Sachverhalt:
Die Stadt Brakel ist unmittelbar an der
Westfalen Weser Energie GmbH & Co. KG (WWE) und damit mittelbar an der
Westfalen Weser Netz GmbH (WWN) beteiligt. Die WWN ist eine 100-prozentige
Tochtergesellschaft der WWE. Die WWN strebt zusammen mit der Wasserwerke
Paderborn GmbH (WWP) die Gründung der Wassernetz-Servicegesellschaft mbH (WSG)
an. Die einzelnen Beteiligungsverhältnisse und die Zielstruktur sowie die
Verantwortlichkeiten der einzelnen Aufgaben sind aus der Anlage 1 ersichtlich.
Ab dem 01.01.2018 soll die WWP Konzessionärin
für den Bereich Trinkwasser in den Versorgungsgebieten der Stadt Paderborn, der
Stadt Bad Lippspringe und der Gemeinde Borchen werden. Bis zum 31.12.2017 ist
die WWN in den vorgenannten Gebieten Konzessionärin. Die örtlichen Wasserwerke
sowie die Wassernetze stehen bereits heute im Eigentum der WWP, so dass die
Betriebsverantwortung vor allem für die Bereiche Netzbetriebsführung und
Vertrieb von der WWN auf die WWP übergehen wird.
Um eine weiterhin effiziente und sichere
Trinkwasserversorgung in den genannten Gebieten sicherzustellen, beabsichtigen
die beiden Parteien WWN und WWP, das Gemeinschaftsunternehmen
„Wassernetz-Servicegesellschaft mbH“ mit Sitz in Paderborn zu gründen und auf
dieser Basis zusammenzuarbeiten. Die Beteiligungsquoten sollen je 50 % am
Stammkapital von 200.000,- € betragen.
Dies ermöglicht der WWN, durch die
Fortführung des Netzbetriebs auf neuer Grundlage die vorhandenen Sach- und
Personalkapazitäten der Wasserwirtschaft weiterhin einzusetzen und Synergien im
Zusammenwirken mit dem Strom- und Gasnetzbetrieb einzubringen. Dadurch wird
sichergestellt, dass die Bürger mit Wasser, Gas und Strom über eine
einheitliche Verteilnetzbetriebsführung aus einer Hand bedient werden. Die
Stadt Paderborn erhält mit der Übernahme der Wasserkonzession eine Identität
als umfassender Infrastrukturpartner der Bürger sowohl für den Strom- und
Gasvertrieb (in der Tochtergesellschaft Stadtwerke Paderborn GmbH) als nunmehr
auch für die Wasserversorgung.
Das
Gemeinschaftsunternehmen WSG soll zum 1.1.2018 seine Geschäftstätigkeit
aufnehmen. Die WSG bedient mit der Leistungsbereitstellung im technischen
Bereich der Wasserversorgung ein klassisches Feld der Daseinsvorsorge. Da es
sich bei den Kooperationspartnern WWN und WWP um kommunale Gesellschaften
handelt, ist die Vergabe und der Bezug von Leistungen an ein gemeinsames
Tochterunternehmen ohne Ausschreibung zulässig, sofern dieses
Gemeinschaftsunternehmen, vorliegend die WSG, wesentliche Teile der
Sektorentätigkeit selbst erbringt. Sektorentätigkeit im Wasserbereich ist die
Bereitstellung oder das Betreiben fester Netze zur Versorgung der Allgemeinheit
im Zusammenhang mit der Gewinnung, der Fortleitung und der Abgabe von
Trinkwasser oder die Einspeisung von Trinkwasser in diese Netze, vgl. §§ 100,
102 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB). Die WSG übt die
Sektorentätigkeit im Bereich der Trinkwasserversorgung in den
Versorgungsgebieten der Städte Paderborn und Bad Lippspringe sowie in der
Gemeinde Borchen aus. Dabei handelt es sich vornehmlich um technische Service-
und Betriebsführungsleistungen.
Die Beteiligung der WWN an der WSG bedarf der
vorherigen Zustimmung der Räte der nordrhein-westfälischen Anteilseigner der
WWE. Der Aufsichtsrat der WWE hat dem Vorhaben nach entsprechender Vorbefassung
durch den Bilanz- und Finanzausschuss sowie dem Fachbeirat dem Grundsatz nach
zugestimmt. Die Räte der Städte Paderborn und Bad Lippspringe und der Gemeinde
Borchen werden in getrennten Tagesordnungspunkten zudem über die Vergabe der
Wasserkonzessionen an die WWP beraten und zeitnah zur Vergabe beschließen.
Die WWE beabsichtigt vor diesem Hintergrund,
eine mittelbare Beteiligung
an der noch zu gründenden Wassernetz-Servicegesellschaft mbH (WSG)
durch Einzahlung auf das Stammkapital in Höhe von 100.000 € für 50 % der
Geschäftsanteile
zu erwerben und diese Gesellschaft mit der
technischen Steuerung und den Qualitätssicherungsmaßnahmen in den genannten
Wassernetzen zu beauftragen.
Gleichzeitig wird die WSG wesentliche
technische Leistungen bei der WWN einkaufen und ihre Leistungen und die
eingekauften Leistungen an WWP in Rechnung stellen. Eine
Dienstleistungserbringung für Dritte ist ausgeschlossen. Insgesamt wird die WSG
voraussichtlich acht Mitarbeiter haben, die sie von WWN und WWP teils übernimmt
und teils gestellt bekommt.
Geschäftsansässig wird die Gesellschaft in Paderborn am Rolandsweg sein (Planung).
Einzelheiten des Vorhabens und Abgleich mit rechtlichen Vorgaben:
Gemäß den nachfolgenden
Ausführungen entspricht die oben dargestellte gesellschaftsrechtliche und
operative Kooperation dem Gesellschaftszweck der WWN bzw. WWE und erfüllt die
Anforderungen der Gemeindeordnung NRW und des Niedersächsischen
Kommunalverfassungsgesetzes hinsichtlich Gesellschaftsstruktur / Governance und
der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen.
Vereinbarkeit mit dem Unternehmenszweck: Gegenstand der WWE ist unter anderem die Beteiligung an Unternehmen, die in den Bereichen Bezug, Transport und Verteilung von Strom, Gas, Wärme, Wasser, Abwasser, die Erzeugung von Strom und Wärme sowie allen dazugehörigen versorgungswirtschaftlichen Aufgaben unmittelbar oder mittelbar in der Region Westfalen-Weser tätig sind. Vor diesem Hintergrund ist die WWE an der WWN, deren Unternehmensgegenstand der Netzbetrieb ist, beteiligt und diese hält weitere Beteiligungen. Gesellschaftszweck der WSG wird die technische Steuerung der Wassernetze in Paderborn, Bad Lippspringe und Borchen und die Sicherung der Wassernetzqualität sein. Eine Beteiligung der WWN an der WSG bewegt sich damit innerhalb des Unternehmensgegenstands der WWE bzw. der WWN. |
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Gesellschaftsstruktur und
Governance:
Die WSG erhält die Rechtsform
einer GmbH.
Die Gesellschaft soll im
Regelfall zwei Geschäftsführer haben, von denen einer unbeschadet der
Gesamtverantwortung der Geschäftsführung als technischer Geschäftsführer und
der andere als kaufmännischer Geschäftsführer handelt. Sind mehrere
Geschäftsführer bestellt, wird die Gesellschaft durch zwei Geschäftsführer
gemeinsam oder durch einen Geschäftsführer gemeinschaftlich mit einem
Prokuristen vertreten. Ist nur ein Geschäftsführer bestellt, so vertritt dieser
die Gesellschaft stets allein. Der WWP und der WWN steht das unentziehbare
Recht zu, je einen Geschäftsführer zu benennen, solange sie Gesellschafterinnen
der WSG sind.
Die Gesellschaftsverträge sehen
eine Beschlussfassung mit einfacher Mehrheit oder mit dreiviertel Mehrheit der
abgegeben Stimmen für definierte Rechtsgeschäfte, zum Teil ab definierten
Schwellenwerten, vor.
Insgesamt ergibt sich aus den
obigen Ausführungen, dass Geschäftsführung und Gesellschafterversammlung auf
das Konsensprinzip ausgerichtet sind. Durch diese Regelungen ist auch
sichergestellt, dass die kommunalen Gesellschafter der WWN und der WWP einen
starken und angemessenen Einfluss auf die Geschäftsführung und die
Rechtsgeschäfte der Gesellschaft haben.
Die Parteien schließen zudem
einen Konsortialvertrag, mit dem weitere Details der Zusammenarbeit geregelt
werden.
Einnahmen:
Die WSG wird
betriebswirtschaftlich als Kosten-plus-Gesellschaft in der Weise ausgestaltet,
dass die Kosten der WSG durch Betriebsführungserlöse gedeckt werden und darüber
hinaus ein angemessener Gewinnaufschlag erzielt wird.
Die Einschaltung des
Gemeinschaftsunternehmens trägt wesentlich zu einer wirtschaftlichen und
sicheren Wasserversorgung bei, so dass Wasserpreisanpassungen anlässlich der
Neukonzessionierung nicht zu erwarten sind.
Die WWN erbringt für die WSG
Dienstleistungen in einem jährlichen Umfang von rund 5,5 Mio. € für die ersten
5 Jahre und anschließend von rund 5,0 Mio. € jährlich (Basisjahr 2016). Darüber
hinaus entlastet sich WWN durch den geplanten Übergang von bis zu 4
Mitarbeitern und vermeidet damit
Remanenzkosten, also verbleibende Sach- und Personalkosten bei weggefallenen
Aufgaben.
Chance / Risiko:
Die Beteiligung der WWN an der WSG stärkt
die Partnerschaft der WWE-Gruppe mit den Anteilseignern Paderborn, Bad
Lippspringe und Borchen.
Im Vergleich zum Verlust der örtlichen
Wasserkonzessionen sichert die WWN durch die Betriebsführung des Wassernetzes
kontinuierliche Ergebnisse und vermeidet Remanenzkosten. Im Vergleich zur
Ausgangssituation entfallen für WWN die Risiken der Endkundenbeziehung sowie
vorhandener und drohender Wasserverluste.
Die Risiken und Chancen in Bezug auf den
Zugewinn der Betriebsführung für WWN liegen in der auskömmlichen Erbringung der
für die Betriebsführung notwendigen technischen Tätigkeiten. Hierzu liegen
jedoch positive Erfahrungen aus 17 Jahren Betrieb der genannten Netzbereiche
durch WWN vor, in denen sich die WWN als kompetenter Wassernetzbetreiber
erwiesen hat. Dieses Know-how will die WWN nunmehr im Rahmen der Kooperation
gewinnbringend einbringen.
Die Kooperationspartner WWN und WWP gehen
davon aus, dass die Gründung des Gemeinschaftsunternehmens vergabe- und
kartellrechtskonform ist. Des Weiteren gehen sie davon aus, dass die anschließende
Beauftragung des Gemeinschaftsunternehmens WSG durch die Kooperationspartner
genauso wie Auftragsvergaben seitens des Gemeinschaftsunternehmens WSG an die
Kooperationspartner dem Ausnahmetatbestand des § 139 GWB unterfallen, so dass
Vergaben durch oder an dieses Gemeinschaftsunternehmen vom Vergaberecht befreit
sind. Die jeweiligen Auftraggeber werden die Gründung des
Gemeinschaftsunternehmens wie auch die beabsichtigten Auftragsvergaben gem. §
135 Abs. 3 GWB vorab im EU-Amtsblatt veröffentlichen. Die auf dem
Vergaberechtsgebiet namhafte Anwaltskanzlei AULINGER Rechtsanwälte | Notare hat
die vergaberechtlichen Prüfungen begleitet und die Übereinstimmung mit dem
Gesetz bestätigt.
Kommunalrechtliche Vorgaben:
Die
kommunalrechtlichen Vorgaben der §§ 107,
108 ff. GO NRW werden eingehalten.
Nach
§ 108 Abs. 6 S. 1 lit. a) GO NRW dürfen Vertreter einer Kommune in einer
Gesellschaft, an der Gemeinden unmittelbar oder mittelbar mit mehr als 25 vom
Hundert beteiligt sind, der Beteiligung an einer anderen Gesellschaft des
privaten Rechts nur zustimmen, wenn
·
die vorherige Entscheidung des
Rates vorliegt,
·
für die Gemeinde selbst die
Gründungs- bzw. Beteiligungsvoraussetzungen vorliegen und
·
sowohl die Haftung der sich
beteiligenden Gesellschaft als auch die Haftung der Gesellschaft, an der eine
Beteiligung erfolgt, durch ihre Rechtsform auf einen bestimmten Betrag begrenzt
sind.
Die
Beteiligungsvoraussetzungen für eine Gemeinde sind nach § 108 Abs. 1 S. 1 GO
NRW:
·
Die Einhaltung der Voraussetzungen
nach § 107 Abs. 1 GO NRW bzw. § 107a GO NRW.
·
Wahl einer Rechtsform, welche die
Haftung der Kommune auf einen bestimmten Betrag begrenzt.
·
Einzahlungsverpflichtung der
Gemeinde in einem angemessenen Verhältnis zu ihrer Leistungsfähigkeit.
·
keine Verpflichtung zur Übernahme
von Verlusten in unbestimmter oder unangemessener Höhe.
·
angemessener Einfluss,
insbesondere in einem Überwachungsorgan und dieser durch vertragliche
Ausgestaltung gesichert.
·
Ausrichtung des Unternehmens durch
Gesellschaftsvertrag auf den öffentlichen Zweck.
·
Einhaltung der Vorschriften für
Aufstellung und Prüfung von Jahresabschluss und Lagebericht.
Diese
Vorgaben werden bei der Gründung der WSG eingehalten . Insbesondere die
Ausgestaltung des Unternehmensgegenstandes der WSG sichert eine Ausrichtung an
den „öffentlichen Zweck“, auf den in § 2 Abs. 3 S. 2 des Gesellschaftsvertrages
ausdrücklich Bezug genommen wird. Zweck der Gesellschaft ist nach § 2 Abs. 1
des Gesellschaftsvertrages ausschließlich die Erbringung von Sektorentätigkeiten
auf dem Gebiet der Trinkwasserversorgung.
Die
Ausgestaltung als GmbH sichert darüber hinaus eine Haftungsbegrenzung sowie
angemessene Einflussnahmemöglichkeiten der Gesellschafter. Für die Kommune
selbst wären damit die Beteiligungsvoraussetzungen gegeben.
Die
WSG ist gemäß dem Gesellschaftsvertrag
(§ 2 Abs. 3 S. 1) zudem verpflichtet, die Wirtschaftsgrundsätze des §
109 GO NRW einzuhalten. Das Landesgleichstellungsgesetz des Landes
Nordrhein-Westfalen wird gem. § 14 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages
berücksichtigt. Der Gesellschaftsvertrag
setzt in § 7 Abs. 1.3 und Abs. 3 sowie in § 12 die Vorgaben des § 108 Abs. 5 GO NRW um.
Sowohl die Haftung der sich beteiligenden Gesellschaften als auch die Haftung
der Gesellschaft, an der eine Beteiligung erfolgt (also der WSG) sind auf einen
bestimmten Betrag begrenzt. Die kommunalrechtlichen Vorgaben werden damit
eingehalten.
Ein
entsprechendes Anzeigeverfahren ist nach § 115 GO durchzuführen.
Eine
erste Abstimmung mit der Bezirksregierung Detmold als zuständige
Kommunalaufsichtsbehörde nach § 120 GO Abs. 5 hat bereits stattgefunden.
Anlagen:
Anlage 1: Übersicht
der Beteiligungsverhältnisse und der
Zielstruktur sowie der Verantwortlichkeiten
Anlage 2: Gesellschaftsvertrag
der Wassernetz-Servicegesellschaft mbH
Beschlussvorschlag:
1. Der Rat der Stadt Brakel
stimmt – vorbehaltlich der Nichtbeanstandung durch die Kommunalaufsicht – der
Beteiligung der Westfalen Weser Netz GmbH an der zu gründenden Wassernetz-Servicegesellschaft
mbH mit einem Stammkapital von
200.000,- € zu. Der Anteil der Westfalen Weser Netz GmbH am Stammkapital
beläuft sich auf 50 %.
2. Falls sich aufgrund rechtlicher Beanstandungen durch die
Urkundspersonen, die Aufsichtsbehörde oder das Registergericht sowie aus
steuerlichen Gründen Änderungen der Gesellschaftsverträge als notwendig
erweisen, erklärt sich der Rat der Stadt Brakel damit einverstanden, sofern
hierdurch der wesentliche Inhalt des Gesellschaftsvertrages nicht verändert
wird und kommunalrechtliche Belange nicht betroffen sind.
3. Der Vertreter der Stadt Brakel in der Gesellschafterversammlung der
Westfalen Weser Energie GmbH & Co. KG wird bevollmächtigt und beauftragt,
die Geschäftsleitung der Westfalen Weser Energie GmbH & Co. KG zu
ermächtigen und zu beauftragen, in der Gesellschafterversammlung der Westfalen
Weser Netz GmbH den Beschlüssen zur Umsetzung der obigen Ratsbeschlüsse
zuzustimmen und insbesondere die Geschäftsleitung der Westfalen Weser Netz GmbH
zu ermächtigen und zu beauftragen, die hierfür notwendigen Schritte umzusetzen.