund der Corona bedingten Einschränkungen der Handel in den Innenstädten massiv gefährdet ist und weitere Insolvenzen und damit Leerstände prognostizierbar sind.

 

Durch den bisherigen Wegfall von zwei verkaufsoffenen Sonntagen (Stadtfest sowie Annentag) fehlen dem Einzelhandel zusätzlich Einnahmen, sodass die Festsetzung von vier verkaufsoffenen Sonntagen erheblich zu der Sicherung des Einzelhandels beitragen kann bzw. die Gefährdung von Geschäftsaufgaben zumindest verringern können. Eine räumliche Abgrenzung zu dem Bereich Warburger Str. (Agravis-Kornhaus, Warburger Str. 28 bis Fa. Kühlert, Warburger Str. 63) erfolgt, weil fast alle Geschäfte von dem Lockdown in diesem Bereich nicht bzw. nur gering betroffen waren.

 

Nr. 4) Belebung der Innenstädte, Ortskerne, Stadt- oder Ortsteilzentren

 

Der o.g. Erlass macht hierzu folgende Ausführungen:

Über dies ist zu berücksichtigen, dass der über Wochen dauernde „Lock-down“ einen Einkauf außer in Lebensmittelgeschäften, Drogerien, Bau-, Gartenbau- und Tierbedarfsmärkten unmöglich gemacht hat. Eine solche längerfristige Schließung der Geschäfte kann nicht nur eine noch weitergehende Verlagerung des Kaufgeschehens in den Onlinehandel zur Folge haben, sondern auch die Struktur der Innenstädte gefährden. Dies gilt in reduziertem Maße auch für die weiterhin bestehenden Ein­schränkungen und Auflagen für den Einzelhandel nach §11 und § 2 Abs. 3 CoronaSchVO. Der Handelsverband NRW hat auf seiner Internetseite Daten zur Passanten Frequenz in den Innenstädten veröffentlicht. Festzuhalten ist danach, dass die Innenstädte erheblich an Passanten Frequenz eingebüßt haben. Eine Insolvenzwelle des stationären Einzelhandels hätte unabsehbare Folgen für die Attraktivität und die Funktion der Innenstädte. Solche Folgewirkungen zu vermeiden kann und darf verfassungsrechtlich auch Ziel einer sonn- oder feiertäglichen Ladenöffnung sein. Der Gesetzgeber hat dies in §6 Abs.1 Satz 2 Nr. 4 LÖG NRW ebenfalls zum Ausdruck gebracht. Durch Verkaufsstellenöffnungen an Sonn- oder Feiertagen können Bürger wieder vermehrt auf den stationären Einzelhandel in den Innenstädten, Ortskernen, Stadt oder Ortsteilzentren aufmerksam gemacht und durch Stärkung des Handels zugleich einer zunehmenden Verödung entgegengewirkt werden.

 

Dieses Phänomen trifft auch in Brakel zu. Lt. den Erläuterungen des Werbering Brakel hat die Passanten Frequenz nach der „Wiederöffnung“ der Einzelhandelbetriebe erheblich nachgelassen. Der Online-Handel scheint noch mehr denn je zu florieren. Die vier verkaufsoffenen Sonntage können zur erneuten Aufmerksamkeitssteigerung des Einzelhandels beitragen und so die Gefahr einer flächendeckenden Insolvenzwelle verringern. Somit kann zum Erhalt der Attraktivität der Innenstadt beigetragen werden.

 

 

Nicht normierter Sachgrund: Bekämpfung der Corona-Pandemie

 

Der o.g. Erlass macht hierzu folgende Ausführungen:

Die in § 6Abs.1 S.2 LÖG NRW normierten Sachgründe sind nicht abschließend. Die Bekämpfung der Corona-Pandemie Auswirkungen ist ein nicht ausdrücklich normiertes öffentliches Interesse. Gesellschaftlich besteht ein erhebliches Interesse daran, dass die gesamte Wirtschaft und insoweit insbesondere auch der lokale Einzelhandel in Folge der durch die Corona-Pandemie erlittenen Schwächungen gestärkt wird und durch die Vermeidung einer Welle von Betriebsaufgaben die Folgen für einzelne Betroffene (etwa Ladeninhaber und Angestellte), aber auch den Staat und die Gesamtheit der Steuerzahler so gering wie möglich gehalten werden. Dabei ist weiter zu berücksichtigen, dass mit dem lokalen Einzelhandel ein Absatzmarkt über viele Wochen ausgefallen war und weiterhin mit Einschränkungen belegt ist, was zugleich nachteilige Auswirkungen auf die Produzenten der verkauften Güter mit sich bringt. Bund und Länder haben zahlreiche Programme aufgelegt, um von der Corona-Krise betroffene Unternehmen zu unterstützen, zum Teil über Zuschussregelungen, insbesondere aber über Kreditgewährung. Kredite sind aus Sicht von Staat und Wirtschaft ein sinnvolles Instrument, wenn die Kreditempfänger in die Lage versetzt werden, diese auch zurückzahlen zu können. Sinnvoll sind daher weitergehende Impulse zur Schaffung zusätzlicher Umsatzmöglichkeiten, wie die verkaufsoffene Sonn- und Feiertage im Einzelhandel darstellen. Verkaufsoffene Sonn- und Feiertage haben vielerorts für den Einzelhandel eine erhebliche wirtschaftliche Bedeutung und können daher neben anderen Instrumenten dazu dienen, die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie abzuschwächen. Ladeninhabern wird durch verkaufsoffene Sonn-und Feiertage die Möglichkeit geboten, Umsatz zu generieren, nach dem dieser in der gesamten Branche über Monate weggebrochen war und in vielen Betrieben eine Rückkehr auf das Niveau vor der Corona-Krise nicht absehbar, sondern in weite Ferne gerückt ist. Eine Bekämpfung der Auswirkungen der Corona-Pandemie ist umso mehr geboten, wenn aufgrund der Pandemie bereits festgesetzte verkaufsoffene Sonn-und Feiertage ausfallen, weil die damit im Zusammenhang stehenden Veranstaltungen nicht durchführbar sind. Die Neufestsetzung verkaufsoffener Sonn- oder Feiertage ist insoweit als unmittelbare Maßnahme zur Bekämpfung der Pandemiefolgen einzuordnen.

Zu berücksichtigen ist im Übrigen, dass über sonn- oder feiertägliche Ladenöffnungen eine gewisse Entzerrung des Verkaufsverhaltens erreicht werden kann. Sonn- oder feiertägliche Ladenöffnungen können dazu führen, dass sich die Kunden auf mehr Tage verteilen: Sonn- und Feiertagsöffnungen haben nach aller Erfahrung eine besondere Attraktivität. Es ist deshalb zu erwarten, dass viele Kunden Sonn- oder Feiertage als Einkaufstag nutzen werden. Das kann bei Einhaltung der Hygienevorschriften zu einer Verringerung der Ansteckungsgefahr beitragen. Insbesondere können hier durch Wartezeiten vor Eintritt in die Geschäfte verringert werden. Dies ist von besonderer Bedeutung, weil die Ansammlung zahlreich erwartender Kunden vor den Geschäften anders als ein regulierter Aufenthalt in den Geschäften die Ansteckungsgefahr erhöht. Die Einhaltung von Abstandsregeln vor den Geschäften ist, wenn überhaupt so doch nur schwer durchzusetzen. Es besteht deshalb ein besonderes öffentliches Interesse an der Entzerrung der Einkaufszeiten. Auch dies ist bei der Zulassung einer sonn- und feiertäglichen Ladenöffnung ein wichtiger öffentlicher Belang, der dies neben der existentiellen Bedrohung vieler Einzelhändler rechtfertigen kann.

 

Für Brakel gilt der nicht normierte Sachgrund „Bekämpfung der Corona-Pandemie“ ebenfalls. Viele Einzelhändler haben zunächst die sogenannte Soforthilfe in Anspruch genommen. Teilweise wurde im Anschluss auch Gebrauch von den „Kreditangeboten“ gemacht. Die Festsetzung der o.g. verkaufsoffenen Sonntage kann zur weiteren Umsatzgenerierung und der damit verbundenen Fähigkeit zur Kredittilgung beitragen.

Die Entzerrung des Einkaufsgeschehens ist für die Innenstadt Brakels eher weniger von Bedeutung, da die Passanten Frequenz bzw. auch die Kundenfrequenz eher abgenommen hat.

 

 

Kumulation der Sachgründe

 

Der o.g. Erlass macht hierzu folgende Ausführungen:

Die Zulassung verkaufsoffener Sonn-oder Feiertage kann mit mehreren Sachgründen begründet werden. Treffen mehrere der in § 6 Abs.1 LÖG NRW benannten Sachgründe zu, wird hierdurch das öffentliche Interesse an einer sonn- oder feiertäglichen Ladenöffnung gestärkt. Deshalb sollten sonn-oder feiertägliche Ladenöffnungen, die ihren Grund in der Corona-Pandemie haben, auf alle der vorgenannten Sachgründe gestützt werden. Wie im Einzelnen ausgeführt, treffen die Sachgründe flächendeckend in Nordrhein-Westfalen zu. Das rechtfertigt es, die Sachgründe Nr. 2 und 4 sowie die unbenannten Sachgründe „Bekämpfung der Corona-Pandemie-Auswirkungen“ insgesamt zur Begründung von verkaufsoffenen Sonn- oder Feiertagen heranzu­ziehen.

 

Stellungnahmen im Rahmen des Beteiligungsverfahren

 

Mit Schreiben vom 05.08.2020 wurde den zu Beteiligenden die Möglichkeit gegeben eine Stellungnahme abzugeben. Sofern keine Stellungnahme bis zum 25.08.2020 erfolgte, wurde dies lt. dem besagten Schreiben als Zustimmung gewertet. Folgende Institutionen haben eine Stellungnahme abgegeben (siehe Anhang):

 

-       Werbering Brakel e.V.

-       Handelsverband OWL

-       Industrie- und Handelskammer OWL

-       Handwerkskammer OWL

-       Vereinigte Dienstleistungsgesellschaft (ver.di)

 

Bis auf die vereinigte Dienstleistungsgesellschaft bewerten alle die Festsetzung der verkaufsoffenen Sonntage positiv bzw. haben keine Einwände. Der Werbering Brakel e.V. und der Handelsverband betonen die momentane schwierige Situation und stellen heraus, dass die Maßnahme sogar für einige überlebenswichtig sein kann. Ver.di stellt in ihrer Stellungnahme dar, dass die Festsetzung von den verkaufsoffenen Sonntagen kritisch gesehen wird. Viele Argumente beschäftigen sich mit dem verkaufsoffenen Sonntag als Annex zu einer Veranstaltung. Durch die Corona-Pandemie sind Großveranstaltungen allerdings bis zum 31.12.2020 abgesagt, somit ist der Sachgrund aus § 6 Abs. 1 Nr. 1 LÖG NRW nicht relevant. Ver.di führt in ihrer Stellungnahme weiter aus: „Die geplanten Sonntagsöffnungen dienen nicht dem Erhalt, der Stärkung oder der Entwicklung eines vielfältigen stationären Einzelhandelsangebots (§ 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LÖG NRW). Denn es ist nicht erkennbar, in welcher Weise der geplante verkaufsoffene Sonntag in der Lage sein soll, das erstrebte Ziel auch nur zu fördern, also der Stärkung des Einzelhandels zu „dienen“. Die allgemeine, für den stationären Einzelhandel einer jeden Kommune ganzjährig bestehende Konkurrenzsituation (auch gegenüber dem Onlinehandel) ist für sich genommen nicht geeignet, eine Ausnahme von der Regel der Sonn- und Feiertagsruhe zu begründen. Insoweit geht es um das bloße Umsatzinteresse der Verkaufsstelleninhaber.

Zudem werden keine konkreten Anhaltspunkte dafür genannt, wie sich die Situation des Einzelhandels in dem betroffenen Gebiet überhaupt darstellt. Es wird nicht konkret dargetan, welche Effekte durch die Sonntagsöffnung auf die ansässigen Händler erwartet werden. Die Begründung erschöpft sich insoweit in allgemeinen Erwägungen, die so auf beinahe jede Sonntagsöffnung zutreffen.

Es ist ferner nicht ersichtlich, dass die in § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LÖG NRW genannten oder gleichwertige Zielsetzungen in dem für die Ladenöffnung vorgesehenen Bereich in besonderer Weise betroffen sind. Demnach fehlt es auch an einem für die Öffentlichkeit erkennbaren Ausnahmecharakter der Ladenöffnung.“

 

Die Argumente können seitens der Verwaltung nicht nachvollzogen werden. Folgend die Konkretisierung bzw. Gegendarstellung:

 

Die Entwicklung des Einzelhandels der letzten Jahre insbesondere in der Innenstadt zeichnet sich deutlich erkennbar mit zunehmenden Leerständen aus. So sind allein in der Fußgängerzone „Hanekamp“ in den letzten 3 Jahren 3 Leerstände zu den bereits bestehenden hinzugekommen. Nimmt man den direkt angrenzenden Bereich der Innenstadt und somit des zentralen Versorgungsbereichs hinzu, so summiert sich die Zahl der in dem genannten Zeitraum auf 9 Geschäftsaufgaben. Durch die Corona-Pandemie haben hiervon drei Gewerbetreibende ihr Geschäft nicht mehr geöffnet und ihre Tätigkeit eingestellt. Gemessen an der relativen Größe einer Kleinstadt wie Brakel mit ca. 16.000 Einwohnern bedeutet dies einen wesentlichen Einschnitt in der Entwicklung des stationären Einzelhandels insbesondere in der Innenstadt. Da mit den genannten Geschäftsaufgaben in der Regel immer ein Verlust von Arbeitsplätzen einhergegangen ist bzw. einhergeht, ist die Entwicklung der im Einzelhandel bisher zur Verfügung stehenden Arbeitsplätze entsprechend negativ.

 

Die oben genannte negative Entwicklung des Einzelhandels hat sich durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie noch erheblich verstärkt. Trotz aller Bemühungen von Werbegemeinschaft (Werbering Brakel e.V.) und Stadtmarketing/Wirtschaftsförderung der Stadt Brakel wie z.B. die kurzfristige Einrichtung eines Online-Shops „kauf in brakel“ als zusätzliches Angebot für den Einzelhandel in Brakel und Imagekampagnen für den regionalen Einkauf, konnten Geschäftsschließungen nicht verhindert werden. So summiert sich der Bestand an Leerständen in der Innenstadt bzw. im zentralen Versorgungsbereich auf insgesamt vierzehn (siehe anliegende Übersicht des zentralen Versorgungsbereichs). Um den deutlich erkennbaren negativen Trend zu stoppen wurde das Einzelhandelskonzept fortgeschrieben und ein Quartiersmanagement für die Innenstadt initiiert. Wichtigstes Ziel hierbei ist, die Innenstadt als Einzelhandelsstandort mit zentraler Versorgungsfunktion zu erhalten und sichern. Parallel bedeutet dies für die Beschäftigten im Einzelhandel den Erhalt des Arbeitsplatzes. Auch um die wirtschaftliche Basis der weiterhin in ihrer Existenz akut gefährdeten Einzelhändler zu sichern, sind verkaufsoffene Sonntage ein wichtiger und existenzsichernder Faktor in den gemeinsamen Initiativen von Politik, Stadtmarketing/Wirtschaftsförderung und Werbegemeinschaft. So leisten die verkaufsoffenen Sonntage gerade unter den oben beschriebenen Rahmenbedingungen und sich verschärfenden Entwicklungen aufgrund der Corona-Pandemie einen wichtigen Beitrag, Brakel zukünftig als Einzelhandelsstandort zu erhalten und Arbeitsplätze in diesem Bereich zu sichern. Einzelgespräche mit Einzelhändlern wie z.B. Herrenhaus Fischer, Schuhhaus Cordes, Modehaus Schulz haben ergeben, dass der Umsatz der verkaufsoffenen Sonntage ca. 5% des Jahresumsatzes ausmachen. Dies ist ein wichtiger Faktor im Hinblick auf erlittenen Verluste im „Lockdown“ und dem „gemäßigtem Einkaufsverhalten“ danach. Dies ist allerdings nicht der wichtigste Grund. Wichtiger lt. Aussagen der Einzelhändler ist der Faktor der Kundenbindung und Neukundengewinnung, welcher erheblich zur Erhalt und Stärkung der Einzelhandelsstrukturen sowie zur Belebung der Innenstädte beiträgt. Konkret bedeutet dies, dass durch die verkaufsoffenen Sonntage wieder mehr Kunden auf Geschäfte wie z.B. im Bereich Textil (Herrenhaus Fischer, Modehaus Schulz, Schuhhaus Cordes), Fahrrad/Mobilität (Kuznik, Göbel), Tierbedarf (Brakeler Tierwelt), Büro- und Schulbedarf (Brakeler Büro und Schulbedarf) etc. aufmerksam werden und den Zusatznutzen der persönlichen Beratung erfahren. Daraus entstehen im einem erheblichem Maße Folgekäufe/Folgeaufträge. Gerade durch gebündelte Sonderaktionen der Einzelhändler bei einem verkaufsoffenen Sonntag steigt die Aufmerksamkeit der potenziellen Kunden erheblich. Zusätzlich durch den Faktor Zeit der potenziellen Kunden (da der Großteil sonntags nicht berufstätig ist), trägt diese Kombination zu dem Erhalt und Stärkung der genannten Geschäfte bei.

 

Nochmals zu betonen ist, dass der Bereich der vorgesehenen Sonntagsöffnung erheblich eingeschränkt worden ist (siehe Plan im Anhang), um die von der Pandemie tatsächlich Betroffenen eine Unterstützung anzubieten. Die „hintere“ Warburger Str. wurde ausgelassen, da dort Betriebe wie real, toom, Kühlert, Agravis ansässig sind, welche während der Pandemie keine Schließungsphase hatten.

 

Abschließend ist die Leerstandssituation im Kernstadtgebiet zu benennen. Dieser beläuft sich momentan auf 14 Fällen. Gerade durch die oben beschriebene mögliche Neukundengewinnung und Kundenbindung an einem verkaufsoffenen Sonntag wird die Brakeler Innenstadt als Gesamteinkaufsbereich wahrgenommen. Potenzielle neue Gewerbetreibende können Potenziale der Leerstände erkennen (Kundenverkehr etc.). Dies kann zur Entscheidungsfindung zur Gründung eines neuen Betriebes erheblich beitragen. Dies kann seitens der Verwaltung bestätigt werden, da nach guten verkaufsoffenen Sonntagen vermehrt Anfragen bezüglich einer möglichen Förderung zur Neugründung bei der Stadt Brakel eingehen. Die Ansiedlung neuer Geschäft bei bestehenden Leerständen ist eindeutig ein Faktor zum Erhalt der Einzelhandelsstruktur in der Kernstadt Brakel.

 

 

Folgende Institutionen haben keine Stellungnahme abgegeben:

 

 

-       Arbeitgeberverband Paderborn e.V.

-       Erzbistum Paderborn

-       Evangelische Kirche von Westfalen

 

Es wird lt. dem oben benannten Schreiben somit angenommen, dass die Institutionen der Maßnahme zustimmen.

 

 

Fazit:

 

Auch für die Innenstadt Brakel treffen die Sachgründe Nr. 2 „Erhalt und Stärkung örtlicher Einzelhandelsstrukturen“ sowie Nr. 4 „Belebung der Innenstädte, Ortskerne, Stadt- oder Ortsteilzentren“, als auch der nicht normierte Sachgrund „Bekämpfung der Corona-Pandemie-Auswirkungen“ zu. Die Festsetzung der besagten verkaufsoffenen Sonntage liegt somit im öffentlichen Interesse und kann durch eine ordnungsbehördliche Verordnung normiert werden.

 

 

 

 


Anlagen:

 

-      Stellungnahmen im Rahmen des Beteiligungsverfahrens

-      Ordnungsbehördliche Verordnung über das Offenhalten von Verkaufsstellen an Sonn- und Feiertagen

-      Anlage Lageplan

-      Umfrageergebnisse des Handelsverbandes OWL

 

 

 


Beschlussvorschlag:

 

Der Rat der Stadt Brakel beschließt die Ordnungsbehördliche Verordnung über das Offenhalten von Verkaufsstellen an Sonn- und Feiertagen bis zum 31.12.2020

 

 


Haushaltsrechtliche Auswirkungen:

keine