Betreff
Beteiligung der Westfalen Weser Beteiligungen GmbH an der Stadtwerke Vlotho Stromnetz GmbH (SVS)
Vorlage
619/2014-2020
Art
Beschlussvorlage

Sachverhalt:

 

Die Stadt Brakel ist unmittelbar an der Westfalen Weser Energie GmbH & Co. KG (WWE) und damit mittelbar an der Westfalen Weser Beteiligungen GmbH (WWB) beteiligt. Die WWB ist eine 100-prozentige Tochtergesellschaft der WWE. Die WWB strebt zusammen mit der Stadtwerke Vlotho GmbH (SW Vlotho) die Gründung der Stadtwerke Vlotho Stromnetz GmbH (SVS) an.

Sachverhalt:

Die Westfalen Weser Netz GmbH (WWN) hat nach Verlust der Stromkonzession in Vlotho mit der Stadt Vlotho ein sog. Befriedungsmodell erarbeitet.

Gegenstand der vereinbarten langfristigen partnerschaftlichen Zusammenarbeit ist die Gründung einer gemeinsamen Netzgesellschaft, die den Betrieb des örtlichen Stromnetzes übernehmen soll. Der Netzübergang des örtlichen Stromnetzes von der WWN auf die gemeinsame Netzgesellschaft soll zum 01.01.2019 erfolgen. Zudem soll die gemeinsame Netzgesellschaft mit der WWN einen Dienstleistungsvertrag mit Laufzeit bis Ende 2028 abschließen.

Die gemeinsam geplante Netzgesellschaft soll als Stadtwerke Vlotho Stromnetz GmbH (SVS) firmieren und als Netzeigentümerin und Netzbetreiberin fungieren. Unternehmensgegenstand ist das Halten, der Betrieb, die Instandhaltung sowie der Ausbau des Stromnetzes der Allgemeinen Versorgung im Gebiet der Stadt Vlotho. Zur Absicherung des reibungsfreien Übergangs und nachhaltigen Sicherung eines qualitativ hochwertigen und sicheren Stromnetzbetriebs vergibt die Gesellschaft Netzdienstleistungen an die WWN auf Basis eines bis Ende 2028 laufenden Dienstleistungsvertrages. Dessen Abschluss ermöglicht es, Remanenzkosten in der Westfalen Weser-Unternehmensgruppe zu vermeiden. Remanenzkosten sind Personal- und Sachkosten, die trotz weggefallener Aufgaben, beispielsweise vorliegend nach dem Verlust einer Konzession, zumindest mittelfristig weiterhin anfallen. 

Anteilseigner der zu gründenden SVS sollen mit 75,1 % die Stadtwerke Vlotho GmbH  (SW Vlotho) und mit 24,9 % die Westfalen Weser Beteiligungen GmbH (WWB) sein, wobei die SVS insgesamt mit einem Eigenkapital von 3,149 Mio. €  ausgestattet werden soll. Dies setzt sich zusammen aus 25.000 € Stammkapital und einem Betrag von 3,124 Mio. €, der der Kapitalrücklage zuzuführen ist. Die WWB  leistet zur Gründung der Gesellschaft für den Erwerb ihres Anteilsbesitzes (24,9%) demzufolge einen Eigenkapitalbeitrag von insgesamt 0,784 Mio. €, wovon 6.225 € auf das Stammkapital und rd. 778 T€ auf eine Einlage in die Kapitalrücklage entfallen.

Aus organisatorischen Gründen soll eine Beteiligung der WWE-Gruppe an der SVS über die WWB erfolgen.

Das Gemeinschaftsunternehmen SVS soll Anfang 2018 gegründet werden, im Laufe des Jahres  2018 vorbereitende Verträge abschließen und zum 01.01.2019 seine operative Geschäftstätigkeit aufnehmen. Die SVS bedient mit dem Netzbetrieb ein klassisches Feld der Daseinsvorsorge.

Die Beteiligung der WWB an der SVS bedarf der vorherigen Zustimmung der Räte der nordrhein-westfälischen Anteilseigner der WWE. Der Aufsichtsrat der WWE hat dem Vorhaben nach entsprechender Vorbefassung durch den Bilanz- und Finanzausschuss sowie dem Fachbeirat dem Grundsatz nach zugestimmt.

Die WWE beabsichtigt vor diesem Hintergrund, eine mittelbare Beteiligung

an der noch zu gründenden Stadtwerke Vlotho Stromnetz GmbH  (SVS) durch Einzahlung auf das Stammkapital in Höhe von 6.225 € für 24,9 % der Geschäftsanteile

zu erwerben.

 

 

 

Einzelheiten des Vorhabens und Abgleich mit rechtlichen Vorgaben:

Gemäß den nachfolgenden Ausführungen entspricht die oben dargestellte gesellschaftsrechtliche und operative Kooperation dem Gesellschaftszweck der WWB bzw. WWE und erfüllt die Anforderungen der Gemeindeordnung NRW und des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes hinsichtlich Gesellschaftsstruktur / Governance und der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen.

Vereinbarkeit mit dem Unternehmenszweck:

Gegenstand der WWE ist unter anderem die Beteiligung an Unternehmen, die in den Bereichen Bezug, Transport und Verteilung von Strom, Gas, Wärme, Wasser, Abwasser, die Erzeugung von Strom und Wärme sowie allen dazugehörigen versorgungswirtschaftlichen Aufgaben unmittelbar oder mittelbar in der Region Westfalen-Weser tätig sind. Vor diesem Hintergrund ist die WWE an der WWB beteiligt und die WWB hält weitere Beteiligungen. Unternehmensgegenstand der WWB ist  u. a. der Erwerb und die Verwaltung von  Beteiligungen an Unternehmen, die insbesondere in den Bereichen Bezug, Transport und Verteilung von Strom, Gas, Wärme, Wasser und Abwasser sowie Erzeugung von Strom und Wärme sowie allen dazugehörigen versorgungswirtschaftlichen Aufgaben tätig sind. Unternehmensgegenstand der SVS wird das Halten des Eigentums am Stromnetz der Allgemeinen Versorgung im Gebiet der Stadt Vlotho einschließlich des Messstellenbetriebs sowie dessen Betrieb, Instandhaltung und Ausbau und alle damit im Zusammenhang stehenden Tätigkeiten sein. Eine Beteiligung der WWB an der SVS bewegt sich damit innerhalb des Unternehmensgegenstands der WWE bzw. der WWB.

 

Gesellschaftsstruktur und Governance:

Die SVS erhält die Rechtsform einer GmbH.

Die Gesellschaft soll im Regelfall einen  Geschäftsführer haben, der von Seiten der SW Vlotho vorgeschlagen wird. Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, wird die Gesellschaft durch zwei Geschäftsführer gemeinsam oder durch einen Geschäftsführer gemeinschaftlich mit einem Prokuristen vertreten. Ist nur ein Geschäftsführer bestellt, so vertritt dieser die Gesellschaft stets allein.

Der Gesellschaftsvertrag sieht eine Beschlussfassung mit einfacher Mehrheit oder Einstimmigkeit für definierte Rechtsgeschäfte, zum Teil ab definierten Schwellenwerten, vor.

Damit ist für die WWB als Minderheitsgesellschafter ein angemessener Minderheitenschutz vorgesehen. Durch diese Regelungen ist auch sichergestellt, dass die kommunalen Gesellschafter der SW Vlotho und der WWB einen starken und angemessenen Einfluss auf die Geschäftsführung und die Rechtsgeschäfte der Gesellschaft haben.

Einnahmen:

Zur Sicherstellung der wirtschaftlichen Interessen des Minderheitsgesellschafters WWB haben die Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag bezüglich der Gewinnverwendung eine konkrete Regelung für eine jährliche Ausgleichszahlung an die WWB unabhängig von der jeweiligen Höhe des Jahresüberschusses/-fehlbetrages der SVS vereinbart. Diese beträgt für die Geschäftsjahre 2019 bis 2023 jeweils 29.000 €, für die Jahre 2024 bis 2028 jeweils 33.000 € sowie für die Geschäftsjahre ab 2029 jeweils 34.000 €. Die vorgenannten Beträge verstehen sich jeweils nach Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag, die auf Ebene der Organgesellschaft SVS entfallen und von dieser zu tragen sind.

Durch die vereinbarte Ausgleichszahlung ist für die WWB eine angemessene garantierte Rendite von 3,5% n. St. sichergestellt. Abgesichert wird diese Ausgleichszahlung im Übrigen durch den gleichzeitigen Abschluss eines Ergebnisabführungsvertrages zwischen der SVS und ihrem Hauptanteilseigner SW Vlotho, die sich für die Laufzeit des Vertrages verpflichtet, die zuvor beschriebene Ausgleichszahlung an den  Gesellschafter WWB zu leisten.

Zudem wird die Netzgesellschaft WWN Dienstleistungen für die SVS erbringen und somit neben dem damit verbundenen Ertrag auch die Beschäftigung von Mitarbeitern sichern und somit Remanenzkosten, also verbleibende Sach- und Personalkosten bei weggefallenen Aufgaben, vermeiden.

Chance / Risiko:

Alternativszenario zur Kooperation mit den SW Vlotho wäre der Totalverlust der örtlichen Wertschöpfung für WWN und WWB infolge der verlorengegangenen Stromkonzession oder das Weiterführen von Rechtsstreitigkeiten.

Aus Sicht WWB:

Die Beteiligung der WWB an der SVS stärkt die Partnerschaft der WWE-Gruppe mit der Stadt Vlotho und beendet die noch aus der Zeit des E.ON-Konzerns stammenden Rechtsstreitigkeiten aufgrund der Konzessionsvergabe an die SW Vlotho anstatt an die WWN. Die Beendigung laufender Rechtsstreitigkeiten um Konzessionsverfahren aus der Zeit vor der Rekommunalisierung setzt einen Auftrag des Aufsichtsrates der WWE um und dient der Verankerung der kommunalen Prägung der WWE-Gruppe.

Im Vergleich zum Verlust der örtlichen Stromkonzessionen sichert die WWB durch die Beteiligung an der SVS mit der garantierten Ausgleichszahlung kontinuierliche Ergebnisse während die Erbringung von Dienstleistungen durch die Netzgesellschaft WWN an die SVS dem Vermeiden von Remanenzkosten und der Sicherstellung der örtlichen Versorgung dient.

Die SVS trägt die üblichen mit dem Netzbetrieb verbundenen Risiken, die sich insbesondere aus der Regulierung des Geschäftes  ergeben. Für die WWB allerdings ist durch die gesellschaftsvertraglich festgelegte und garantierte Ausgleichszahlung das unternehmerische Risiko minimiert. Vor diesem Hintergrund ist eine Rendite von 3,5 % nach Körperschafts- und Gewerbesteuer für die WWB auskömmlich.

Aus Sicht WWN:

Die Risiken und Chancen in Bezug auf den Gewinn der technischen Betriebsführung für WWN liegen in der auskömmlichen Erbringung der für die Betriebsführung notwendigen technischen Tätigkeiten. Hierzu liegen jedoch positive Erfahrungen aus dem langjährigen Betrieb des örtlichen Stromnetzes  durch WWN vor, in denen sich die WWN als kompetenter Netzbetreiber erwiesen hat. Dieses Know-how will die WWN nunmehr im Rahmen der Kooperation gewinnbringend einbringen. Zugleich werden durch die langfristige technische Betriebsführung Remanenzkosten vermieden.

 

Kommunalrechtliche Vorgaben:

Die kommunalrechtlichen Vorgaben der §§ 107, 107a und 108 ff. GO NRW werden eingehalten.

Nach § 108 Abs. 6 S. 1 lit. a) GO NRW dürfen Vertreter einer Kommune in einer Gesellschaft, an der Gemeinden unmittelbar oder mittelbar mit mehr als 25 vom Hundert beteiligt sind, der Beteiligung an einer anderen Gesellschaft des privaten Rechts nur zustimmen, wenn

·             die vorherige Entscheidung des Rates vorliegt,

·             für die Gemeinde selbst die Gründungs- bzw. Beteiligungs- voraussetzungen vorliegen und

·             sowohl die Haftung der sich beteiligenden Gesellschaft als auch die Haftung der Gesellschaft, an der eine Beteiligung erfolgt, durch ihre Rechtsform auf einen bestimmten Betrag begrenzt sind.

Die Beteiligungsvoraussetzungen für eine Gemeinde sind nach § 108 Abs. 1 S. 1 GO NRW:

·        Die Einhaltung der Voraussetzungen nach § 107 Abs. 1 GO NRW bzw. § 107a GO NRW.

·           Wahl einer Rechtsform, welche die Haftung der Kommune auf einen   bestimmten Betrag begrenzt.

·           Einzahlungsverpflichtung der Gemeinde in einem angemessenen Verhältnis zu ihrer Leistungsfähigkeit.

·           keine Verpflichtung zur Übernahme von Verlusten in unbestimmter oder unangemessener Höhe.

·           angemessener Einfluss, insbesondere in einem Überwachungsorgan und dieser durch vertragliche Ausgestaltung gesichert.

·           Ausrichtung des Unternehmens durch Gesellschaftsvertrag auf den öffentlichen Zweck.

·           Einhaltung der Vorschriften für Aufstellung und Prüfung von Jahresabschluss und Lagebericht.

Diese Vorgaben werden bei der Gründung der SVS eingehalten. Insbesondere die Ausgestaltung des Unternehmensgegenstandes der SVS sichert eine Ausrichtung an den „öffentlichen Zweck“, auf den in § 2 Abs. 3  des Gesellschaftsvertrages ausdrücklich Bezug genommen wird. Zweck der Gesellschaft ist nach § 2 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages das Halten des Eigentums am Stromnetz der Allgemeinen Versorgung im Gebiet der Stadt Vlotho einschließlich des Messstellenbetriebs sowie dessen Betrieb, Instandhaltung und Ausbau und alle damit im Zusammenhang stehenden Tätigkeiten. Nach ständiger Rechtsprechung gehört die örtliche Energieversorgung zu den Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft und stellt damit einen öffentlichen Zweck dar (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.05.1995 – 7 C 58/94 – LKV 1996, S. 23 ff.). Kommunaler Netzbetrieb unterfällt diesem Begriff der örtlichen Energieversorgung.

Die Ausgestaltung als GmbH sichert darüber hinaus eine Haftungsbegrenzung (vgl. § 13 Abs. 2 GmbHG) sowie angemessene Einflussnahmemöglichkeiten der Gesellschafter. Für die Kommune selbst wären damit die Beteiligungsvoraussetzungen gegeben.

Die SVS ist gemäß dem Gesellschaftsvertrag  (§ 2 Abs. 3) zudem verpflichtet, die Wirtschaftsgrundsätze des § 109 GO NRW einzuhalten. Das Landesgleichstellungsgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen wird gem. § 2 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages berücksichtigt. Der Gesellschaftsvertrag  setzt in §§ 10 und 11 die Vorgaben des § 108 Abs. 5 GO NRW um. Sowohl die Haftung der sich beteiligenden Gesellschaften als auch die Haftung der Gesellschaft, an der eine Beteiligung erfolgt (also der SVS) sind auf einen bestimmten Betrag begrenzt. Die kommunalrechtlichen Vorgaben werden damit eingehalten.

Ein entsprechendes Anzeigeverfahren ist nach § 115 GO durchzuführen.

 


Anlagen:

 

 

Gesellschaftsvertrag der Stadtwerke Vlotho Stromnetz GmbH (Entwurf)

 


Beschlussvorschlag:

 

 

1. Der Rat der Stadt Brakel stimmt – vorbehaltlich der Nichtbeanstandung durch die Kommunalaufsicht – der Beteiligung der Westfalen Weser Beteiligungen GmbH an der zu gründenden Stadtwerke Vlotho Stromnetz GmbH mit einem Stammkapital von 25.000,- € zu. Der Anteil der Westfalen Weser Beteiligungen GmbH am Stammkapital beläuft sich auf   24,9 %.

2. Falls sich aufgrund rechtlicher Beanstandungen durch die Urkundspersonen, die Aufsichtsbehörde oder das Registergericht sowie aus steuerlichen Gründen Änderungen der Gesellschaftsverträge als notwendig erweisen, erklärt sich der Rat der Stadt Brakel damit einverstanden, sofern hierdurch der wesentliche Inhalt des Gesellschaftsvertrages nicht verändert wird und kommunalrechtliche Belange nicht betroffen sind.

3. Der Vertreter der Stadt Brakel in der Gesellschafterversammlung der Westfalen Weser Energie GmbH & Co. KG wird bevollmächtigt und beauftragt, die Geschäftsleitung der Westfalen Weser Energie GmbH & Co. KG zu ermächtigen und zu beauftragen, in der Gesellschafterversammlung der Westfalen Weser Beteiligungen GmbH den Beschlüssen zur Umsetzung der obigen Ratsbeschlüsse zuzustimmen und insbesondere die Geschäftsleitung der Westfalen Weser Beteiligungen GmbH zu ermächtigen und zu beauftragen, die hierfür notwendigen Schritte umzusetzen.